Customer Journey into the Future

Nico Rehmann_4611Interview mit Nico Rehmann, Chief Sales Officer bei ARITHNEA.

Der Stellenwert der Kundenbeziehungen hat eine neue Dimension erreicht. Das stellt sowohl B2C- als auch B2B-Unternehmen vor große Herausforderungen. Nico Rehmann, Chief Sales Officer beim E-Business-Spezialisten ARITHNEA, erläutert im Interview mit dem DOK.magazin, wie diese Herausforderungen gemeistert werden können.

Herr Rehmann: Im E-Business macht derzeit ein neues Schlagwort die Runde: Customer Centricity. Den Kunden ins Zentrum stellen – ist das nicht alter Wein in neuen Schläuchen?

Das stimmt, aber der Ausdruck hat dennoch seine Berechtigung. Denn die Bedeutung, die der konsequenten Ausrichtung eines Unternehmens auf seine Kunden zukommt, hat nämlich eine neue Dimension erreicht. Interessenten und Käufer sind heute informierter denn je und verfügen über eine Macht zur Einflussnahme im Marktgeschehen wie noch niemals zuvor. Dadurch können sie nun das einfordern, was ihnen schon seit Jahren versprochen wird: wirklich König zu sein und im Zentrum zu stehen.
Der Begriff der Customer Centricity unterstreicht das und reflektiert damit ein Phänomen, das der Marktforscher Forrester das Age of the Customer, das Zeitalter des Kunden, nennt. Nur wenn Unternehmen ihre Kunden in den Mittelpunkt ihrer ganzen Geschäftstätigkeit rücken, bleiben sie wettbewerbsfähig. Für viele von ihnen bedeutet das, sich strategisch neu auf geänderte Marktbedingungen einzustellen und ihre Prozesse vom Front- bis zum Backend anzupassen.

Was konkret sollten die Unternehmen tun?

Um die hohen Erwartungen der Kunden zu erfüllen, sollte man ihnen ausschließlich relevanten Content bieten, und das möglichst in Echtzeit. Außerdem wollen Kunden heute nicht mehr mit bloßen Produktpräsentationen im Internet abgespeist, sondern durch die Erlebbarkeit der Produkte begeistert werden. Und in letzter Konsequenz bedeutet Customer Centricity, dass sich die Unternehmen von den Kunden ihr Geschäft vorschreiben lassen. Die internen Prozesse dürfen dabei nicht länger von eigenen Strukturen, Abteilungsdenken oder Abläufen bestimmt sein.

Warum ist die Relevanz des Content so wichtig?

Ein Verbraucher sieht sich heute mit einer Vielzahl an Informationen überhäuft: Er erhält E-Mails, Newsletter, WhatsApp- und Facebook-Nachrichten, surft im Internet und wird von Fernseher und Radio beschallt. Vor dem Hintergrund dieses Information Overflows möchte er einfach nur für ihn relevante Informationen erhalten beziehungsweise nimmt nur diese wirklich wahr. Überschüttet ein Unternehmen ihn mit pauschalen Angeboten, die mit seiner individuellen Lebenswirklichkeit nichts zu tun haben, wendet er sich unter Umständen irritiert und genervt ab. Deshalb ist es ganz entscheidend, Daten so zu verarbeiten, dass am Ende ausschließlich relevante Informationen entstehen.
Erreichen lässt sich das mit Hilfe geeigneter, integrierter Systeme für die Personalisierung und Marketing-Automatisierung, die sämtliche Faktoren berücksichtigen – von Interessen über Kaufverhalten bis hin zu Kontexten und Zeitpunkten. Damit ermöglichen sie eine gezielte individuelle Ansprache, die weit über die übliche grobe Einteilung nach Zielgruppen wie Geschlecht, Alter oder Familienstand hinausgeht und Bedürfnisse prognostiziert. Hat ein Kunde beispielsweise ein Parfüm gekauft, wird es ihm im Nachgang nicht sofort erneut offeriert, sondern erst wieder nach zwei oder drei Monaten. Auch nach dem Erwerb einer Waschmaschine zum Beispiel möchte er in den nächsten Monaten ganz sicher nicht eine neue vorgeschlagen bekommen.

Welche Rolle spielt dabei die Echtzeit-Verarbeitung der Daten?

Moderne Systeme sind in der Lage, immer mehr Daten zu erfassen und diese auch in Echtzeit zu verarbeiten, so dass sich aus Vergangenheitswerten und Gegenwartsdaten Prognosen erstellen lassen. Das erleben Autofahrer beispielsweise bei ihrem Navigationssystem, das einen neuen Stau sofort berücksichtigt und die geplante Route entsprechend optimiert. Analog dazu möchten auch Kunden beim Einkaufen immer mehr auf ihr vergangenes und aktuelles Verhalten, auf ihren Standort und ihre konkrete Situation bezogene Empfehlungen erhalten – was mit Hilfe neuester Technologien durchaus realisierbar ist.
So ermöglicht beispielsweise die Auswertung von Kundeninformationen im Zusammenhang mit in Echtzeit verarbeiteten Geolocation-Daten folgendes Szenario: Ein Kunde, der gerade in der Innenstadt unterwegs ist, erhält eine Nachricht auf sein Smartphone: Die Laufschuhe, nach denen er die letzten Tage im Internet bei einem bestimmten Anbieter gesucht hat, werden nun von der Filiale, an der er gerade vorbeigeht, in der passenden Schuhgröße zu einem Sonderpreis angeboten. Eine Gelegenheit, die er mit Sicherheit nicht ungenutzt lassen wird.

Wie kann man die Produkte für die Kunden erlebbar machen?

Unternehmen sollten sie verstärkt auf einer emotionalen Ebene ansprechen. Präsentieren sie in ihren Online-Shops oder am Point of Sale aber lediglich die funktionalen Eigenschaften ihrer Angebote, kann das nicht gelingen. Eine optimale Customer Experience setzt die Verschmelzung der Produktdaten mit zielgruppengerechtem Content und ihre Einbettung in einen passenden Kontext voraus. Technisch realisieren lässt sich dies – bis hin zum Customer Engagement – durch eine Integration der Commerce-Plattform, wo die Unternehmen in aller Regel strukturierte Produktdaten vorhalten, mit dem Content Management-System, auf dem sich die Kampagnen und redaktionellen Inhalte zum Bewerben der Angebote finden. Damit können Unternehmen die Produktdaten gezielt und durchgängig mit individuellen Texten, Bildern oder Videos anreichern und so ganzheitliche Kundenerlebnisse schaffen. Es entstehen nahtlose Marken- und Themenwelten, in denen Käufer die Produkte besser und persönlicher sowie kanalübergreifend erleben können.

Sie sprachen eingangs auch davon, dass Unternehmen sogar ihre internen Prozesse auf die Erwartungen der Kunden ausrichten sollten. Können Sie dafür einige Beispiele nennen?

Die Kunden möchten heute keinen einzigen Gedanken mehr darauf verschwenden müssen, an welche Abteilung sie ihr Anliegen richten, und sehen es auch nicht mehr ein, einem Vertriebsmitarbeiter noch einmal genau dasselbe zu erklären, was sie bereits bei ihrem Anruf im Call Center ausführlich erläutert haben. Deshalb sind neue Organisationsformen gefragt, die sämtliche Aspekte der Kundenorientierung aus den klassischen Abteilungen wie Marketing, Vertrieb oder E-Commerce zusammenziehen und beispielsweise im Customer Relationship Management vereinen.
Ebenfalls dringend angeraten ist es, Kunden dort agieren zu lassen, wo sie möchten – und sie nicht zu zwingen, dort zu handeln, wo es dem Unternehmen am liebsten ist. Kaufen oder reservieren sie im Internet ein Produkt, möchten sie es vielleicht in einer Filiale abholen oder umtauschen. Um ihnen das zu ermöglichen, und um den Kunden in der Filiale ergänzend zur Online-Bestellung individuell zu beraten, muss aber jederzeit bekannt sein, was im Internet bereits passiert ist, und umgekehrt. Unternehmen, die ihre Online- und Offline-Kanäle nicht nahtlos integrieren, verschenken Cross- und Up-Selling-Potenziale.
Das gilt auch für Händler, die dem Wunsch der Kunden nicht entsprechen, ein online bestelltes Produkt so schnell wie möglich zu liefern. Aus diesem Grund implementieren immer mehr Unternehmen Kommissionier- und Logistikprozesse für eine Same Day Delivery – und das sogar im Lebensmittelhandel, wo eine durchgängige Kühlkette für Frischware gewährleistet sein muss.

Herr Rehmann, wir danken Ihnen für dieses anregende Gespräch.

www.arithnea.de

Nico Rehmann ist Chief Sales Officer beim E-Business-Spezialisten ARITHNEA in Neubiberg bei München. Als ihr strategischer Partner analysiert ARITHNEA die Anforderungen von Unternehmen im B2B- und B2C-Umfeld, berät sie individuell, entwickelt nachhaltige Strategien und setzt sie kreativ und technisch um. Die Experten von ARITHNEA verfügen über umfassende Erfahrungen aus zahlreichen nationalen und internationalen Projekten.