Autoren –
Holger Stelz, Leiter Marketing & Geschäftsentwicklung Uniserv GmbH
und
Dr. Wolfgang Martin, international anerkannter, unabhängiger Analyst und Experte auf den Gebieten: BI/PM, Analytik, Big Data, IM
Die Customer Identity Resolution hat zur Aufgabe, Unternehmen bei den Herausforderungen im Umgang mit Kunden-Identitätsdaten zu helfen – denjenigen Daten aus unterschiedlichen Quellen, die spezifisch und korrekt einen Kunden, einen Lieferanten, einen Interessenten, einen Meinungsmacher etc. identifizieren. Die Customer Identity Resolution dient als Basis für Kundenstammdaten-Management und ist damit Voraussetzung für erfolgreiches Customer Experience Management und Customer Relationship Management. Dabei versteht man „unter ‚Customer Experience Management‘ die Strategie, Methodologie und/oder die Prozesse, um in einer umfassenden Weise das Multi-Kanal-Erscheinungsbild, die Interaktionen und Transaktionen von Kunden mit einem Unternehmen, Produkt, Marke oder Service zu managen“ [1].
Das klingt einsichtig, doch in der Praxis stellt die Customer Identity Resolution eine der schwierigsten Herausforderungen in der Datenvorbereitung für CEM oder für das traditionelle CRM dar. Der Grund für die Probleme, die die Regel und nicht die Ausnahme sind, liegt im Multi-Kanal-Erscheinungsbild von Personen: Eine Kundin, die in der Kundendatenbank im Unternehmen mit dem Namen Ruth-Hanna Friese eingetragen ist, könnte beispielsweise in einem sozialen Netz Ruth Anne Friese heißen oder als Ruth Friese auftreten. Die Ursachen dieser unklaren Kundenidentität liegen in der natürlichen Variabilität wie im Beispiel dargestellt, aber auch in unerwarteten Inkonsistenzen durch Schreib- oder Transkriptionsfehler sowie durch Spitznamen, Abkürzungen und Schreibweisen in unterschiedlichen Schriftsätzen (wie Arabisch, Chinesisch, Griechisch, Kyrillisch, Lateinisch etc.) – bis hin zu professionell ausgeführten Täuschungsmanövern, die eine falsche Identität vorgeben. Noch schwieriger wird es, wenn der Kunde anonym auftritt.
Kundendaten – angereichert durch Informationen aus sozialen Medien
Das Kernthema der Customer Identity Resolution ist nicht neu: Als Methode im Datenqualitäts-Management kommt es seit langem bei der Einrichtung von Data Warehouses zum Tragen – oder im analytischen CRM beim Aufbau einer einzigen Sicht auf den Kunden. Auch im Direktmarketing wird die Customer Identity Resolution eingesetzt – hier sorgt die Dublettenbereinigung für reibungslose Prozesse. Ob bei der Konsolidierung von Adressbeständen, Bestandsbereinigung, Fremdbereinigung, Listenmischung, beim Cluster-Abgleich, Negativ-Abgleich (insbesondere bei der Robinsonliste), Positiv-Abgleich zur Datenanreicherung oder im internationalen Abgleich bei unterschiedlichen Schriftsatz-Räumen – der richtige Umgang mit Kunden-Identitätsdaten ist erfolgsentscheidend. Customer Identity Resolution greift auf all diesen Gebieten und ist im Datenqualitäts-Management daher nicht mehr wegzudenken.
Die Nutzung von sozialen Medien – Facebook, LinkedIn, Xing, Foursquare, Twitter, Pinterest etc. – durch den Kunden hat die Bedeutung der Customer Identity Resolution weiter erhöht. Nun ist es für Unternehmen entscheidend und wettbewerbskritisch zu wissen, welche Aussagen in den sozialen Netzen kursieren. Und für das Marketing bieten die Kundendaten in den sozialen Netzwerken eine bisher nicht gekannte Möglichkeit, das bisherige Kundenwissen weiter anzureichern und entsprechend zu nutzen – und setzen darüber hinaus voraus, dass Beschaffung und Nutzung der Daten aus sozialen Netzen konform mit der diesbezüglichen Gesetzgebung erfolgt.
Bild: Datenabgleich – der „obere Schwellenwert“ bedeutet die Mindestübereinstimmung, damit verschiedene Datensätze einer Identität zugeordnet werden. Entsprechend bedeutet der „untere Schwellenwert“, dass alle Datensätze mit einem kleineren Ähnlichkeitsmaß verschiedenen Identitäten zugeordnet werden. Datensätze mit Ähnlichkeitsmaßen, die zwischen dem oberen und unteren Schwellenwert liegen, sind manuell zu prüfen.
Beim Abgleich und Anreicherung der Kundenstammdaten mit sozialen Daten ist die Customer Identity Resolution erfolgskritisch. Denn jede verfügbare Information wird in den Gesamtkontext der bereits vorhandenen Daten eingebunden und anschließend kumuliert – und ermöglicht auf diese Weise eine vertiefte Kenntnis über die Kunden des Unternehmens. Aus den zusammengefügten Informationspuzzleteilen entsteht ein Gesamtbild: Auf Basis von Customer Identity Resolution präzisiert sich das Multi-Kanal-Erscheinungsbild des Kunden, es lassen sich bessere Kundenmodelle im Rahmen von prädiktiver Analyse aufbauen und im Endeffekt die Geschäftsergebnisse verbessern. Die verwendeten Methoden basieren dabei auf landesspezifischen Regel- und Begriffstabellen, auf sprachraumspezifischer Phonetik und adressspezifischer Fuzzy-Logik (vgl. dazu den Kasten).
Beispiel: Sichere Transaktionen im Handel
Manche Händler betreiben unterschiedliche Web-Shops. Wenn ein Neukunde in einem Shop eine Bestellung aufgibt, sollte man wissen, ob er vielleicht bereits ein guter Kunde in einem anderen Shop ist, um im Sinne von CEM die Kundenbindung zu steigern. Vielleicht ist es aber auch ein „fauler“ Kunde, der bereits auf der schwarzen Liste des Unternehmens oder bei Kreditbewertungsorganisationen steht und sich nun unter einer falschen Identität in einem anderen Shop bedienen will. Mit Customer Identity Resolution in Echtzeit kann noch vor dem Abschluss der Transaktion die wahre Identität festgestellt und entsprechend reagiert werden.
Das Beispiel zeigt deutlich, dass Customer Identity Resolution nicht nur wie früher im Direktmarketing der Kostensenkung dient, sondern auch im Sinne von CEM die Kundenbindung und Kundenprofitabilität steigern oder im Sinne von Risikomanagement betrügerische Transaktionen vermeiden kann.
Customer Identity Resolution als Basis für Kundenstammdaten-Management
Customer Identity Resolution ist also ein wichtiger und erfolgskritischer Baustein in einem Kundenstammdaten-Management, das die unterschiedlichen Aufgaben und Funktionsbereiche der Datenvorbereitung für CEM und des traditionellen CRM darstellt:
• Customer Data Management beginnt mit der Datenintegration, um Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenzuführen. Das kann traditionell über ETL-Prozesse (Extraktion, Transformation, Laden) erfolgen oder mit Hilfe von Datenvirtualisierung, einem neueren Verfahren, bei dem nur ein logisches Datenmodell des Gesamtdatenbestands erstellt wird, die Daten aber physikalisch nicht bewegt werden.
• Im zweiten Schritt erfolgt eine Datenbereinigung mit den typischen Services eines Datenqualitäts-Management.
• Der dritte Schritt ist die Customer Identity Resolution.
• Im vierten Schritt erfolgt die 360-Grad-Sicht auf den Kunden.
• Schließlich folgen noch die Aufgaben der Information Governance, die die Sicherheitskonzepte umsetzt und die Compliance sicherstellt.
Auf diese Weise erhält man eine solide Basis für CEM und CRM.
Customer Identity Resolution Management Services haben darüber hinaus den Vorteil, dass sie nicht nur als On Premise Services, sondern auch als SaaS im Rahmen von Cloud Computing genutzt werden können. Informationstechnisch wird Customer Identity Resolution am besten als Service angeboten. Dann lassen sich Customer Identity Resolution Services sowohl in Batch-Läufen zur Massenverarbeitung einsetzen, beispielsweise bei der Bereinigung großer Datenbestände, als auch in Geschäftsprozesse einbetten, wo sie in Echtzeit angewendet werden können. Mit anderen Worten: Customer Identity Resolution Services lassen sich schnell installieren, testen und in einem Pilotprojekt auf Kosten und Nutzen prüfen.
Fazit
Customer Identity Resolution ist die Voraussetzung für erfolgreiches CEM und CRM. Heute wird darunter nicht mehr allein die Dublettenbereinigung im Rahmen von Datenqualitäts-Management verstanden: Die Möglichkeit, alle Informationen über Kunden in den Gesamtkontext zu stellen und die Informationsbausteine aus den unterschiedlichen Kanälen zu einem präziseren Multi-Kanal-Erscheinungsbild zu kumulieren, bringt einen Mehrwert an Information. Dadurch lässt sich der Umsatz steigern bei gleichzeitiger Senkung der Risiken.
Literatur
Bernd H. Schmitt, „Customer Experience Management“ (2003)
Methoden des Customer Resolution Managements
Traditionelle Verfahren in der Customer Identity Resolution setzten Zeichenkettenvergleiche und Match Codes ein. Heute werden mehr und mehr mathematische Verfahren insbesondere aus der Fuzzy-Logik eingesetzt, die durch landesspezifische Wissensbasen ergänzt werden. Diese Wissensbasen sind offen und können daher im Lauf der Zeit mittels Lernverfahren verbessert werden. So können zunächst allgemeine Wissensbasen problemspezifisch angepasst werden. Eine umfassende Zusammenstellung der gängigen und auch fortgeschrittenen Verfahren findet man beispielsweise bei Uniserv: www.uniserv.com/de/products/data-quality-technology/methods-algorithms.php.
Beim Customer Resolution Management können natürlich auch Fehler auftreten. Man spricht von einem Fehler der ersten Art (oder auch „falsch positiv“), wenn zwei Datensätze, die zu verschiedenen Kunden gehören, einem Kunden zugeordnet werden. Als Fehler zweiter Art (oder auch „falsch negativ“) wird der Fall bezeichnet, wenn zwei Datensätze, die den gleichen Kunden bezeichnen, nicht zugeordnet werden. Das folgende Schaubild erläutert die Situation:
www.wolfgang-martin-team.net
Dr. Wolfgang Martin ist ein international anerkannter, unabhängiger Analyst und Experte auf den Gebieten: BI/PM (Business Intelligence/Performance Management), Analytik und Big Data, Business Process Management, Information Management und Governance, SOA (Service-Oriented Architecture), CRM (Customer Relationship Management). Sein Spezialgebiet sind die Wechselwirkungen technologischer Innovation auf das Business und damit auf die Organisation, die Unternehmenskultur, die Business-Architekturen und die Geschäftsprozesse.
www.uniserv.com
Holger Stelz, Leiter Marketing & Geschäftsentwicklung Uniserv GmbH. Uniserv ist der größte, spezialisierte Anbieter von Data Quality Solutions in Europa mit international einsetzbarem Softwareportfolio und Services für das Data Management. Data Management vereint Datenqualitätssicherung und Datenintegration. Mit seinen Lösungen unterstützt Uniserv seine Kunden bei Datenqualitätsinitiativen, Data Warehousing, Datenmigration sowie Master Data Management, eBusiness, Direct- und Database-Marketing, CDI/MDM-Anwendungen und Business Intelligence.