Künstliche Intelligenz. Was ist dran am neuen Hype?

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    Autor – Dr. Stefan Wess, CEO, Empolis Information Management GmbH

     

    Künstliche Intelligenz ist derzeit in aller Munde und viele stellen sich die Frage: Ist KI nur ein technologischer Hype, der rasch wieder abkühlt oder wird KI tatsächlich unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Handeln in den nächsten Jahren grundlegend verändern?

    Die Zweifel am tatsächlichen Potenzial von KI-Technologien liegen in den Anfängen der KI-Forschung in den 50er und 60er Jahren begründet. Damals wurden viele Prognosen über die künftige Leistungsfähigkeit von intelligenten Rechnern abgegeben, die aber erst sehr viel später Wirklichkeit wurden. Bereits 1958 gingen damalige Experten davon aus, dass Computer innerhalb von zehn Jahren in der Lage sein würden, den amtierenden Schach-Weltmeister zu schlagen. Es dauerte tatsächlich fast vier Jahrzehnte bis dies dem IBM-Supercomputer „Deep Blue“ gegen Garri Kasparow gelang.

    Auch in den Unternehmen waren die Erwartungen an die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz jahrelang viel höher als die Leistungsfähigkeit der Technologie. Schließlich versprach man sich durch deren Einsatz schnell eine starke Vereinheitlichung und Automatisierung von Entscheidungen und damit Kostenvorteile. Als die Entwicklung nicht so schnell voranschritt wie gedacht, setzte irgendwann eine große Ernüchterung ein und das Thema KI verschwand im sogenannten „KI-Winter“ völlig von der Agenda.

    In den letzten vier Jahren haben KI-Technologien allerdings große Entwicklungssprünge vollzogen und sind inzwischen ein fester Bestandteil in unserem Alltag geworden: Wir nutzen Smartphone-Applikationen wie SIRI, Cortana oder Google Now, um das nächstgelegene Restaurant oder den besten Friseur in unserer Nähe zu finden.

    KI – (endlich) angekommen im Business

    Im Zuge von Big Data und der zunehmenden Vernetzung von Maschinen durch digitale Sensorik ist KI ein wichtiger Treiber für die zunehmende branchenübergreifende Digitalisierung von Geschäftsprozessen und -modellen. Durch die massenhafte Datenerzeugung ist der Bedarf an Systemen auf KI-Basis gestiegen, welche Daten sammeln, verknüpfen und automatisiert auswerten können, um Maschinen zu warten, den Service zu verbessern oder die eigene Wertschöpfung zu steigern.

    Neuronale Netzwerke oder maschinelles Lernen gibt es zwar bereits seit vielen Jahrzehnten, allerdings haben die Technologien seit wenigen Jahren durch die exponentiell gestiegene Rechenleistung und der größeren Verfügbarkeit von Daten eine enorme Entwicklung vollzogen. Somit sind sie jetzt in der Lage, ihr großes Potenzial freizusetzen. Unternehmen haben längst erkannt, dass sie dadurch datengetriebene Geschäfts- und Produktionsprozesse erfolgreich umsetzen können.

    Ganz gleich, ob jemand mit seiner Heizung, seinem Smartphone, seinem Fahrzeug oder seiner Produktionsmaschine ein Problem oder einen Defekt hat: Er erfährt vor Ort oder in der Hotline einen schnellen und guten Service, bei dem der Mitarbeiter oder die Supportseite stets die richtigen Fragen stellt, die richtigen Aktionen durchführt und die richtigen Entscheidungen trifft, damit das Problem schnell behoben werden kann. Dabei bemerkt er gar nicht, dass er dies KI-Technologien verdankt, die den Servicemitarbeiter oder ihn selbst im Portal im Hintergrund unterstützen. Auf Basis von KI führen bspw. sogenannte dynamische Entscheidungsbäume durch Frage-Antwort-Szenarien schnell und bequem zur richtigen Lösung. Gleichzeitig sorgen diese dafür, dass Service- und Reparaturprozesse immer mit der gleichen Qualität erledigt werden können.

    Die Frage nach einer neuen ‚Maschinenethik‘

    Da die Digitalisierung mit der Zeit alle Branchen ergreifen wird, wird der Einsatz von KI-Technologien sich nicht auf die genannten Bereiche beschränken. Als Beispiele seien das Gesundheitswesen, mit der datenbasierten Unterstützung von Ärzten bei der Behandlung von Patienten, sowie die sich im Umbruch befindliche Banken- und Versicherungsbranche genannt.

    Durch die Digitalisierung und den Einsatz von KI werden nicht nur neue Geschäftsfelder, sondern auch neue Berufsbilder entstehen. Zudem wird sich die schulische und berufliche Ausbildung nachhaltig verändern. KI wird in vielerlei Hinsicht die Arbeit erleichtern und dabei Kompetenzen verlagern. Schließlich muss z.B. jemand nicht nur das Fehlerprotokoll richtig verstehen können, sondern daraus auch die richtigen Entscheidungen treffen und Maßnahmen einleiten, wenn z. B. eine vernetzte Heizungsanlage einen Fehler meldet. Denn ganz ohne Techniker wird es nicht funktionieren. Der Mensch wird durch Künstliche Intelligenz nicht vollkommen abgelöst, er wird nur andere Aufgaben übernehmen.

    In der näheren Zukunft wird man sich auch Gedanken um ethische Regeln machen müssen. Zum anderen muss bei entsprechend fortschreitender Entwicklung eine Maschinenethik entwickelt werden: Gibt es einen Weg, einer Maschine unsere Werte und Moralvorstellungen zu vermitteln und sicherzustellen, dass die Maschine diese als Maßstab für ihr eigenes Handeln anlegt?

    Smarte Hightech-Produkte im Fokus der Wirtschaft

    Die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz in den letzten Jahren zeigt, dass sie mehr als nur ein Hype ist. Bei allen offenen Fragen bezüglich Ethik oder der zukünftigen Ausbildung bietet sie große Zukunftsperspektiven. Gerade in Deutschland, das seit vielen Jahrzehnten eine führende Rolle in der KI-Forschung einnimmt und einige der weltweit führenden Experten auf diesem Gebiet ausgebildet hat, eröffnen KI-Technologien enorme Chancen für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. Schließlich ist in Kaiserslautern mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) die „Wiege“ der deutschen KI-Forschung beheimatet. Wir sollten in der KI aber nicht versuchen, mit den Amerikanern oder den Chinesen, die auf diesem Gebiet auch außerordentlich aktiv sind, in den direkten Wettbewerb zu treten.

    Als Hightech- und Hochlohn-Land sollten deutsche Unternehmen diese Technologien unbedingt nutzen, um die eigenen Stärken auszubauen. Wenn wir KI-Technologie einsetzen, um unser Know-how besser zu nutzen und unsere eigenen Experten besser zu unterstützen, können wir unsere eigentlichen Kernkompetenzen digitalisieren und dann mit diesen „digitalen Diensten“ Geld verdienen, wie z. B. mit Hightech-Produkten, die selbst Anweisungen zur Wartung und Reparatur geben oder medizinische Geräte, die Vorschläge zur Behandlung machen.

    In der digitalisierten Welt gehören Hightech-Produkte und KI inzwischen immer zusammen. KI macht aus einem „sehr guten Produkt“ ein wirklich „smartes Produkt“. Ich bin davon überzeugt, dass wir mithilfe dieser Technologien die Chance haben, das bisher erfolgreiche Geschäftsmodell der „Deutschland AG“ in das digitale Zeitalter zu übertragen. Bei komplexen Produkten ist dies zweifellos schwieriger als das zielgerichtete Schalten von Werbung oder das Erkennen von Gesichtern auf einer Website. Die deutsche Wirtschaft ist vielleicht nicht überragend im Marketing, aber die Beherrschung von Komplexität ist eine ihrer Kernkompetenzen. KI kann uns dabei helfen, diese Kompetenz der Volkswirtschaft zu digitalisieren und so zukunftsfähig zu machen.

    Résumé

    In der aktuellen Diskussion werden die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz sicherlich „overhyped“ und wir befinden uns gewissermaßen in einer „Phase der Übertreibung“. Nichtsdestotrotz werden diese Technologien und die fortschreitende Digitalisierung einen tiefgreifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel vorantreiben, der teilweise bereits begonnen hat. Wir müssen uns jetzt mit den Chancen und Risiken auseinandersetzen, um die Zukunft mithilfe von KI aktiv zu gestalten – denn KI-basierte Anwendungen werden aller Voraussicht nach im Jahr 2020 eine allgemein umfassende Akzeptanz erreicht haben, ohne dass jemand noch großartig darüber sprechen wird.

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    Empolis ist führender Anbieter von Smart Information Management Software zur ganzheitlichen Erstellung, Verwaltung, Analyse, intelligenten Verarbeitung und Bereitstellung aller für einen Geschäftsprozess relevanten Informationen. Empolis‘ Ansatz ist die intelligente Verknüpfung von Knowledge- und Content Management gemäß dem Motto „Die richtige Information zur richtigen Zeit zur richtigen Person auf einem beliebigen Endgerät“.