Leonie Walter, Redakteurin der CSP GmbH & Co. KG
In der Fahrzeugproduktion gehören Verschraubungen zu den besonders funktions- und sicherheitskritischen Prozessen. Umfangreiche Prüfungen schließen Gefahren für Fahrzeuginsassen durch die fehlerhafte Verbindung von Bauteilen aus. Mehrere Normen und Richtlinien regeln die Rahmenbedingungen für die sichere Verschraubung. Maßgeblich sind hier unter anderem das Produkthaftungsgesetz, verschiedene VDI-Richtlinien sowie die ISO 6789. Demnach müssen die Prozesse exakt dokumentiert und bestimmte Mindestanforderungen an Schraubwerkzeuge und -systeme erfüllt werden. Das besondere Augenmerk von Qualitätsbeauftragten und Instandhaltern gilt vor allem dem Aufspüren von Fehlern in der jeweiligen Sicherheitsstufe.
Basis für die durchgängige Qualitätsprüfung von Werkzeugen und Produkten sind die Messwerte aus den verschiedenen Prozessen. Das Audi-Werk in Neckarsulm hat seit einiger Zeit die Prüfprozesse am gesamten Standort mit Hilfe der Software QS-Torque von CSP GmbH & Co. KG optimiert. Diese verwaltet unter anderem die Messwerte und ermöglicht Auswertungen. In Neckarsulm werden in vier verschiedenen Montagebereiche die Fahrzeugtypen A4, A6, A8 und R8 gefertigt. Hierbei kommen unterschiedlichste Schraubtechniken und Werkzeuge zum Einsatz, wie die Akkuschraubtechnik sowie die EC- und Impuls-Schraubtechnik. Zudem werden Knickschlüssel sowie auch elektrische Drehmomentschlüssel überprüft. Im Speziellen stehen an der Produktionslinie die Verschraubungen der Risikoklassen A und B im Fokus, für die nach Definition einer VDI-Richtlinie besonders hohe Sicherheitsanforderungen gelten.
Das Audi-Planungsteam hat für die Montagebereiche pro Tag eine bestimmte Anzahl von Stichprobenprüfungen für die Drehmomente vorgesehen, die vom System in Listenform angezeigt werden. Die Prüfungen finden in variablen Zyklen am Band statt. Zusätzlich werden auch die Werkzeuge in regelmäßigen Abständen auf der Prüfbank unter die Lupe genommen.
Automatisierte Dokumentation
Alle gemessenen Werte aus den Prüfungsvorgängen werden in einem automatisierten Prozess dokumentiert, archiviert und ausgewertet. Steht ein Audit an, kann auf Knopfdruck der Nachweis über einen stabilen Prozess erbracht werden, da sämtliche Messwerte zentral gespeichert sind. „Die automatisierte und vollständige Dokumentation der zahlreichen Prüfungen ist besonders wichtig“, bestätigt Chris Mayerhöffer, Mitarbeiter der Standortplanung bei Audi Neckarsulm. Beispielsweise sind bei der Anschaffung neuer Maschinen so genannte Maschinenfähigkeitsuntersuchungen (MFU) notwendig, die durch die automatisierte Dokumentation weniger Arbeitsaufwand für die Qualitätssicherung erfordern als bisher. Bei einer solchen Untersuchung wird für die Maschine geprüft, wie sie sich hinsichtlich der Realisierung vorgegebener Merkmale und Qualitätsanforderungen verhält. Die Fähigkeitsnachweise können nun automatisch ausgewertet werden. Entsprechende Grenzwerte wurden zuvor definiert und sind softwareseitig hinterlegt.
Kurvenauswertungen zu den einzelnen Verschraubungen sind für die Qualitätssicherung eine besondere Unterstützung. Die Messdaten aus der Verschraubung werden hierzu in Schraubkurven visualisiert und sogar für Vergleichsdarstellungen übereinandergelegt. Dadurch ist für den Qualitätsprüfer sehr viel schneller ersichtlich, wo bereits Fehler im Prozess aufgetreten sind oder wo sich gegebenenfalls aktuell neue Fehler abzeichnen.
Qualitätsanalysen und -auswertungen
Darüber hinaus tragen regelmäßige Auswertungen und Statistiken zur kontinuierlichen Sicherung des Prozesses bei. Sie ermöglichen beispielsweise jederzeit den Überblick über die wichtigsten Qualitätsinformationen zu einem Bauteil oder einer Baugruppe. Treten bei Stichproben an einer Linie Prüfungen mit NIO-Status („nicht in Ordnung“) auf, dann lassen sich im Audi-Werk geeignete Maßnahmen frühzeitig ergreifen: Beispielsweise werden die Werkzeugeinstellungen neu vorgenommen oder andere Prozessverbesserungen durchgeführt.
Bei der Auswahl der CAQ-Software für die Werkzeug- und Produktprüfung durch das Projektteam war die Herstellerneutralität ein wichtiges Kriterium. Damit ist langfristig sichergestellt, dass das bewährte Tool selbst beim Wechsel auf neue Technologien weiterhin genutzt werden kann. Der Automobilhersteller bleibt auf diese Weise auch langfristig flexibel bei der Wahl von neuen Schraubgeräten, Prüfschlüsseln und Prüfbänken in der Produktion.
Individuelle Zugriffsberechtigungen
Beim Thema Qualitätssicherung in der Produktion spielen auch die Zugriffsrechte eine wichtige Rolle – insbesondere wenn, wie bei Audi Neckarsulm, Anwender aus mehreren Bereichen unterschiedlichste Anforderungen an die Software stellen. Im Rahmen der Werkzeug- und Produktprüfung sind es täglich bis zu 50 Nutzer.
Während die Planer Vorgaben und Richtlinien für die Prüfprozesse festlegen, ist das Instandhaltungsteam für die Durchführung der Prüfungen zuständig. Es bewährt sich hier, dass für jeden Mitarbeiter individuell genau die Informationen zur Verfügung stehen, die für den jeweiligen Bereich benötigt werden. Für Anwender, die Stammdaten anlegen und Prozesse einrichten können, gelten daher andere Einstellungen und Zugriffsrechte als für diejenigen, die die Prüfungen durchführen. Die Mitarbeiter aus der Qualitätssicherung kommen hingegen mit einer reinen Leseberechtigung aus.
Global aufgestellt
Vom Werk Neckarsulm aus wird zudem der Standort Indien betreut. Für den Rollout der Werkzeug- und Produktionsprüfung mit der Software sowie die Schulung und Betreuung der indischen Kollegen holte sich das Projektteam Unterstützung vom Softwarehersteller. Dadurch ließ sich der Projektaufwand in den eigenen Reihen geringhalten. Gleichzeitig wurde so standortübergreifend ein besonders hohes Sicherheitsniveau bei Verschraubungen erreicht.
Die CSP GmbH & Co. KG wurde 1991 gegründet und ist auf innovative Softwarelösungen für fertigende Unternehmen spezialisiert. Das Unternehmen leistet bei seinen Kunden neben der Implementierung und Anpassung von Standardlösungen auch umfassende Beratung sowie Support. CSP hat zahlreiche internationale Referenzkunden im Automotive-Bereich.