Autoren: Andreas Köster, Consultant und Melissa Bohlsen, Communications Managerin bei der BIG Social Media GmbH
Die Mehrheit der Unternehmen in Deutschland ist inzwischen im Social Web aktiv, tut sich jedoch schwer mit der richtigen Umsetzung der entsprechenden Strategien. So sind häufig die betrieblichen Prozesse noch nicht auf den Dialog mit den Kunden abgestimmt oder Unternehmen filtern nicht die relevanten Beiträge über ihre Produkte und Branche aus der Fülle an Informationen heraus. Ganz im Gegenteil: Bislang verweisen auch große Unternehmen auf ihren Social Media-Präsenzen auf statische Webseiten, auf denen nur eine einseitige Kommunikation möglich ist.
Doch die Macht des vernetzten Users wächst weiter und zwingt Unternehmen insbesondere im Bereich des Kundenservice, sich den neuen Bedingungen anzupassen. Die zunehmende Bedeutung der digitalen Kommunikation macht eine Neustrukturierung und Beschleunigung der internen Kommunikationsprozesse notwendig, die nahezu sämtliche Unternehmensbereiche betrifft.
Nur gefilterte und strukturierte Daten liefern unternehmensrelevante Informationen
Die riesigen Datenmengen, die in den Social Media jeden Tag entstehen, sind kaum ohne ein professionelles Tool in den Griff zu bekommen. An dieser Stelle greift das Social Customer Relationship Management. Im Fokus des Social CRM steht, wie auch im klassischen CRM, der Kundendialog. Jedoch bieten die erfassten Daten völlig neue Möglichkeiten für Bereiche wie Marketing, Public Relations, Vertrieb, Customer Care und Produktentwicklung. So geben User online viele Informationen über Kaufverhalten, Markenwissen und Freizeitgestaltung preis, die wichtige Erkenntnisse für das Unternehmen bergen. Für einen optimalen Social CRM-Prozess filtert zunächst das Monitoring alle relevanten Daten und strukturiert diese. Je nach Zuständigkeit können diese dann sortiert und aufbereitet werden, oder es wird der direkte Dialog mit dem Kunden gesucht. Monitoring, Analyse und Interaktion sind feste Bestandteile des Social CRM.
Bild 1: Vielfältiger Nutzen von Social CRM
Die Verteilung der Daten erfolgt in alle relevanten Unternehmensbereiche und folgt festgelegten Prozessschritten. Professionelle Tools bieten zudem die Möglichkeit, Daten passiv zu verwerten, sondern auch aktiv eigene Social Media-Kanäle zu bespielen. Sie bieten etwa die Möglichkeit, über einen integrierten Redaktionsplan beispielsweise Marketing-Inhalte im Vorfeld zu planen, zu erstellen, freizugeben und automatisch über definierte Kanäle zu versenden. Die Kommunikation kann somit auch bei einer Vielzahl unterschiedlicher Kanäle zentral gesteuert werden.
Auf Kommunikation der User richtig reagieren
Für Unternehmen ergeben sich reichhaltige Chancen, über ein Social CRM-System die öffentliche Kommunikation der User für ihre Vorteile zu nutzen. Welcher Handytarif ist für mich der Beste? Wo bleibt meine Bestellung? Wann kommt denn der nächste Zug von München nach Frankfurt? – dies sind nur einige der typischen Fragen. Neben Fragen zu Produktkauf oder Rechnungen äußern sich Kunden auch zu anderen Themen, wie etwa Ideen zur Produktverbesserung. Zudem profitiert auch die Marktforschung erheblich von den neu erhobenen Daten. Deutlich schneller und kostengünstiger als mit klassischen Datenerhebungen können User Beiträge analysiert und so die Zielgruppe genauer erfasst werden. Die Kommunikation sowie Prozesse können somit wesentlich stärker am Kunden ausgerichtet werden.
Die User nutzen nicht nur die ihnen angebotenen Kanäle, etwa die unternehmenseigene Facebook-Seite, sondern wählen die ihnen am nächsten liegenden zur Kommunikation. Der bisherige Kundendialog kann dadurch, dass die Zielgruppe besser bekannt ist über viele Ansätze optimiert werden. Etwa indem die richtigen Ansprechpartner mit dem passenden Hintergrundwissen bei Fragen zur Verfügung stehen, oder Unternehmen auch auf den vom Kunden gewählten Plattformen in den Dialog einsteigen.
Durch die Optimierung der Kommunikationsprozesse wird es – dies ein wertvoller „Nebeneffekt“ – leichter, auf Risikoquellen zu reagieren. Zwar werden bereits durch das Monitoring kritische Beiträge im Netz identifiziert, doch erst durch das Social CRM wird eine zeitnahe und passgenaue Antwort entsprechend der geplanten Prozesse ermöglicht. Es ist für einen Service-Agenten beispielsweise ersichtlich, wer der Autor ist, wie hoch seine Reichweite ist und in welcher Tonlage er auf welchen Plattformen aktiv ist. Die Professionalisierung des Dialogs kann durch FAQ`s erreicht werden, auf die die Mitarbeiter zurückgreifen können, oder auch durch thematische Zuständigkeiten, in denen der jeweilige Experte für das Thema antwortet. Für jeden denkbaren Vorfall kann im Social CRM ein Prozess hinterlegt werden, (mit definierter Zuständigkeit und Vorgehen), um durch eine zeitnahe und optimierte Reaktion einer möglichen Eskalation vorzubeugen. Denn die Dynamik, die einzelne Posts je nach Reichweite des Autors oder der Brisanz eines Vorfalls entwickeln können, sollte nicht unterschätzt werden – wie immer wieder auftretende „Shitstorms“ zeigen.
Anonyme User werden zu bekannten Kunden
Über Profilerstellung können anonyme User zu greifbaren Kunden im CRM werden. Dazu folgendes Beispiel: ein Mann, aufgewachsen in England, Jahrgang 1948, das zweite Mal verheiratet, macht gerne Winterferien in den Alpen und mag Hunde – Wer ist hier beschrieben: Prinz Charles oder Ozzy Osbourne? Beide! Obwohl die Profile genauer sind, als sie es in den meisten klassischen CRM-Datenbanken vorzufinden wären, sind sie schlicht nicht differenzierbar. Werden jedoch die Facebook-Profile hinzugenommen, sind beide deutlich unterscheidbar. Das unterschiedliche soziale Umfeld, verschiedene Fans, andere Interessen und andere Likes erweitern das Profil und machen eine individuelle Kommunikation erst möglich.
Bild 2: Gleiche Datensätze im CRM – User können nicht unterschieden werden
Bild 3: Social Media-Profile machen aus Datensätzen differenzierbare Personen
Doch damit nicht genug – Kunden kommunizieren nicht nur auf einer Plattform und nicht immer mit gleichem User-Namen oder Pseudonym. Wie kann ein Unternehmen nun die Beschwerde von „Mausi007“ auf Twitter, „Matze Müller“ auf Facebook und die Reklamation der Bestellung des roten Pullovers von „Martina Müller“ einem einzigen Kontakt zu ordnen? Durch die Datenschutzrichtlinien in Deutschland ist die Erfassung und Verknüpfung dieser Daten durch einige Hürden erschwert. Der Kunde muss der Erfassung und Verwendung der Daten zustimmen – nur dann darf ein Abgleich mit der eigenen Datenbank erfolgen. So müsste „Mausi007“ dem Verkäufer des roten Pulli den Klarnamen, oder etwa auch, dass sie Matze Müller ist, mitteilen. Dies werden User jedoch nur tun, wenn sie der Social Media-Präsenz des Unternehmens Vertrauen schenken. Dies kann etwa durch einen konstanten Auftritt und Zuverlässigkeit in der Kommunikation erreicht werden oder durch einen konkreten Vorteil für den Kunden, wie beispielsweise individuelle Serviceleistungen.
Weitere Möglichkeiten, die User zur Datenfreigabe zu motivieren, sind Gamification-Ansätze und Bonusprogramme. Egal welche Möglichkeit genutzt wird, immer gilt: Je transparenter das Unternehmen handelt und je genauer der Kunde versteht, für welche Zwecke seine Daten eingesetzt werden, desto eher ist er bereit, diese preiszugeben. Da die Kommunikation in Social Media überwiegend öffentlich stattfindet, ist die Qualität und Reaktionszeit für alle anderen User sichtbar und beeinflusst die Reputation eines Unternehmens erheblich. Nicht umsonst agierten immer mehr Unternehmen nach dem Grundsatz „Service ist das neue Marketing!“
Fazit
Die technologische Lösung eines Social CRM bietet eine deutliche und vor allem messbare Verbesserung der Erreichbarkeit, Zuverlässigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit in der digitalen Kundenkommunikation. Durch den permanenten Austausch mit Usern können Unternehmen umfangreiche Informationen über akute Kundenbedürfnisse gewinnen und optimalen Service bieten. Sollen personenbezogene Kundendaten gespeichert und ausgewertet werden, liegen die eigentlichen Herausforderungen weniger in der technischen Umsetzung als vielmehr in der richtigen Strategie den Kunden von seinen individuellen Vorteilen durch dieses Vorgehen zu überzeugen.
Andreas Köster, Consultant bei der BIG Social Media GmbH, und Melissa Bohlsen, Marketing und Communications Managerin bei der BIG Social Media GmbH. Das Unternehmen wurde 2002 von Prof. Dr. Gentsch als Startup gegründet und ist seitdem im Bereich Business Intelligence, Web Intelligence und Social Media Management & Monitoring tätig. Als Technologieführer im Bereich Social Media Monitoring und Interaction betreut die BIG zahlreiche nationale und internationale Kunden.