Open Innovation ‒ Kreative Kollaboration auf höchstem Niveau

Autor – Dr. Julian Bahrs ist Senior Consultant bei der IPI GmbH

Ein verschärfter Wettbewerb und die Dringlichkeit, sich auch über einzigartige Produkte vom Markt abzuheben, führen dazu, dass Unternehmen zunehmend Interessenten, Nutzer und Kunden in ihren Innovationsprozess einbinden. Wie offen das Innovationsmanagement dabei sein darf, spielt bei der Definition des Vorgehens eine wichtige Rolle, denn zahlreiche Beispiele aus dem Business-to-Consumer-Markt mahnen zur Vorsicht. Wer unerwartetes „Spaß-Feedback“ bei Mitmach-Aktionen vermeiden möchte, sollte zunächst die grundlegenden Optionen prüfen. Man denke beispielsweise an die Produzenten von Pril, die im Web ihre Fans dazu aufgefordert hatten, neue Designs für die Spülmittelflasche zu kreieren. In der Community avancierte eine Flasche mit der Aufschrift „Schmeckt lecker nach Hähnchen“ schnell zum Publikumsliebling.

Closed- vs. Open-Modus

Im Innovationsmanagement gibt es zwei gegensätzliche Ausrichtungen: Im „Closed“-Modus entwickeln Experten eines Unternehmens im Verborgenen neue Produkte und Produkterweiterungen. Auch die Ergebnisse werden zunächst nur hinter den Kulissen diskutiert und bewertet. Das Risiko bei diesem Vorgehen besteht darin, dass es zunächst nur von den Experten und ihrer Einschätzung des Marktes abhängt, ob die richtigen Entscheidungen für ein Produkt getroffen wurden. Erst im Anschluss am die Produktentwicklung wird das Feedback von Anwendern, der Verkaufsabteilung, dem Service und auch bezahlten Produkttestern eingeholt. Mit diesen externen Rückmeldungen kann dann das Produkt zwar erneut weiterentwickelt werden, doch ist diese Zeitverzögerung für einen schnelllebigen Markt zu langwierig. Denn die Zeitspanne, in der hier unter Umständen am Marktbedarf vorbei entwickelt wird, nutzt die Konkurrenz, um die eigenen Marktanteile auszubauen. Ein weiterer Nachteil dieser Strategie: Es wird üblicherweise nur die Umsetzung ausgesuchter Ideen verfolgt, dabei jedoch die eigentliche kreative Ideenentwicklung vernachlässigt.

Das Gegensatz dazu steht der als Open Innovation bezeichnete Prozess. Im „Open“-Modus wird die Ideengenerierung, -sammlung und -bewertung für zusätzliche Akteure geöffnet. Beispiele hierfür sind Ideen- und Gestaltungswettbewerbe. Wahlweise werden eine anonyme Öffentlichkeit oder auch eine Expertenjury aufgerufen, Ideen und Ansätze zu bewerten. Häufig werden zur Motivation attraktive Sachpreise ausgeschrieben. Auf einer eigenen Webseite oder über Social-Media-Kanäle lassen sich Massen anziehen und begeistern. Mit diesen Aktionen lässt sich großes Potenzial erschließen ‒ jedoch gibt auch Risiken zu berücksichtigen. Unabhängig von der Entwicklung neuer Produktideen profitieren Firmen jedoch zusätzlich von der „Kommunikationswelle“, die mit solchen Aktionen einhergeht. Die Stärkung der Kundenbindung ist deshalb meist die wichtigste Motivation hinter solchen Ideenwettbewerben.

Zielen Open Innovation-Aktionen auf die Entwicklung umsetzbarer Produktideen, ergibt sich nicht selten ein Problem: Die Aufgabenstellung selbst sowie die eingereichten Vorschläge sind im Internet frei verfügbar und können somit auch von Wettbewerbern beobachtet und realisiert werden. Auch lässt die Formulierung der Aufgabenstellung Produktdetails, Problemstellungen und Zielkonflikte erkennen, die man als Hersteller eigentlich nicht öffentlich kommunizieren möchte. Sind die Anforderungen darüber hinaus zu detailliert und technisch abgefasst, besteht zusätzlich die Gefahr, dass sie für Dritte völlig unverständlich sind. Daher sind Open-Innovation-Ansätze für bestimmte Marktsegmente ungeeignet.

Kombination der Ansätze als Alternative

Vergleicht man beide grundlegenden und hier stereotyp dargestellten Varianten des Innovationsprozesses, „closed“ und „open“, so sind sie jeweils mit etlichen Chancen, aber auch mit teils erheblichen Nachteilen verbunden. Speziell der Umgang mit Open-Innovation-Methoden sollte von Unternehmen sehr sorgfältig geprüft werden.

Die beiden Ansätze verfolgen mit unterschiedlichen Mitteln jedoch ein identisches Ziel: Es geht um die systematische Generierung von guten Ideen. Und auch der Innovationsprozess ist gekennzeichnet durch Phasen, die für beide Varianten gelten: Ideen werden gemeinschaftlich gesammelt, dann folgen Bewertungs- und Filterrunden durch die „Crowd“ und häufig abschließend auch eine Bewertung durch einen Expertenrat, der häufig auch Entscheidungen trifft. Danach folgt durch interne Projektteams die eigentliche Umsetzung der verabschiedeten Ideen. Bislang wurden hier Extrempositionen gezeigt. Eine gute dritte Variante ist die Kombination der Ansätze, um eine Balance zwischen Offenheit und Kontrolle zu erreichen, um gleichzeitig Open-Innovation-Potenziale zu erreichen.

Ideengeber auswählen und Beteiligung begrenzen

Die Risiken, die für die vorgestellten Closed- bzw. Open-Varianten aufgezeigt wurden, lassen sich durch zwei Faktoren erheblich minimieren: Die Auswahl der am Innovationsprozess beteiligten Personen und die Art der Beteiligung.

Beschränkt man die angesprochenen Teilnehmer und verzichtet hierbei auf Anonymität, lassen sich in dem daraus resultierenden halb-offenen Innovationsprozess sehr gute Produktideen und -verbesserungen entwickeln. Es sind völlig neue Anwendungsfelder möglich, denn es können auf diese Weise auch vertrauliche oder fachlich detaillierte Situationen in der Aufgabenstellung berücksichtigt werden. Eine häufig verwendete Beschränkung ist der Fokus auf Mitarbeiter des eigenen Unternehmens. Gemeinsam kann dann beispielsweise nach Optimierungspotenzialen für interne Prozesse gesucht werden. Dabei liegt ein wesentlicher Aspekt in der Motivation der Mitarbeiter, die möglichst zu aktiv Gestaltenden werden sollten. Für die Beteiligten müssen daher der unmittelbare Effekt und der Nutzen für die Verbesserung des Arbeitsalltags sichtbar werden. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor liegt daher in der Einführung, der Kommunikation und im Management der Ideengeber-Community.

Andere Möglichkeiten ergeben sich, wenn innerhalb des Unternehmens beliebige Gruppen und Kombinationen für die Teilnehmer gewählt werden. Denkbar ist auch, die Besetzung des Entscheidungsgremiums enger zu wählen und über Bewertungen und Entscheidungen ausschließlich den Ideengeber zu informieren, so dass eine Diskussion mit möglicherweise Betroffenen entfällt. Doch hat diese eingeschränkte Auswahl einen Nachteil, der bedacht werden muss: Es können bei diesem Verfahren inspirierende Effekte verloren gehen, denn durch das Bewerten von Ideen und Beobachten von Teilnehmern entstehen häufig neue Ideen oder auch passendere Varianten. Eine praktikable Variante wäre daher, die Mitarbeiter an einer ersten Bewertungsstufe teilnehmen zu lassen und endgültige Entscheidungen später in weiteren Gremien zu fällen.

Modifizierter Beteiligungsprozess beim Innovation Management

Open Innovation mit SharePoint

SharePoint-basierte Intranets lassen sich auch um Open Innovation-Prozesse erweitern. Soll das kreative Potenzial von Mitarbeitern oder externen Ideengebern erschlossen werden, setzen Unternehmen meist auf eine spezifische Anwendung, die auf den Use-Case abgestimmt wird. Dafür stellt beispielsweise IPI mit seinem Innovation Center eine Lösung bereit, mit der Innovationsräume sehr schnell genutzt werden können.

Übrigens sind weitere Prozessvarianten auch in Kombination möglich, etwa wenn in voneinander getrennten Innovationsräumen zum einen gemeinsam mit Kunden und zum anderen mit Mitarbeitern Ideen entwickelt werden. Der Ideenmanager behält den kompletten Überblick über die Kommunikationsprozesse. So können beispielsweise Kundenideen (auch für den Kunden nicht sichtbar) zusätzliche Bewertungsstufen durchlaufen. Bei diesem Vorgehen ist eine durchdachte Rechtevergabe erforderlich, die in fertigen Lösungen für das Innovationsmanagement natürlich enthalten ist

Innovationspotenzial in Kundennetzwerken

Ein international operierender Softwarehersteller bezieht seine Kunden bei der Gestaltung zukünftiger Produktversionen konsequent mit ein. Hierzu wurde eine Extranet-Plattform auf der Basis von SharePoint eingerichtet und mit zusätzlichen Social Media-Funktionen versehen. Das Extranet richtet sich an alle externen Kooperationspartner des Unternehmens. Sowohl Interessenten, Vertriebspartner und Endanwender sind angesprochen.

Ziel ist es, Service und Informationen rund um das Produkt und dessen Nutzung anzubieten und gleichzeitig die Erfahrungen der Anwender zu spiegeln. Entsprechend sind auch der Service und das Eröffnen von Trouble-Tickets enthalten. Das Extranet ist darüber hinaus als Community angelegt. Es ist explizit erwünscht, dass Kunden und Partner in einen intensiven Dialog über ihre Erfahrungen treten. Auch Mitarbeiter des Softwareunternehmens sind hier eingebunden. Die Beiträge der Beteiligten sind jeweils mit echten Namen sowie der Unternehmenszugehörigkeit gekennzeichnet. Dadurch werden Spam, Vandalismus und Beleidigungen vermieden.

In Innovationsräumen kann die Balance zwischen Open Innovation und dem Schutz des Know-hows hergestellt werden. Gleichzeitig profitiert der Innovationsprozess davon, dass die potenziellen Ideengeber eine hohe Produktkenntnis haben. In begrenzten Rahmen wird die gegenseitige Beeinflussung und Inspiration der Teilnehmer am Ideenwettbewerb ermöglicht. Beispielsweise werden Ideen online in der Community diskutiert oder durch die Vergabe von Punkten bewertet. Der Softwarehersteller nutzt so die Power der Gruppe nicht nur für die Ideengenerierung. Ein weiterer Effekt ist die nachhaltige Bindung der jeweiligen Beteiligten an die eigenen Produkte und Lösungen. Daneben werden Kundenbetreuung, Service und Innovationsprozess wirkungsvoll zu einem stimmigen Gesamtkonzept verknüpft.

www.ipi-gmbh.com

Dr. Julian Bahrs ist Senior Consultant bei der IPI GmbH, die sich als Intranet-Agentur auf interne Unternehmenskommunikation und Fachapplikationen auf Basis von Microsoft SharePoint fokussiert. Die IPI GmbH ist spezialisiert auf die Themen globale Social Intranet- und Collaboration-Lösungen. Aus einer Hand werden Kommunikations- und Fachberatung sowie Projekt-Realisierung von Intranet-Lösungen angeboten.