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Stefan Vaskovics, Leiter des Unternehmensbereichs Document Processing, Swiss Post Solutions (SPS) in Deutschland
Dokumentenmanagement muss heute mehr leisten, als Dokumente systematisch zu erfassen und zu archivieren. Daher wird ein effizientes Document Processing das klassische Dokumentmanagement ablösen, denn diese Lösungen ermöglichen es bereits heute, Dokumente nicht nur zu erfassen und zu archivieren, sondern bedarfsgerecht bereitzustellen, zu bearbeiten und weiterzuleiten. Doch je komplexer die Prozesse werden, desto höher ist der Aufwand, sie in der IT abzubilden. Denn die Herausforderungen in den Finanzabteilungen lassen sich beispielsweise nicht alleine durch den Einsatz von Softwaresystemen lösen – die zeitnahe Erfassung und vor allem die Bearbeitung von Eingangsrechnungen kommen bis heute nicht ohne manuelle Lösungen aus.
Doch die schnelle Digitalisierung von Dokumenten im Kreditoren- und Debitorenmanagement und vor allem ihre fachgerechte Aufbereitung sind nicht nur für die Finanzchefs, sondern für das gesamte Management eines Unternehmens entscheidend. Nur auf Basis aktueller Informationen und Daten lassen sich zuverlässige Forecasts und Prognosen für die Geschäftsentwicklung stellen. Die Antwort auf die Frage „wo stehen wir in einem Jahr?“ hängt also maßgeblich von zeitnah und zuverlässig bearbeiteten Dokumenten und von effizienten Document-Processing-Lösungen ab.
Outsourcing ermöglicht individuelles Prozessdesign
Nach einer aktuellen Studie des Marktanalyse- und Beratungsunternehmens Pierre Audoin Consultants [1] setzten die meisten Finanzabteilungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf die Unterstützung durch externe Dienstleister. So lagern durchschnittlich 61 Prozent der Unternehmen in den drei Ländern Business-Prozesse und Beratungsdienstleistungen ihrer Finanzabteilungen an Dritte aus. Große Unternehmen mit mehr als drei Milliarden Euro Umsatz liegen dabei mit einer Nutzungsrate von nahezu drei Vierteln deutlich über dem Durchschnitt. Neben Kostenvorteilen sieht der auf Business-Prozess-Outsourcing spezialisierte Dienstleister Swiss Post Solutions (SPS) die Gründe dafür vor allem in der fehlenden Flexibilität und in zu geringen eigenen Ressourcen der Unternehmen.
Zudem rechnet sich die Implementierung von Inhouse-Lösungen bei umfassenden Dokumentenprozessen oft nicht mehr. Denn die Komplexität der Prozesse ist nicht zuletzt durch die Digitalisierung und die zunehmende internationale Ausrichtung der Unternehmen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
Belegerfassung erfolgt über anerkannte Standards
Intelligente Document-Processing-Lösungen setzen deshalb bereits bei der Belegerfassung an. Erfahrene Dienstleister führen die Eingangsrechnungen zum Beispiel zentral in so genannten Document-Input-Centern zusammen. Dort werden die E-Mails, Faxe und Briefe erfasst, unabhängig davon, über welchen Kanal sie eingehen. Die physischen Dokumente werden unmittelbar nach dem Öffnen für den Scanvorgang vorbereitet und anschließend per intelligenten OCR- und ICR-Texterkennungssystemen verarbeitet. Durch die konsequente Digitalisierung lassen sich auch Medienbrüche und Übertragungsfehler vermeiden.
Während sich dieser Prozess besonders gut für eine Standardisierung und weitgehend automatisierte Abläufe eignet, erfordern die weiteren Schritte ein individuelles Prozessdesign, abgestimmt auf den Bedarf des jeweiligen Unternehmens. Der finale Datensatz muss für Finanzbuchhaltungssysteme (wie z.B. SAP) einheitlichen Standards entsprechen, unabhängig vom Format und der Sprache der Originalrechnung. Nur dann ist anschließend eine systematische und automatisierte Bearbeitung in den Finanzbuchhaltungssystemen möglich, die dem CFO rechtzeitig die notwendigen Informationen zur Verfügung stellt und entsprechende Prognosen ermöglicht. Für Dienstleister wie SPS ist es daher unerlässlich, dass alle Prozesse nach den strengen deutsche Richtlinien für Datensicherheit zertifiziert sind: im Qualitätsmanagement nach ISO 9001, in der Softwareentwicklung nach CMMI Stufe 3 und für die Informationssicherheit nach ISO 27001 (ISMS).
Reisekostenmanagement systematisieren
Wie sich mit Document Processing Abläufe weiter optimieren lassen, zeigt auch das Beispiel eines großen Energieversorgers. Die gesamten Reisekosten für 15 europäische Länder und Afrika – jährlich rund 140.000 Abrechnungen – werden nicht mehr Inhouse bearbeitet, sondern mithilfe standardisierter Prozesse abgewickelt, mit denen sich die Effizienz des Reisekostenmanagements deutlich steigern lässt und Skaleneffekte realisiert werden können.
Im Gegensatz zum klassischen Dokumentenmanagement erfolgt auch die komplette Sachbearbeitung der Reisekostenanträge im Rahmen des Document Processing. Im ersten Schritt wurde dafür ein standardisiertes und webbasiertes Reimbursement-Formular entwickelt, das von allen Mitarbeitern genutzt wird. Nach der Digitalisierung von Anträgen und Belegen, die noch nicht elektronisch erfasst sind, beginnt die Bearbeitung im Backoffice. Wie bei der Eingangsrechnungsverarbeitung auch, lassen sich diese Prozesse bis heute nicht vollständig automatisieren. Zwar gibt es zahlreiche IT-Lösungen, die die Verarbeitung der Reisekostenabrechnungen unterstützen, unternehmensinterne Vorgaben und die Prüfung der Angaben erfordern aber nach wie vor eine manuelle Bearbeitung. Doch mit individuell entwickelten Document-Processing-Lösungen lassen sich diese Prozesse weitestgehend systematisieren.
Prozessablauf bei der Reisekostenverarbeitung
Nach wie vor manuell muss aber noch geprüft werden, ob die gesetzlichen Vorgaben für die Reisekostenabrechnungen eingehalten wurden und entsprechende Belege als Nachweis beigefügt sind. Zudem müssen die Belege selbst geprüft werden, wenn zum Beispiel bei einer Hotelrechnung die Vorsteuer gezogen werden soll. In der Praxis reicht es allerdings nicht aus, nur diese Schritte klar zu definieren. Entscheidend ist es, die Kommunikation mit den Mitarbeitern im Rahmen des Document Processing zu systematisieren – zum Beispiel wann und wie Mitarbeiter über vorgenommene Korrekturen informiert werden und auf welche Weise sichergestellt wird, dass Dokumente rechtzeitig nachgefordert werden, so dass alle Fristen eingehalten werden können.
Fazit
Das klassische Dokumentenmanagement muss sich neuen Herausforderungen stellen. Denn längst reicht es nicht mehr aus, Dokumente zu erfassen, zu archivieren und an den Empfänger weiterzuleiten. Notwendig sind heute Prozesslösungen, die inklusive Sachbearbeitung alle Schritte von der Erfassung bis zur finalen Einspeisung in die IT realisieren. Entscheidend ist es dabei, Raum für individuelle Lösungen zu lassen, aber gleichzeitig die Bearbeitungsschritte zu systematisieren und, wo es möglich ist, zu automatisieren.
Genau hier zeigen sich schlussendlich die Stärken des Document Processing. Wenn die Prozesse zudem von der Erfassung über die Sachbearbeitung der Dokumente bis zur Integration in die Buchhaltungssysteme der HR- und Finanzabteilungen aus einer Hand konzipiert und realisiert werden, lassen sich Effizienzsteigerungen besonders schnell erzielen.
Literaturangabe
[1] Auslagerung von Prozessen der Finanzabteilung: Chance oder Risiko für den CFO? – Trends und Erfahrungen mit F&A BPO in der DACH-Region, PAC, Pierre Audoin Consultants 2014.
www.swisspostsolutions.de
Stefan Vaskovics ist Leiter des Unternehmensbereichs Document Processing bei Swiss Post Solutions (SPS) in Deutschland. SPS ist führender Anbieter von Outsourcing-Lösungen für innovative Dienstleistungen im Informations- und Dokumentenmanagement. Die 7.400 Mitarbeiter von SPS unterstützen Geschäftskunden in den Bereichen Versicherungen, Banken, Telekommunikation, Medien, Handel, Energieversorgung und Travel & Transportation bei physischen und digitalen Businessprozessen.