Kick-off ‚Social Workplace‘ für den Mittelstand

Autor – Dr. Joachim Weiß, Expert Consultant, Netpioneer GmbH

Immer mehr Unternehmen erkennen, dass sie ihre internen Strukturen im Hinblick auf Partizipation, Informations- und Wissensmanagement anpassen und flexibilisieren müssen, wenn sie im heutigen Marktumfeld, das von einer zunehmenden Komplexität und Dynamik geprägt ist, weiterhin erfolgreich agieren möchten. Ebenso ist das Thema Arbeitgeberattraktivität für viele Unternehmen ein entscheidender Faktor: Wer im Wettbewerb um die besten Köpfe gute Karten haben will, muss den Erwartungen der „Digital Natives“ entsprechen. Speziell für jüngere Arbeitnehmer und Berufseinsteiger bedeutet das, dass sie auch am Arbeitsplatz die Kommunikationsstrukturen vorfinden und nutzen können, die sie aus ihrem Alltag gewohnt sind: digital, direkt und partizipativ.

Insbesondere der deutsche Mittelstand tut sich jedoch schwer, diesen Erkenntnissen auch die erforderlichen Maßnahmen folgen zu lassen. Zu diesem Fazit kommt die Studie „Digitale Transformation und ihre Auswirkung auf die Führung im Mittelstand“, für die Ende 2014 im Auftrag der der Personalberatung InterSearch Executive Consultants 400 Topmanager aus Unternehmen mit mindestens 100 Mitarbeitern befragt wurden [1]. Während zwar rund 80 Prozent der befragten Manager erwarten, dass sich die interne Kommunikation deutlich beschleunigen wird und davon überzeugt sind, dass der Wissenstransfer zukünftig eine Schlüsselrolle spielen wird, setzen erst 35 Prozent der Unternehmen Social Media-Tools ein, um eine schnellere interne Kommunikation zu fördern. Und aktives Knowledge-Management mithilfe einer IT-gestützten Wissensdatenbank betreiben ebenfalls gerade einmal 35 Prozent.

Social Media-Plattformen sind nur bei einem guten Drittel der gefragten Unternehmen im Einsatz (© InterSearch 2014 [2])

Der Wissenstransfer erfolgt nur zum Teil über Social Media-Tools (© InterSearch 2014 [2])

Praktische Umsetzung ist entscheidend

Während man den meisten Unternehmen heute also nicht mehr erklären muss, warum eine Transformation hin zum „Enterprise 2.0“ sinnvoll – wenn nicht gar auf lange Sicht unverzichtbar – ist, scheint das Problem inzwischen viel mehr in der praktischen Umsetzung zu liegen. Neben der Etablierung einer entsprechenden Unternehmenskultur ist die Einführung einer geeigneten Enterprise Social Software ein erster, wichtiger Schritt. Mit einer solchen digitalen Kommunikationsplattform fördern Unternehmen die Zusammenarbeit, den internen Wissenstransfer und entsprechen nicht zuletzt den Kommunikationserwartungen insbesondere der jüngeren Mitarbeiter. Für eine nachhaltige und erfolgreiche Einführung sollten daher einige Grundregeln beachtet werden.

Digitale Transformation ‒ Veränderung der Führungs- und Unternehmenskultur (© InterSearch 2014 [2])

Anforderungen definieren und priorisieren
Damit die Enterprise Social Software ein Erfolg wird, sollten vorab die Anforderungen definiert werden, die zu erfüllen sind. Zur Klärung gilt es, die folgenden Fragen zu beantworten: Welche Mitarbeiter sollen mit der Enterprise Social Software angesprochen werden? Wer soll das Intranet nutzen? Wie soll es im gesamten Unternehmen eingesetzt werden? Welchen Nutzen hat ein Mitarbeiter, wenn er die Applikationen benutzt – und warum wird er sie gerne freiwillig nutzen wollen? Welcher Geschäftsnutzen steht den Entwicklungskosten gegenüber – Einsparungen und/oder Arbeitserleichterung? Aus den Antworten auf diese Fragen lassen sich die Anforderungen ableiten.

In einem nächsten Schritt gilt es, die Anforderungen zu priorisieren. Dabei steht die Bewertung im Vordergrund, welche gewünschten Funktionalitäten unverzichtbar sind, und welche dagegen in die Kategorie „nice-to-have“ fallen. Bei der Entscheidung ist auch das Verhältnis von Entwicklungskosten und erwartetem Nutzen von Bedeutung – speziell wenn es um die Migration von Inhalten oder Applikationen eines bereits vorhandenen Intranets geht. Hier muss im Vorfeld geprüft werden, was die Mitarbeiter tatsächlich nutzen. Die Erfahrung zeigt, dass es meistens völlig ausreicht, 25 Prozent der Features und des Contents zu übernehmen, weitere 25 Prozent davon neu zu entwickeln und den Rest auf dem Datenfriedhof ruhen zu lassen.

Interne Mitarbeiterkapazitäten sind Voraussetzung
Der Grundstein für den Erfolg eines IT-Projekts wird bereits in der Phase der Konzepterstellung gelegt. Dabei sind vor allem ausreichende interne Kapazitäten ausschlaggebend für eine erfolgreiche Umsetzung des Projekts. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass die Vergabe des Auftrags an einen externen Dienstleister zielführend sein kann, da auch dieser auf definierte Vorgaben und Entscheidungen angewiesen ist, die unternehmensintern getroffen werden müssen. Je nachdem, wie klar das Ziel umrissen ist und in welchem Umfang der Weg dorthin bereits definiert ist, muss ein Mitarbeiter mindestens 50 Prozent seiner Arbeitszeit für das Projekt aufwenden. Meistens werden für die Implementierung einer Enterprise Social Software jedoch Kapazitäten von Kollegen aus allen beteiligten Abteilungen für einige Zeit benötigt.

Sind die internen Voraussetzungen geschaffen, können die Erfahrungen eines externen Partners, der bereits vergleichbare Projekte im Bereich Enterprise Social Software erfolgreich umgesetzt hat, vor Irrwegen bewahren. Die Auswahl wird dabei am besten anhand entsprechender Referenzprojekte getroffen. Zum einen lässt sich dann die Erfahrung des Partners besser beurteilen, zum anderen hilft die Kenntnis eines vergleichbaren Projekts, die eigenen Anforderungen zu reflektieren.

Einführung schrittweise – plus Kommunikationskonzept
Mitarbeiter sind oft seit Jahren mit der bestehenden Software vertraut – daher begegnen sie den Social-Tools nicht selten mit Vorbehalten und Widerständen. Ein neues Intranet und neue Arbeitsabläufe werden aber schneller akzeptiert, wenn Anwender frühzeitig aktiv mit einbezogen werden. Hier empfiehlt sich das Sammeln von Wünschen und Anregungen oder das zeitnahe Testen neuer Features. Early Adopters können darüber hinaus im Unternehmen neue Funktionen ausprobieren.

Die Chancen zur Akzeptanz erhöhen sich bei einer schrittweisen Einführung oder einer Betaphase. Denn keiner – weder die Nutzer noch die zuständigen IT-Mitarbeiter – möchte, dass das alte System mit einem Schlag abgeschaltet und gleichzeitig das neue in Betrieb genommen wird. Denn sicher ist nur eines: Irgendetwas geht immer schief. Daten fehlen, Einstellungen stimmen nicht, etc. Daher sollte zunächst ein eingeschränkter Funktionsumfang implementiert werden, mit dem die neue Software sinnvoll Nutzen stiften kann. Parallel dazu wird lediglich ein Teil der Altsysteme abgeschaltet. Durch diesen Parallelbetrieb kann die neue Lösung Schritt für Schritt eingeführt werden.

Interessanten Content erstellen und finden
Nur gut geschriebene, regelmäßig gepflegte, relevante und aktuelle Inhalte bewirken, dass Mitarbeiter das Intranet gerne und häufig nutzen. Wenn einzelne Inhalte veraltet sind oder die Qualität nicht stimmt, schwindet die Akzeptanz. Hier muss im Unternehmen geklärt werden, wer für die Erstellung und Aktualisierung von Content zuständig ist und dafür ein entsprechendes Zeitbudget eingeplant sein. Gegebenenfalls haben sich Workshops rund um die Erstellung unterschiedlicher Inhalte und die Nutzung bestimmter Funktionalitäten bewährt.

Ebenfalls nicht zu unterschätzen: Der beste Content nützt nichts, wenn man ihn nicht findet. Daher ist ein eingängiges, gut durchdachtes Navigationskonzept unverzichtbar, eine gut funktionierende Suchfunktion mit eingeschlossen. Die Nutzer erwarten von der Suche im Unternehmensintranet die gleiche Leistung, die sie von den gängigen Internet-Suchmaschinen gewohnt sind.

„Killer-Applikationen“ einsetzen
Ein erfolgreiches Intranet braucht eine – oder besser gleich mehrere – sogenannte Killer-Applikationen, die Mitarbeiter immer wieder dazu bewegen, sich ins Intranet einzuloggen. Klassiker sind hier der Kantinen-Speiseplan, die Arbeitszeiterfassung sowie nützliche Formulare, z.B. für Reisebuchung, Spesenabrechnung oder für die Bestellung von Büromaterial. Im besten Fall deckt sich die Nutzung der Killer-Applikationen mit der Erreichung der Unternehmensziele, etwa dass Zeit und Kosten einspart werden, indem sich bestimmte interne Prozesse schneller und einfacher erledigten lassen und eine geringere Fehlerquote aufweisen.

Business-Ziele überprüfen
Um zu beurteilen, ob die Einführung der neuen Enterprise Social Software letztlich ein Erfolg ist, helfen entsprechende Kennzahlen, die regelmäßig gemessen werden. Damit sich Veränderungen nachvollziehen lassen, sollte, wo immer möglich, bereits vor der Einführung der neuen Software der „Ist“-Status erhoben werden. Wenn es darum geht, dass Inhalte möglichst häufig aufgerufen, angesehen, heruntergeladen werden, kommt eine geeignete Analyse-Software zum Einsatz. Darüber hinaus sollten auch Zeit- und Kostenersparnisse direkt gemessen werden.

Fazit

Der große Erfolg von Enterprise Social Software liegt nicht zuletzt darin begründet, dass jeder Nutzer seine persönliche Einstiegsseite nach seinen Wünschen gestalten kann: Die am häufigsten genutzten Applikationen sind mit einem Klick erreichbar, die Nachrichten des Tages laufen in einer Randspalte, als Hintergrund ist ein persönliches Foto ausgewählt. Mit einem Klick lassen sich Gruppen-Chat aufrufen, Beiträge der Kollegen liken, kommentieren und weiterempfehlen. Und plötzlich ist man mittendrin in einer sozialen Enterprise-Software, die den Namen verdient: weil das ganze Unternehmen damit gerne und regelmäßig arbeitet.

Quellenangaben:
[1] http://www.intersearch-executive.de/news.asp?news=57
[2] Alle Abbildungen aus: „Digitale Transformation und ihre Auswirkung auf die Führung im Mittelstand“, mit freundlicher Genehmigung der InterSearch Executive Consultants GmbH & Co. KG

www.netpioneer.de

Dr. Joachim Weiß ist Expert Consultant bei der Netpioneer GmbH. Das Unternehmen mit Sitz in Karlsruhe ist auf die Konzeption und Umsetzung hochwertiger individueller Internetlösungen spezialisiert. Seit 1996 berät Netpioneer Unternehmen in den Bereichen IT und Strategie und realisiert für seine Kunden die Entwicklung, Anpassung und Implementierung von Lösungen für Enterprise Content Management, Unternehmensportale, Intranet, Wissensmanagement, E-Learning, Online-Shops und E-Business.