Ende Mai 2020 hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Rechtstreit entschieden, dass ein voraktiviertes Häkchen keine Einwilligung für die Nutzung von Cookies darstellt. Erforderlich ist damit eine zustimmende Aktivität, beispielsweise das Aktivieren einer Checkbox oder das Anklicken einer Schaltfläche. Die BGH-Entscheidung hat damit den Druck auf alle digitalen Jäger nochmal erhöht, DSGVO-konforme Mittel zum Verfolgen ihrer Beute (der Nutzer) zu wählen – bzw. Wege zu finden, auch ohne Cookies den Erfolg von Kampagnen und externen Aktivitäten auf der Website nachzuweisen.
Autor – Nico Zorn ist Online Marketing Manager bei der netzkern AG
Die Vorgabe: Messen ohne Cookies und Dritte
Unser Kunde, ein DAX30 Konzern, hatte sich bereits 2019 für eine harte Auslegung der DSGVO entschieden und Tracking via Google Analytics u. ä. ausgeschlossen – also keine Daten an irgendwelche Dritte. Das ist in letzter Konsequenz schwer, denn schon das Einbinden eines externen Bildes, einer Schriftart, der beliebten jQuery-Library oder eines selbst hochgeladenen YouTube-Videos übermittelt die IP-Adresse an Dritte. Das gilt streng genommen sogar für Scripts wie von extern eingebundene Cookie Consent Banner. Als Agenturpartner mussten wir uns also fragen, was und wie wir noch erfassen dürfen und wie wir vergleichbare Erfolgszahlen liefern können. Wir landeten bei geradezu digital-steinzeitlichen Methoden, die aber das gewünschte Ergebnis lieferten …
272 Jäger verfolgen Mammut: Klickdaten messen
Über die Aktivitäten auf der Website unseres Kunden lässt sich zwar erfassen, ob ein Ziel (wie Download, Registrierung etc.) erreicht wurde (ob ein Kunde = Mammut erjagt wurde), jedoch fehlt ohne Cookies die Zuordnung der externen Quelle. Ob der Erfolg der eigenen Horde [Direct] zuzurechnen ist oder von den eingeladenen Nachbarn [Social] oder von den wandernden Jägern [Referral] kommt, lässt sich nicht feststellen. Auch lässt sich nicht feststellen, wie oft die Jäger auf die Jagd gingen (Neu oder Wiederkehrend; wie viele Jagden bis zum Erfolg).
Lösungsansatz: Setzen des guten alten Klick-Counters, der Klicks auf interne und externe Links zählt. Alle werberelevanten Kontaktpunkte wie die Facebook-Fanpage, die Instagram-Seite, Popups auf der Website, Links im Newsletter etc. erhielten mit einem eigens erstellten, internen ShortURL-Tool eine bit.ly ähnliche URL. Aber warum nicht gleich einen solchen Dienst nehmen? Weil er von einem Dritten ist und ein klickender Besucher also auch ohne sein Wissen dort seine Daten hinterlassen würde. Ein internes Tool gibt volle Datenherrschaft und Flexibilität bei der Erweiterung.
Natürlich hat dieser Ansatz Schwächen. Jemand könnte die ShortURL 500 Mal aufrufen und würde 500 Mal gezählt. Deshalb speicherte unser ShortURL-Tool neben der geklickten URL auch den Zeitpunkt mit einem Zufallsstring als Primärschlüssel. Diese Systematik lieferte eine DSGVO-konforme Datenbasis über den Erfolg der verschiedenen digitalen Jagdmethoden.
Höhlenmalerei: Auswertung und Darstellung mit Google Data Studio
Um die steinzeitlich gewonnenen Daten dem Marketing des Konzerns praktikabel nutzbar aufzubereiten, waren zwei weitere Schritte erforderlich: Für eine saubere, schnell umsetzbare Dokumentation setzen wir zusätzlich auf ein Google Sheet. Hier werden für jede ShortURL der Kanal und die Kampagne festgehalten. Mit diesem Hilfsmittel können wir die gemessenen Daten verbinden und zusammenfassen. Ein Export in Google Data Studio zauberte schließlich aus unseren Erfolgszahlen (ohne jeglichen Personenbezug) eine ansprechende Visualisierung.
Das so erzeugte Dashboard zeigt den Content-Verantwortlichen des DAX30 Unternehmens die Klicks pro Tag und Gesamtzahlen nach Kampagne, Kanal, ShortURL. Mit diesem Wissen erhalten sie Rückschlüsse über den Erfolg ihrer digitalen Initiativen und können diese besser aussteuern. Zwar nicht in der gewohnten Detailtiefe, aber auf Basis vollständig erlaubten Daten.
netzkern ist eine der größten Full-Service-Digitalagenturen Deutschlands mit über 100 Mitarbeitern an den Standorten Wuppertal und Hamburg. Die Digitalspezialisten unterstützen Großunternehmen Bayer, Covestro, RWE, Vonovia, EWE, swb, Düsseldorf Flughafen, Esri, Festool, HEM und TÜV SÜD sowie zahlreiche KMUs.