Industrie 4.0 revolutioniert – auch – das Dokumentenmanagement

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Michael Auerbach, CEO bei Swiss Post Solutions (SPS) in Deutschland

und

Hr. Vascovics2Stefan Vaskovics, Leiter Unternehmensbereich Document Processing bei SPS

Selbstlernende Automatisierungslösungen werden künftig dazu führen, End-to-End-Prozesse vollständig zu automatisieren und damit schneller und effizienter zu steuern. Dabei bedeutet ‚Intelligent Automation‘, dass wir uns von dem klassischen Bild, das wir von Robotern haben, verabschieden müssen. Roboter und automatisierte Prozesse, die genauso ablaufen wie vorgegeben und einprogrammiert, wird es schon in naher Zukunft nicht mehr geben. Stattdessen sind diese Systeme selbstlernend, d. h. man muss nicht mehr mit Schlüsselwörtern arbeiten und das System regelmäßig updaten.

Ziel ist es, eine künstliche Intelligenz für das Dokumentenmanagement und alle vor- und nachgelagerten Prozesse zu entwickeln. In vier bis fünf Jahren werden die Software-Lösungen bereits in der Lage sein, selbstständig ihre eigenen Schlüsse zu ziehen und sich sogar selbst zu überwachen.

Prozesse komplett digitalisieren

Voraussetzung für Intelligent Automation ist die vollständige Digitalisierung der Geschäftsprozesse. Nach einer Studie von PricewaterhouseCoopers und Strategy& will die deutsche Industrie bis zum Jahr 2020 rund 40 Milliarden Euro pro Jahr in Anwendungen von Industrie 4.0 investieren [1]. Die Unternehmen gehen davon aus, dass sie ihre Effizienz alleine durch die Digitalisierung ihrer Wertschöpfungskette in den kommenden fünf Jahren insgesamt um 18 Prozent steigern können. Zudem werden leistungsfähige Automatisierungs-Tools die tägliche Arbeitsroutine nachhaltig verändern. Manuelle Prozesse werden sukzessive digitalisiert, wodurch Kapazitäten für andere Aufgaben frei werden.

Die Stärke der Intelligent Automation zeigt sich besonders bei Prozessen, die sich wiederholen. Zum Beispiel bei der Datenerfassung und -prüfung sowie bei der Validierung von Daten und Informationen. Deshalb setzt Swiss Post Solutions (SPS) im Backoffice und im Dokumentenmanagement künftig intelligente Automatisierungslösungen ein, die schrittweise neue Aufgaben übernehmen und dabei mit höchster Genauigkeit arbeiten. Die Systeme lernen ständig dazu und verändern sich mit jedem Schritt dynamisch weiter, bis ein maximaler Automatisierungsgrad erreicht ist. Insbesondere für das Dokumentenmanagement ergeben sich daraus bislang ungeahnte Möglichkeiten, die Prozesse effizienter und mittel- bis langfristig auch kostengünstiger zu gestalten.

Unstrukturierte Daten automatisch erfassen

Bereits seit Jahren werden zum Beispiel Eingangsrechnungen gescannt und mittels OCR- und ICR-Texterkennungssystemen ausgelesen und anschließend im wahrsten Sinn des Wortes in Form gebracht. Intelligent Automation ermöglicht jetzt nicht nur das Auslesen von strukturierten Daten von Zahlscheinen und Rechnungen, sondern auch von unstrukturierten Daten. So ist es zum Beispiel möglich, jede Art von geschäftlicher Korrespondenz über das automatisierte Verfahren auszulesen – zum Beispiel Handschriften und E-Mails mit PDF-Anhängen, Word-Dateien und Excel-Files. Dabei arbeiten die Systeme sprachneutral. So nutzt SPS zum Beispiel Technologien, die bis zu 40 verschiedene Sprachen in den drei Alphabeten lateinisch, kyrillisch und griechisch sowie zwei asiatischen Alphabeten ‚verstehen‘ und auslesen können. Und das bedeutend schneller als es die bisher eingesetzten teilautomatisierten Lösungen ermöglichten.

In der Praxis bedeutet dies: der CFO erhält verlässliche Zahlen bedeutend schneller, die ihm zeitnah einen Forecast ermöglichen. So wird Intelligent Automation diese Dokumentenmanagement-Prozesse geradezu revolutionieren und die automatische und formatgerechte Einspeisung der Daten in die verschiedensten IT-, Buchhaltungs- und Auswertungssysteme ermöglichen, ohne dass umfangreiche Programmierungen in den ERP-Systemen erforderlich werden. Im Idealfall fließen die Informationen in Echtzeit und sind von jedem Ort zu jeder Zeit aus verfügbar.

Intelligent Automation – Verfahren mit Perspektive

Der BPO-Dienstleister SPS hat gerade gemeinsam mit einer großen Versicherungsgesellschaft das klassische Verfahren mit OCR parallel zu der neuen Technologie getestet. Bei der Intelligent Automation liefern Millionen von Datenpunkten, die hochdimensional miteinander verknüpft sind, eine Informationstiefe, die bisher undenkbar war. Das macht die Prozesse nicht nur schneller und effizienter, sondern steigert signifikant die Qualität der Informationen.

Neben der Eingangsrechnungsverarbeitung ist der Einsatz von Intelligent-Automation-Systemen im Dokumentenmanagement insbesondere für internationale Reiseveranstalter, die Back-Office-Automation für Energieversorger und die Schadensabwicklung sowie die Sachbearbeitung für große Versicherungsunternehmen interessant. Im Customer Contact Management werden bereits von Versicherern Technologien getestet, die dem Kundenbetreuer automatisch Lösungsvorschläge unterbreiten während er im Gespräch mit dem Versicherten ist.

Intelligent-Automation-Systeme
Intelligent-Automation-Systeme

Im Vergleich zu den bisher eingesetzten Verfahren ist die neue Technologie noch verhältnismäßig teuer. Dennoch wird sich Intelligent Automation durchsetzen und die Effizienz von Business-Process-Outsourcing-Lösungen deutlich steigern. Sie wird letztendlich die industrielle Revolution 4.0 einläuten. Denn die bisher entwickelten Intelligent Automation-Systeme bzw. die dafür erforderlichen Softwarelösungen, lassen sich innerhalb von nur wenigen Monaten implementieren. Bereits nach vier Monaten kann man erfahrungsgemäß mit den ersten Ergebnissen rechnen. Der Return on Investment (ROI) ist einerseits abhängig von der Komplexität der eingesetzten Lösung und andererseits von den Lohnkosten. So ist es möglich, dass sich einfache Intelligent Automation-Lösungen in Offshore-Ländern bereits nach einem Jahr amortisieren.

Selbstlernende IT-Systeme entscheidend

Von Intelligent Automation werden alle Geschäftsbereiche in allen Branchen erfasst. Lediglich die Frage, wie schnell sich dieser Prozess vollzieht, ist derzeit noch nicht genau zu beantworten und hängt maßgeblich vom Reifegrad ab, den die nächste Stufe, das kognitive Computing, bzw. die künstliche Intelligenz erreicht. Dort stehen wir erst am Anfang der Entwicklung und es wird noch etwa fünf Jahre dauern, bis sich der Einsatz von künstlicher Intelligenz wirtschaftlich rechnet.

Eine Vorstellung von dem, was künstliche Intelligenz leisten muss, zeigt das Beispiel des fahrerlosen Autos. Den Weg, den es zu nehmen hat, die Straßenkreuzung, die rote Ampel – all dies lässt sich einprogrammieren und per Sensoren erfassen. Aber wie ein Programm selbstständig entscheiden soll, ob ein autonom fahrendes Auto im Zweifelsfall nach rechts in den Lkw fährt oder nach links in einen Kleinwagen, ist derzeit noch unklar. Erst wenn diese Herausforderung vollständig und fehlerfrei von intelligenten Systemen gelöst wird, wird das zum Durchbruch der neuen Technologie auf Basis des Cognitive Computing führen.

Das Cognitive Computing wird sich zu einem eigenständigen Marktsegment mit hohen Wachstumsraten entwickeln, erwartet der Digitalverband Bitkom [2]. Nach Prognosen des Verbandes wird der weltweite Umsatz mit Hardware, Software und Services rund um Cognitive Computing dieses Jahr rund 980 Millionen Euro betragen. Bis zum Jahr 2020 soll dieser Markt auf ein Volumen von über 13 Milliarden Euro anwachsen. Dann werden die selbstlernenden IT-Systeme der Intelligent Automation in Echtzeit mit Menschen und anderen Computern kommunizieren.

Fazit

Industrie 4.0 wird das klassische Dokumentenmanagement revolutionieren. State of the Art-Technologien, die erst zu einer vollständigen Automatisierung führen, werden dann mit Hilfe von künstlicher Intelligenz die Kommunikation in Echtzeit ermöglichen. Die Systeme werden sich selbst überwachen und eigenständig weiterentwickeln. Fehler korrigieren sich automatisch und die Herausforderungen an die Mitarbeiter steigen. Statt zu scannen werden Softwarelösungen entwickelt und Maschinen konstruiert, die Unternehmen mehr denn je die Konzentration auf ihr Kerngeschäft ermöglichen.

Quelle
[1] http://www.pwc.de/de/digitale-transformation/pwc-studie-industrie-4-0-steht-vor-dem-durchbruch.html
[2] https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Rasantes-Wachstum-fuer-Cognitive-Computing.html

www.swisspostsolutions.de

Michael Auerbach, CEO, und Stefan Vaskovics, Leiter Unternehmensbereich Document Processing, Swiss Post Solutions (SPS) in Deutschland. SPS ist führender Anbieter von Outsourcing-Lösungen für Dienstleistungen im Informations- und Dokumentenmanagement. 7.500 Mitarbeiter unterstützen Geschäftskunden in den Bereichen Versicherungen, Banken, Telekommunikation, Medien, Handel und Energieversorgung bei physischen und digitalen Businessprozessen.