Andreas Hepfner, Geschäftsführer der VIALUTIONS GmbH, Leiter der SharePoint-Aktivitäten
ECM, ERP, Collaboration, Compliance, Rendition-Services, Office-Integration
SharePoint lässt viele DMS-Funktionen missen – etwa Compliance, Rendition-Services oder Capture. Unternehmen können diese einzeln nachrüsten oder aber SharePoint mit einem richtigen DMS kombinieren. Dieser Beitrag erläutert die Grenzen von SharePoint und Ansatzpunkte für die Integration in eine professionelle Dokumentenmanagement-Plattform.
Microsoft konzipierte den SharePoint Server von Anfang an als Portalbaukasten. Aufgrund seiner offenen und anpassungsfähigen Architektur deckt das Produkt alle erdenklichen Einsatzszenarien rund um Dokumentenablage, Zusammenarbeit und Unternehmensportal ab. Die Skala der Funktionen reicht von einem eher statischen Intranet-Informationsportal über einen intelligente Dokumentenspeicher bis hin zur Kommunikation und einer gemeinsamen Dokumentenbearbeitung. Einen Königsweg der „richtigen SharePoint-Verwendung“ gibt es nicht, jedes Unternehmen muss den für sich angemessenen Weg finden, um SharePoint gewinnbringend einzusetzen. Aus Anwendersicht sehr bequem ist die enge Office-Integration, die wichtige SharePoint-Funktionen auf einfache Weise in Word, Excel und Co. bereitstellt. So lassen sich grundlegende Dokumentenmanagement-Funktionen einfach nutzen, beispielsweise Versionierung, Check-in/Check-out, eindeutige Dokumenten-ID, leistungsstarke Suchfunktion, einheitliche Klassifikation oder Metadatenverwaltung. Auch die elektronische Akte zählt dazu, mit der sich Dokumente aus einem geschäftlichen Kontext wie in einer klassischen Akte zusammenzufassen lassen – inklusive einheitlicher Metadaten und Prozesse.
Rendition: intelligentere Publizierfunktionen
Für die gemeinschaftliche Arbeit an Dokumenten, online wie offline, stellt SharePoint Dokumentenbibliotheken zur Verfügung. Diese sind mit Windows-Ordnern vergleichbar, jedoch mit Verwaltungsintelligenz im Hintergrund. Darin lassen sich Dokumente mit mehreren Bearbeitern erstellen, beispielsweise eine Excel-Arbeitsmappe in einem geschlossenen Benutzerkreis. Sobald ein solches Dokument veröffentlicht werden soll, muss es aber in ein unveränderliches Format wie PDF konvertiert werden. SharePoint verfügt hier jedoch nur über rudimentäre Funktionen: Zwar kann der Anwender sein Excel-Arbeitsblatt als PDF in der Bibliothek speichern, doch erzeugt er dabei ein neues Dokument ohne jeglichen Link auf das Ursprungsdokument. Besser lösen diese Aufgaben Rendition Services mit Workflow-Automatismen, wie sie in professionellen Dokumentenmanagementsystemen zum Einsatz kommen.
Es gibt nun verschiedenen Möglichkeiten, um Defiziten solcher Art zu begegnen. Eine naheliegende Überlegung ist, SharePoint gezielt um benötigte Funktionen zu erweitern. Am Markt gibt es viele Anbieter, die SharePoint-Erweiterungen wie etwa Rendition-Services vertreiben und implementieren. Auf diesem Weg lässt sich Share-Point sukzessive um benötigte Funktionalitäten von verschiedenen Anbietern ergänzen. Ob dieser Schritt-für-Schritt-Ansatz sinnvoll ist, hängt nicht zuletzt von der Unternehmensstruktur ab.
Herausforderungen für SharePoint im geschäftskritischen Einsatz
Spätestens wenn SharePoint ein zentraler Bestandteil der IT-Strategie ist und fachbereichsübergreifend eingesetzt wird, kommen komplexere Aufgabenstellungen auf das Unternehmen zu. Auf der Agenda stehen dann Themen wie das richtlinienkonforme Archivieren von Dokumenten (Compliance) oder auch das Erfassen von Papierdokumenten, ohne dass die Benutzer dabei SharePoint verlassen und eine weitere Applikation starten müssen. An diesem Punkt stellt sich die Frage, ob SharePoint für unternehmenskritische Anwendungen und Prozesse ausreicht.
Umstieg auf Echtes DMS oder kombinierter Einsatz: Als Alternative böte sich der Wechsel auf ein richtiges, ausgewachsenes ECM-System – oder aber eine Integration von SharePoint mit einem solchen ECM. Der Vorteil eines kombinierten Einsatzes liegt darin, dass SharePoint weiterhin unternehmensweit als vertraute Portal- und Kollaborationsplattform verwendet werden kann. Weder die Benutzer noch die IT müssten umlernen, und der bekannt hohe Bedienkomfort einer Office-SharePoint-Kombination bliebe erhalten. Bei der Entscheidungsfindung sollte beachtet werden, dass das ins Auge gefasste ECM-System über alle benötigten Funktionen verfügt, so dass diese nicht nachträglich erst entwickelt werden müssen. Des Weiteren kommt es auf die Integrationsfähigkeit des ECM-Systems an. Je höher der Integrationsgrad, desto mehr DMS-Funktionen können in SharePoint genutzt werden.
Bereitstellen von Daten und Dokumenten aus ERP-Systemen: Als geeignete ECM-Systeme kommen die meisten modernen Produkte in Frage, lediglich reine Archivsysteme sind nicht geeignet. Aktuelle Content Management-Systeme verfügen über leistungsstarke Workflow-Engines sowie Standardschnittstellen für ERP-Systeme wie SAP, Navision, Axapta oder Oracle. Das ECM kann so auch Daten und Dokumente aus ERP-Anwendungen aufnehmen und verarbeiten und über SharePoint den Anwendern bereitstellen, ohne dass diese über spezielle ECM- oder ERP-Kenntnisse verfügen müssen. Somit erhalten die Benutzer alle wichtigen Informationen für ihre tägliche Arbeit aus dem ECM-System direkt in SharePoint.
Unternehmen sollten bei der Entscheidungsfindung folgende Punkte berücksichtigen: Zunächst einmal gilt es zu ermitteln, welches System für welche Art von Daten das führende ist. Das wäre für die Buchhaltung beispielsweise das ERP-System, für Personalakten wäre es das ECM-System und für Fach- beziehungsweise Abteilungsapplikationen wäre es SharePoint. Eine weitere Frage betrifft systemübergreifende Prozesse und welche Systeme diese steuern. Auch die Benutzer rücken dabei ins Blickfeld: Welche Benutzerkreise benutzen welche Systeme – ob SharePoint oder ECM oder sogar beide? Schließlich wäre noch zu klären, welche DMS-Funktionalitäten aus dem ECM-System in SharePoint zur Verfügung gestellt werden sollen.
Fazit
Der SharePoint-Einsatz beginnt meist auf Abteilungsebene mit kleinen Lösungen, die schnell zum gewünschten Ziel führen. Erfahrungsgemäß greifen solche Insellösungen auf andere Abteilungen über, so dass SharePoint über kurz oder lang zu einer unternehmensrelevanten Applikation wird. Sofern SharePoint dann für das Dokumentenmanagement in größerem Stil eingesetzt wird, treten spätestens nach der dritten Abteilung die oben geschilderten Probleme auf. SharePoint ist jedoch flexibel genug, um zu jedem Zeitpunkt den Einsatzbereich zu überdenken und neue Lösungsansätze zu entwickeln. Mit den richtigen Tools und Produkten ergänzt, lässt sich SharePoint zu einem mächtigen unternehmensweiten Werkzeug ausbauen. Wichtig ist dabei eine genaue Analyse der Defizite und der Einsatzziele, um eine passgenaue Lösung zu ermitteln und die Weichen in Richtung erwachsender DMS-Funktionen zu stellen.
Stärken von SharePoint: | Stärken von ECM: |
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