Dolmetscher im Formatdschungel

Autor – Manfred Roth, Leiter des Geschäftsfeldes IT-Sourcing bei der DATEV eG

Was einmal unter dem Stichwort „E-Invoicing“ insbesondere für Großunternehmen begonnen hat, entwickelt sich zur Selbstverständlichkeit im Geschäftsumfeld. So sorgt ein neues Business-Netzwerk zum Austausch von Geschäftsdokumenten dafür, dass Sender und Empfänger von Rechnungen, Gutschriften, Bestellungen, Mahnungen oder Gebührenbescheiden sich nicht, wie bisher, auf ein gemeinsames Datenformat verständigen müssen, um ihren Informationsfluss rein elektronisch zu organisieren. Bereits heute werden mehrere Millionen Dokumente im Monat zwischen vielen Hunderttausend Unternehmen auf diesem Wege transferiert, Tendenz stark steigend. Dahinter stehen eine Reihe von Portalen verschiedener Anbieter wie der Bundesdruckerei, DATEV, SGH, Neopost Deutschland, Asterion, BeCloud und b4value.net.

Jedes dieser Unternehmen betreibt jeweils als eigenständige Dienstleistung einen Knotenpunkt im Netzwerk. Jeder Rechnungsempfänger, der sich auf einem dieser Portale angemeldet hat, ist automatisch für alle Versender, die ebenfalls bei einem Portal registriert sind, erreichbar. Die teilnehmenden Unternehmen können weiterhin jeweils mit ihren gewohnten Programmen – beispielsweise der ERP-Lösung – arbeiten, während ihr Portal gewissermaßen die Rolle eines zentralen Dolmetschers übernimmt und den Datensatz konvertiert. Dieser erreicht den Empfänger dann stets in dem Format, das er ausgewählt hat – im Zweifelsfall sogar ausgedruckt auf Papier.

Ein System – alle Formate

Postein- wie auch Postausgang im Unternehmen lassen sich über die Nutzung eines der Portale ohne Aufwand vereinheitlichen, ohne dass Investitionen in die Infrastruktur oder Änderungen bestehender Prozesse notwendig sind. Das im Hintergrund arbeitende System unterstützt sämtliche Kanäle und diverse elektronische Formate. Informationen können sowohl in bildhafter Darstellung (etwa als PDF, PDF/A oder TIFF) als auch in Form einer Transaktionsdatei in den vom Empfänger gewünschten Formaten unkompliziert gesendet und empfangen werden. So lassen sich die Portale beispielsweise an alle gängigen ERP-Systeme anbinden, sodass der Rechnungsversand direkt aus dem System angestoßen werden kann.

Auch elektronische Signaturen fügt das System automatisiert an beziehungsweise prüft sie bei Eingangsdokumenten. Regelbasiert kann es darüber hinaus die Dokumente vor Versand oder bei Eingang beispielsweise mit Null-Rechnungen oder auf Konformität nach § 14 des Umsatzsteuergesetzes kontrollieren. Die übermittelten Datensätze und Dokumente können innerhalb der Plattform gleich gesetzeskonform elektronisch gespeichert werden, wobei sich auch bereits bestehende Archivlösungen problemlos einbinden lassen. Freigabeprozesse lassen sich unternehmens-, gruppen- und benutzerbezogen festlegen. Vorhandene Arbeitsweisen müssen dafür nicht geändert werden.

Dokumentenaustausch – auch für kleine Unternehmen

Insbesondere für Zulieferbetriebe von Konzernen, die für Eingangsrechnungen häufig ein bestimmtes Format vorschreiben, ist dieses Konzept interessant. Sie können darüber den Anforderungen des Großkunden nachkommen, ohne ihre eigenen IT-Systeme anpassen zu müssen. Dabei profitieren von den Portalen nicht nur die größeren Unternehmen: Schon ab einem Volumen von etwa 100 Rechnungen im Monat können Einsparungen erzielt werden. Nach Schätzungen lassen sich durch einen durchgängigen elektronischen Dokumenten- und Datenaustausch bis zu 80 Prozent Einsparungen an Prozesskosten gegenüber dem herkömmlichen Briefpostversand erreichen.

Als Verbund profitiert jeder Knotenpunkt von den Entwicklungen und Möglichkeiten der anderen. Alle Anwender kommen dadurch in den Genuss der attraktiven Konditionen, die sich durch die hohen Übertragungsvolumina des Netzwerks realisieren lassen – selbst beim konventionellen Versand per Briefpost. Die Datenhaltung erfolgt dabei aber immer beim jeweiligen Netzwerkpartner. Wer etwa das E-Business-Portal der DATEV nutzt, kann sicher sein, dass seine Daten ausschließlich in deren Nürnberger Rechenzentrum aufbewahrt werden.

Fazit

Für den Einstieg in den digitalen Daten- und Dokumentenaustausch müssen Unternehmen heute keine eigene Infrastruktur mehr aufbauen. Professionelle Business-Portale fungieren als universelle Schnittstelle, über die auch kleine Unternehmen einen vollständig digitalen Austausch von Geschäftsdokumenten durchführen können.

Die Technologie hinter diesem Netzwerksystem geht auf Forschungen zurück, an denen auch das Deutsche Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz (DKFI) mit Sitz in Kaiserslautern beteiligt war. Für die notwendige Prozesssicherheit und Skalierbarkeit sorgt eine redundante Netzwerkarchitektur, die die Knotenpunkte der eigenständigen Provider verbindet.

www.datev.de

Manfred Roth, Leiter des Geschäftsfeldes IT-Sourcing bei der DATEV eG. Die 1966 gegründete DATEV zählt zu den größten Informationsdienstleistern in Europa. Durch Digitalisierung verbessert die Genossenschaft gemeinsam mit ihren über 40.000 Mitgliedern betriebswirtschaftliche Prozesse in rund 2,5 Millionen Unternehmen. Ihre Produkte und Services fördern die sichere und effiziente Zusammenarbeit mit Partnern sowie mit der öffentlichen Verwaltung und helfen, rechtliche Vorgaben einzuhalten.