Autor – Frank Zscheile, freier IT-Journalist für PROCAD GmbH & Co. KG
Plattformen für den Dokumentenaustausch gibt es einige, viele davon in der einfachen Ausführung sogar als Freeware. Schwachpunkt dieser Lösungen ist häufig die mangelnde Sicherheit und Steuerbarkeit. Im privaten Bereich mögen die Produkte ihren Zweck erfüllen, im professionellen Umfeld hingegen sind Dokumentenlenkung, Versionierung und Rechtevergabe verpflichtende Kriterien. Hier empfiehlt sich der Einsatz professioneller Tools, wie Beispiele aus dem Maschinen- und Anlagenbau zeigen. Entwicklungs- und Konstruktionsabteilungen stehen beim Austausch technischer Dokumente vor der Herausforderung, große Daten sicher zum Partner transferieren zu müssen. E-Mail und FTP sind dort noch immer häufig genutzte Transportwege für technische Dokumente aus dem CAD- und Konstruktionsbereich. Dabei weisen beide Verfahren deutliche Nachteile auf: E-Mail-Verkehr ist unsicher und für große Dateien wenig geeignet. Beim FTP-Transfer werden Dateiversionen unkontrolliert überschrieben, die Protokollierung ist unzureichend, ferner sind nur Up- und Download möglich.
Deshalb sind viele Unternehmen in Industrie, Maschinen- und Anlagenbau bereits umgeschwenkt auf professionelle Dokumentenaustausch-Plattformen. Auch für die Maschinenfabrik Reinhausen GmbH mit Hauptsitz in Regensburg und mit über 20 Tochter- bzw. Beteiligungsgesellschaften weltweit bildet die Kommunikation mit Zulieferern und Tochterunternehmen einen wichtigen Bestandteil des Prozesses vom Angebot bis zur Auslieferung.
Dokumentenaustauschprozess vereinheitlichen
2012 entschied sich das Unternehmen, den Dokumentenaustauschprozess, u.a. für sensible Daten wie CAD-Modelle, hochvolumige Simulationsdaten oder Patentschriften, einheitlich zu definieren und ein passendes Softwarepaket zu implementieren. Zu den Anforderungen zählten die Datensicherheit, Nachvollziehbarkeit der Aktivitäten und Eindeutigkeit der Versionsstände – es sollte nicht mehr vorkommen, dass Unklarheiten über die aktuelle Dateiversion herrschen. Auch Externe sollten sich einfach integrieren lassen.
Für die Projektzusammenarbeit wird nun das Filetransfer-Tool Proom eingesetzt: Entwicklungs-, Konstruktions- und Einkaufsabteilungen können darüber große und änderungsintensive technische Dokumente wie CAD-Zeichnungen, Änderungsaufträge oder Ausschreibungen mit Partnern gesteuert austauschen. Kommunikation und der Transfer von Dokumenten laufen in Echtzeit über einen Projektraum, statt lokaler Kopien bei jedem Partner befinden sich die Dokumente an zentraler Stelle. Zutrittsberechtigungen sorgen für Sicherheit, Monitoring-Funktionen protokollieren, wer wann was an welchen Dateien geändert hat; ein Versionsmanagement dokumentiert die Entwicklungsschritte.
Dokumentenfluss wird nachvollziehbar
Die Software lässt sich sowohl in der Cloud installieren – Procad nutzt dazu die Azure-Server von Microsoft – als auch auf den eigenen Servern. Die Anwender können über ein Webinterface so genannte Projekträume einrichten. Der Ersteller eines Projektraums lädt die weiteren am Prozess Beteiligten ein, so dass auch diese Zugriff auf den Projektraum haben. Zugangsrechte auf die Daten lassen sich fein abstufen, so dass beispielsweise mehrere Firmen Zugriff auf die notwendigen Daten erhalten, um ein Angebot für eine Baugruppe abgeben zu können. Sie können nur ihre eigenen Daten einsehen, aber nicht ihre Mitbewerber oder deren Daten.
Zusammenarbeit über einen Projektraum
Heute wird die Plattform bei Reinhausen bereits in der Angebotsphase eingesetzt. Der Konstrukteur stellt die notwendigen Daten im Projektraum bereit, der zuständige Einkäufer lädt dann die potenziellen Lieferanten in den Projektraum ein und der Dokumentenaustausch läuft transparent und sicher weiter. Der Lieferant kann sich die Daten herunterladen und mit ihnen arbeiten, beispielsweise CAD-Modelle, die meist in Neutralformaten wie STEP oder IGES ausgetauscht werden. Hat er fertigungsbedingte Änderungen an den Modellen, kann er diese zur Klärung über die Dokumentenaustausch-Plattform zurückspielen. Arbeiten zwei Datenaustauschpartner am selben Modell, stellt das System sicher, dass sie die Daten des anderen nicht überschreiben können.
Projektraum – Startseite
Beschaffungsprozess als dynamische Beziehung
Einkäufer im Maschinen- und Anlagenbau arbeiten in der Regel mit ERP-Systemen oder speziellen Supplier Relationship Management (SRM)-Tools, die Beschaffungsprozesse weitestgehend automatisieren. Da Bestellungen von Maschinen oder Maschinenteilen nicht selten aus über hundert Positionen bestehen, handelt es sich hierbei um komplexe Beschaffungsvorgänge, die sich häufig über einen längeren Zeitraum erstrecken. Zu den verschiedenen Positionen gibt es eine Vielzahl an begleitenden Dokumenten, die so genannten Spezifikationen, welche dem jeweiligen Lieferanten zu übermitteln sind.
Doch industrielle Beschaffungsprozesse sind sehr komplex. Den was nun folgt, kennen Einkäufer eines jeden Anlagenbauers, auch bei Reinhausen: Nach der initialen Bestellung treten Änderungswünsche auf. Die Konstruktionsabteilung hat Anpassungsvorschläge, weswegen die Bestellung in Folge mehrfach geändert und nochmals übermittelt werden muss, was wiederum jedes Mal mit einer Anpassung der Spezifikationen einhergeht. Weil beide Prozesse – Bestellung und Dokumentenhandling – voneinander entkoppelt ablaufen, weiß der Einkäufer im Rahmen des Iterationsprozesses irgendwann nicht mehr, welche Spezifikationsversion zu welcher Bestellung gehört.
Der Beschaffungsprozess im Maschinen- und Anlagenbau ist daher stets intern mit einer intensiven Kollaboration zwischen der Konstruktionsabteilung und dem Einkauf sowie auf externer Seite mit dem Lieferanten verbunden. Die Schwierigkeit besteht in der Steuerung der Kommunikation, da häufig alle Beteiligte autark miteinander sprechen und damit jeder über einen anderen Informationsstand verfügt. Dem Einkäufer obliegt es, die gesamte Kommunikation und die mit ihr verbundene Dokumentation zusammenzuführen. Die Herausforderung dabei ist der häufige Austausch vieler und großer Dateien in unterschiedlichen Versionen. Hierfür bietet es sich an, das ERP- oder SRM-System um eine Dokumentenaustausch-Plattform wie Proom zu ergänzen. Der Einkäufer lädt dabei seine Dokumente nicht mehr einmalig im SRM hoch. Er verlinkt in der Bestellung vielmehr auf die Plattform, in der sich dann das gesamte Spektrum aller bestellbezogenen Dokumente in ihren jeweiligen Versionen und Zusammenhängen übersichtlich abbilden lässt. Auf einen Blick sieht er, welche Spezifikation die aktuelle ist und in welchem Zusammenhang sie zu einer Bestellung steht.
Fazit
Durch die Ergänzung eines ERP- bzw. SRM-Systems durch eine Dokumentenaustausch-Plattform bleibt der Bestellprozess im unternehmenseigenen System, während die Dokumentenlenkung über das externe Tool gesteuert wird. Stößt der Einkäufer einen neuen Bestellprozess im ERP/SRM an, eröffnet er parallel einen neuen virtuellen Projektraum in der Dokumentenaustausch-Plattform. Dort kann er für die einzelnen Prozessbeteiligten Rollen und Zugriffsrechte anlegen, welche wiederum Dokumente beliebiger Größe austauschen und bearbeiten können. Einkaufsabteilungen können auf diese Weise ihre Beschaffungsprozesse übersichtlicher, sicherer und vor allem auch nachvollziehbar gestalten.
www.procad.de/unternehmen
Frank Zscheile, freier IT-Journalist, München. Die PROCAD GmbH & Co. KG mit Hauptsitz in Karlsruhe ist Spezialist für Lösungen im PLM, PDM und DMS und beschäftigt mehr als 100 Mitarbeiter/innen. Das Produktportfolio umfasst die PDM-/DMS-Lösung PRO.FILE zur Verwaltung aller Daten und Dokumente im Produktlebenszyklus, PRO.CEED zur Lenkung und Automatisierung durchgängiger PLM-Prozesse sowie die Dokumentenaustauschplattform PROOM.