Zu Risiken und Nebenwirkungen…Über Transparenz entlang der Lieferkette und Gefahrenidentifizierung

     

    tom_bley

    Tom Bley, Senior Sales Executive, UL EHS Sustainability

     

    Reißt die Lieferkette, können die finanziellen Auswirkungen für die beteiligten Unternehmen verheerend sein. Signifikante Umsatzeinbußen, Rückgänge im Bereich der operativen Erträge, Einbrüche bei der Aktionärsrendite und deutliche Schwankungen der Aktienpreise sind oftmals die Folge. Laut Allianz Risk Barometer 2017 stellen Betriebs- und Lieferkettenunterbrechungen weltweit das größte Unternehmensrisiko dar; in Deutschland liegen sie auf Platz 2 hinter Cybervorfällen. An der jährlichen Umfrage, die zum Jahresende 2016 durchgeführt wurde, beteiligten sich über 1.200 Experten aus verschiedenen Unternehmen und der Allianz Gruppe aus insgesamt 55 Ländern [1]. Angesichts der Risikolage sind Unternehmen zunehmend darauf bedacht, die technologischen Möglichkeiten der nächsten Generation bestmöglich zu nutzen, um Risiken in ihrem Lieferantennetzwerk frühzeitig zu identifizieren und ihnen entgegenwirken zu können.

    Globale Unternehmen mit Sitz in hochentwickelten Ländern sind in dieser Hinsicht ganz besonders gefährdet, da ihre Lieferanten oftmals in Ländern ansässig sind, die weniger reguliert sind und nicht zwingend mit dem gleichen Nachdruck auf die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften pochen. Die hohe Erwartungshaltung des Verbrauchers hier in Verbindung mit den niedrigeren Compliance-Standards der Lieferanten dort schafft signifikante Risiken für etablierte Marken. Darüber hinaus führen potenzielle Störungen der Lieferkette zu unmittelbaren operativen Risiken. Die betreffenden Unternehmen sehen sich somit vor die schwierige Aufgabe gestellt, die effektivsten Methoden zur Identifizierung und Entschärfung dieser Risiken zu finden – was die Verfügbarkeit von zuverlässigen Lieferkettendaten wichtiger macht als je zuvor.

    Druck durch die Gesetzgebung

    Eine strengere Gesetzgebung drängt die Unternehmen, genauer auf das zu achten, was innerhalb ihrer Lieferketten vor sich geht, während Regulierungsbehörden und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) das Problem der Nichteinhaltung entsprechender Standards immer stärker ins Visier nehmen. Aktuelles Beispiel: Seit Beginn dieses Jahres sind in der EU ansässige Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten verpflichtet, in ihrem Geschäftsbericht auch zu den Punkten Umwelt, Soziales und Arbeitnehmerbelange Stellung zu nehmen. Im September 2014 hatte der Rat der Europäischen Union diese neue Richtlinie über die Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen angenommen. Die Direktive wird zusätzliche Anstrengungen erfordern, da sie sich nicht allein auf die Geschäfte des jeweiligen Unternehmens selbst bezieht, sondern – soweit anwendbar und relevant – auch die Offenlegung von Daten im Hinblick auf die Lieferkette verlangt.

    Ob Einhaltung regionaler Gesetzgebung, Reaktion auf Druck seitens Nichtregierungs­organisationen (NGOs) innerhalb der Branche oder Management des Rufs der Marke beim Verbraucher – Unternehmen stehen heute zunehmend unter dem Druck, für die Verbesserung von Standards und Compliance entlang ihrer Lieferketten zu sorgen. Die Gesetzgebung kann Unternehmen veranlassen, rigorose Richtlinien zu übernehmen, die die Gewährleistung der Einhaltung entsprechender Standards oder aber (beispielsweise) nicht unerhebliche Geldstrafen vorsehen. Dabei ist es Aufgabe der Gesetzgebung, Standards durchzusetzen – es ist nicht ihre Aufgabe, Unternehmen in puncto Lieferketten-Risikomanagement zu unterstützen (obgleich sich eine solche Unterstützung aus der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften ergeben kann). Das Erkennen und Angehen von Risiken liegt in der Verantwortung jedes einzelnen Unternehmens.

    Widerstandsfähige Liefernetzwerke brauchen zuverlässige Daten

    Für globale Unternehmen mit Lieferanten in allen Regionen der Welt liegt die größte Schwierigkeit darin, Transparenz durch die gesamte Lieferkette hindurch zu erzielen und Methoden zur Wahrnehmung ihrer Lieferantenverantwortung zu finden. Immer mehr Unternehmen nutzen in diesem Kontext technologische Lösungen zur Identifizierung potenzieller Risiken, d.h. um zu erkennen, an welchen Stellen sie sitzen, wie schwerwiegend sie sind und mit welcher Wahrscheinlichkeit sie zum Tragen kommen. Der wirksame Einsatz moderner Technologie bietet Unternehmen einen rationalisierten und zentralisierten Weg, um Daten zu sammeln, Informationsflüsse einzurichten, Risiken zu bewerten, Compliance durchzusetzen und die Performance zu überwachen.

    Fortschrittliche Software-Systeme dieser Art unterstützen die Automatisierung von Prozessen, wodurch sie wiederum Lieferketten-Profis gestatten, mehr Zeit auf wichtige Aufgaben im Bereich der Lieferanteneinbindung zu verwenden. Darüber hinaus fördern solche Informationssysteme die Einbindung der Lieferanten durch die Bereitstellung einer Plattform, die dem Austausch von Informationen dient.

    Beseitigen von Risiken ist Unternehmensaufgabe

    Unternehmen können auf Grund von Softwaredaten frühzeitig eine zuverlässige Einschätzung der Risiken innerhalb der Lieferkette treffen und entsprechend gegensteuern – hier fünf Beispiele:

    Risikolieferanten identifizieren

    Der erste Schritt in der Zusammenarbeit mit Lieferanten besteht darin, die Erwartungen in einer Reihe von Richtlinien zu definieren. Dies ist meistens ein Lieferanten-Verhaltenskodex, in dem die Mindestanforderungen an die Lieferanten festgelegt sind. Im nächsten Schritt ist eine direkte Zusammenarbeit mit den Lieferanten erforderlich, um die Leistung mit Hilfe von Index-Umfragen zu bewerten.

    In langen Lieferketten kann dieser Prozess leicht den Eindruck einer Mammutaufgabe erwecken. Die Automatisierung dieses Ablaufs kann jedoch den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Durchführung und Auswertung von Umfragen zum Verhaltens­Kodex minimieren. Mithilfe eines modernen Informationsmanagementsystems lassen sich Lieferanten ganz einfach zur Teilnahme an Umfragen einladen; automatisierte E-Mails und Übersichts-Dashboards weisen auf erforderliche Aktionen hin, so dass mehr Zeit für den Dialog mit den Lieferanten oder die Erwägung von Alternativen bleibt.

    Zusammenarbeit ermöglichen

    Wasserverknappung ist eines der häufigsten Umweltrisiken, die Umbrüche innerhalb von Lieferketten verursachen. Den Lieferanten mangelt es oft an Fachkenntnissen, um die relevanten Gesetze und Bestimmungen einzuhalten. Hier ist ein enger Austausch mit den Lieferanten erforderlich, um ein effektives Wassermanagement zu etablieren.

    Daten können helfen, Lieferanten mit prekären Wassersituationen zu identifizieren, um mit ihnen gemeinsam an der Steigerung ihrer Effizienz zu arbeiten. Doch, wo anfangen? Mit der geeigneten Software lassen sich „Chat-Räume” nutzen, um mit den Lieferanten zu kommunizieren oder aktuelle Informationen zu teilen. Dies fördert die Zusammenarbeit, macht Fortschritte bei Themen wie Wassermanagement nachvollziehbar und ermöglicht per Knopfdruck den Zugriff auf sämtliche Daten zu den Lieferanten.

    Auditierung leichtgemacht

    Viele Supermärkte würden den Pferdefleisch-Skandal – die Erkenntnis, dass einige ihrer Fleischprodukte nicht die ausgewiesene Art von Fleisch enthielten – wohl am liebsten vergessen. Was auch immer die Ursache dafür war – Einkauf unter Marktpreis oder unzureichende Kontrollen in der Produktion – Kriminalität im Lebensmittelsektor ist ein großes Risiko in der Lieferkette. Auditierung, insbesondere ohne Vorankündigung, gehört hier zu den wirkungsvollen Gegenmitteln.

    Technologie lässt sich nutzen, um Audits durchzuführen oder Dritte aufzufordern, dies zu tun. Beobachtungen und die Nichteinhaltung von Vorschriften können – einschließlich Bildern – sogar im Offline-Modus festgehalten werden. Diese Informationen lassen sich dann, sobald das Gerät des Auditors wieder online ist, mit den bereits vorhandenen Auditierungsdaten im System synchronisieren.

    CO2-Fußabdruck messen und antizipieren

    Der Umstieg auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft erfordert nicht nur die Reduzierung der Emissionen des jeweiligen Unternehmens, sondern auch die aller Aktivitäten innerhalb der Lieferkette. Um dieses Ziel zu erreichen, sind entsprechende Messungen erforderlich. Die Überwachung von Scope-3-Emissionen – d. h. von Emissionen, die zugekauften Produkten zuzuordnen sind – kann im Falle eines umfangreichen Sortiments wie eine schier unlösbare Aufgabe erscheinen.

    Die richtige Software unterstützt dabei, den jeweiligen CO2-Fußabdruck aller Produkttypen zu bestimmen und die CO2-Emissionen pro ausgegebenem Euro zu kalkulieren. Doch damit nicht genug: Mit der entsprechenden Software wird ein Unternehmen in die Lage versetzt, den CO2-Fußabdruck künftiger Einkäufe vorauszuberechnen und entsprechend fundierte Entscheidungen zu treffen.

    Nachhaltige Beschaffung gewährleisten

    Trotz der Fülle von Zusagen globaler Unternehmen, sich um eine nachhaltigere Beschaffung zu bemühen, steht z.B. das Thema Palmöl noch immer ganz hoch oben auf der Agenda vieler Nichtregierungsorganisationen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Gewinnung ihrer Rohmaterialien keine Umweltschäden verursacht – ob nun tatsächlich Palmöl, Holz oder Gold.

    Doch die Rückverfolgung zugekaufter Produkte bis zu deren Ursprung ist sehr komplex. Rückverfolgbarkeits-Tools ermöglichen jedoch genau das, beispielsweise durch Vergleich der Performance mit den Beschaffungskriterien von Zertifizierungsprogrammen (wie PEFC oder FSC für die Forstwirtschaft). Werden riskante Punkte identifiziert, können Unternehmen mit den betreffenden Lieferanten gemeinsam an der Lösung der entsprechenden Probleme arbeiten.

    Résumé

    Die Störungen des operativen Geschäfts sowie die negativen Konsequenzen für das Markenimage, die aus Problemen im Liefernetzwerk entstehen, sind real und konkret. Schneller Zugriff auf die richtigen Informationen sowie die Möglichkeit, Maßnahmen einzuleiten und zu steuern, ermöglichen Unternehmen, Wahrscheinlichkeit und Schweregrad potenzieller Risiken zu senken. Eine signifikante Anzahl an Unternehmen nutzt bereits technologische Lösungen, um Aufgaben in Informationsmanagement, Prozessmanagement und Lieferantenverantwortung zu rationalisieren. Jedes Unternehmen muss sich selbst fragen: „Welchen potenziellen Risiken sind wir ausgesetzt?“ Oder sogar: „Können wir potenzielle Risiken überhaupt erkennen?“ Es könnte höchste Zeit sein, das herauszufinden.

    www.ulehssustainability.com

    UL EHS Sustainability ist ein Geschäftsbereich von UL, dem weltweit führenden unabhängigen Unternehmen der Sicherheitswissenschaften. Mit der neuen Plattform PURE bietet UL eine Suite von Softwarelösungen für Umwelt, Gesundheit, Sicherheit, Nachhaltigkeit und Lieferkette. Unternehmen können mithilfe der Plattform das Wohlergehen von Arbeitern schützen, Risiken verringern, die Produktivität erhöhen, die Compliance steigern und Unternehmensprozesse messbar verbessern.

    Referenzen

    [1] http://www.agcs.allianz.com/assets/PDFs/Reports/Allianz_Risk_Barometer_2017_DE.pdf