Wie viel Digitalisierung braucht der Mittelstand?

Autorin – Ulla Coester, Autorin, Beraterin und Coach

Der Mittelstand wird in punkto Digitalisierungsstrategie von allen Seiten zunehmend dringend zum Handeln aufgefordert ‒ schließlich gelten diese Unternehmen als Rückgrat unserer Wirtschaft. Doch bei der Beantwortung der Frage, wie denn eine entsprechende Transformation bewerkstelligt werden kann, wird der Unternehmer zumeist allein gelassen. Findet auch Andreas R. Fischer, Initiator der Mittelstandsinitiative digitalize-your-business und hat unter anderem einen digiBusiness-Check zur Unterstützung entwickelt.

Sobald es um das Thema Digitalisierung im Mittelstand geht, wiederholen sich die Standardaussagen. Kaum eine Veröffentlichung, die nicht darauf referenziert, wie hoch das Optimierungspotential wäre, wenn alles intelligent vernetzt werden würde und im gleichen Atemzug darauf hinweist, wie weit mittelständische Unternehmen noch davon entfernt sind, dieses bislang auch nur ansatzweise gehoben zu haben. Über dem Mittelstand schwebt das Damoklesschwert der prophezeiten revolutionären Entwicklung, die in dramatischen Veränderungen resultieren wird. Einziges Problem – der Mittelstand ist laut den meisten Studien zu wenig darauf vorbereitet. Doch leider werden allzu oft nur die Handlungsdefizite aufgezeigt – klare Handlungsansätze hingegen nur allzu selten geboten.

Kosten sind nicht alles

Wie also sollen sich die Verantwortlichen im Mittelstand dem Thema überhaupt nähern? In der Theorie relativ einfach – Konzerne haben hier schon einiges in Richtung Umsetzung vorzuweisen, was Mittelständler übernehmen könnten. Denn im Prinzip ist die Systematik bei der Entwicklung hin zur Industrie 4.0 immer identisch, unabhängig von der Unternehmensgröße. Einziger – aber relevanter – Knackpunkt: die Organisationstrukturen im Mittelstand unterscheiden sich von denen großer Konzerne.

So sind nach Ansicht von Prof. Carl B. Welker, Direktor des IIW Instituts für Informationswirtschaft, beispielsweise im Mittelstand die digitalisierten Kontroll- und Kommunikationsmechanismen anders zu proportionieren oder teilweise auch gar nicht notwendig, weil „der Geschäftsführer – je nach Unternehmensgröße – öfter mal selber in der Produktion steht und die direkte Kommunikation mit den Mitarbeitern pflegt“. Folglich sind diese Themen eher im Bereich Management angesiedelt und nicht zuletzt auch eine Frage der Unternehmenskultur. Entscheidungen in diesem Bereich erfordern neben einem guten IT-Know-how ebenso unternehmerische Weitsicht. Denn nach Ansicht des Experten geht es bei der Digitalisierung nicht immer nur um Kostensenkung, diese Annahme wäre zu eindimensional.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass auf Basis der Digitalisierung eine Investition realisierbar wird, die langfristig auszahlt: Das Hervorbringen von Geschäftsmodell-Innovationen, die es ermöglichen, weitere (neue) Kundengruppen anzusprechen und somit die potenzielle Zielgruppe um ein Vielfaches zu vergrößern.

Warum die Digitalisierung jetzt ein Thema ist

Der Mittelstand zeichnet sich noch immer durch seine große Kundennähe aus. Von daher gilt es für die Unternehmen, sich konstant am Bedarf der Kunden zu orientieren – was auch bedeutet, zunehmend soziale Medien als Informations- und Feedback-Plattform zur Verfügung stellen zu müssen. Doch dies kann neue Potenziale eröffnen: Denn wer hieraus Innovationen in Form intelligenter, auf den konkreten Bedarf zugeschnittene Produkte und Dienstleistungen entwickelt und diese nicht nur früher kommuniziert, sondern auch kurzfristig in den Verkauf bringt, erarbeitet sich dauerhaft eine gute Marktposition.

Aber auch in Bezug auf die Mitarbeiter beziehungsweise auf neue Formen der Zusammenarbeit eröffnen sich Chancen. Denn Unternehmern, die die digitale Revolution im eigenen Betrieb klug vorantreiben, kann es eher gelingen, sowohl die langjährigen erfahrenen Mitarbeiter mit auf die Reise zu nehmen als auch die digitale Generation inklusive deren Ideen und ihrem Arsenal an neuen Werkzeuge zu integrieren. Aus dieser Symbiose entsteht letztendlich mehr als im getrennten Nebeneinander der beiden Welten. Ein durchgängiges Kompetenz- und Wissensmanagement ist hier sehr gut geeignet, um die Kommunikation zu verbessern und im Laufe der Zeit zu einer umfangreichen Wissensdatenbank zu werden.

Fazit

Der Digitalisierungsbedarf des Mittelstands lässt sich nicht über einen Kamm scheren. Faktoren die hier ausschlaggebend sein können, um die jeweils angemessene Geschwindigkeit zu ermitteln, sind beispielsweise die Unternehmenskultur oder aber auch die Qualifikation der Mitarbeiter. Als Einstieg in das Thema Digitalisierung bietet der digiBusiness-Check [1] eine gute Basis, denn während der Beantwortung der Fragen kann ein Unternehmer sich schon einmal ein Stück weit damit auseinandersetzen, wo er vorrangig die größten Chancen der Digitalisierung sieht. Ein weiterer Vorteil des Tests: Zum Abschluss erhält jeder Teilnehmer Hinweise, wo er im Hinblick auf die Digitalisierung steht und erste Anregungen dazu, wie eine weitere Vorgehensweise aussehen kann. Ein Auftakt und gegebenenfalls mehr noch eine lohnenswerte Investition in die Zukunft.

Quellennachweis
[1] http://digitalize-your-business.de/selbsteinschaetzung/

CeBIT- Mittelstandslounge: Digitalisierung von A‒Z
Die CeBIT bietet mit der Mittelstandslounge in Halle 5 den zentralen Anlaufpunkt für Besucher aus kleinen, mittleren und mittelständischen Unternehmen, um sich ausführlich mit dem Thema Digitalisierung auseinanderzusetzen.
(www.cebit.de/de/mittelstand)

www.digitalize-your-business.de
Ulla Coester arbeitet als Beraterin und Coach. Ihre Tätigkeit umfasst neben der Strategieentwicklung die Planung und Durchführung von Maßnahmen für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing bis hin zur Organisation von Events sowie Teamentwicklung- und Projekt-Moderation. Sie ist Mitbegründerin der Ethikplattform www.xethix.com sowie seit 2010 Partnerin am Social Media Institut (SMI) und seit 2013 Moderatorin des Mobile BusinessClub NRW.