Autoren –
Jos Breskic, Leiter ECM und Wernher von Schrader, Leiter Marketing, Yaveon AG
Die Zusammenführung von strukturierten Daten, unstrukturierten Dokumenten und den dazugehörigen betriebswirtschaftlichen Anwendungen erlangt vor allem in mittelständischen Unternehmen zunehmende Bedeutung. Laut Definition [1] geht es beim Enterprise Information Management (EIM) um ein Daten, Informationen und Wissen umfassendes Qualitätskonzept zur Verbesserung der Unternehmensprozesse – und dieses muss seine Gültigkeit auch in der praktischen Umsetzung im Unternehmensalltag erweisen. Die „Aufgabenstellung“ besteht dabei darin, Daten sicher speichern und später auf sie zugreifen zu können, des Weiteren diese als vorgangsbezogene Informationen zu nutzen und schließlich für Analysen auswerten zu können.
Betrachtet man die hierzu im Markt angebotenen Lösungen, könnte man sie in zwei Extrempositionen einteilen: Eine offene, nicht vorbestimmte, unstrukturierte Lösung, die auf die Interaktion der Teilnehmer setzt, und eine stark strukturierte, geschlossene Lösungswelt, die sich durch einen hohen Automatisierungs- und Ordnungsgrad auszeichnet. Ersteres entspricht der aus der Social Media Welt bekannten „Vorwärtskommunikation mit Kommentarfunktion“, wie sie in Facebook und Yammer angewendet wird. Letztere z.B. einer ans ERP-System angehängten Archivierungslösung.
Flexibilität versus Prozesssicherheit
Geht man von einem typischen Mittelständler in Deutschland aus, so kann man sicher sein, dass eine mehr oder weniger heterogene Systemlandschaft verschiedenste Daten und Informationen vorhält. Wichtiges Wissen ist zudem in den Köpfen der Spezialisten gespeichert. Viele Prozesse sind zeit- oder qualitätskritisch, aber nicht alle Abläufe können vorhergesehen werden.
Unabhängig von der Komplexität der Organisation wird man bei der Einführung von EIM-Systemen nicht nur einen der beiden oben genannten Aspekte berücksichtigen und vor allem folgende Bereiche im Blick haben:
• Sind die Prozesse zeitkritisch und müssen deshalb überwacht werden?
• Bauen die Prozessschritte notwendigerweise aufeinander auf oder lassen sie parallele Abläufe zu?
• Müssen Daten fehlerfrei und automatisiert aus verschiedenen Anwendungen einfließen?
• Wie sehr lassen sich Abläufe überhaupt vorhersagen und dann auch sinnvoll technisch integrieren?
Die wesentlichen Ziele für die IT-Abteilungen in Bezug auf die Prozessoptimierungen sind daher:
• nahtlose Integration der Prozesse und Dokumentenaustausch über Abteilungen, Standorte und vorhandene Anwendungen hinweg
• schnellere, sichere und „robuste“ Workflows auch ad hoc
• eine effiziente Prozessunterstützung, bspw. eine Rechnungseingangsverarbeitung
• Dokumente vorgangsbezogen ablegen und aufrufen können
• Organisation und Vernetzung der Dokumente in Aktenstrukturen, angelehnt an den Anwendern bekannten Strukturen, bspw. aus dem Dateisystem.
Bei der konkreten Einführung einer Lösung sind also eine verbesserte Transparenz der Prozesse und der Wissensablage zu erreichen, flexibel verschiedene Datenspeicher zu integrieren und schließlich ein stufenweises Vorgehen mit immanenten Lernkurven anzustreben. Aus dieser Anforderung ergibt sich, dass es weder mit einer sich selbst organisierenden, offenen Wissensplattform getan ist noch mit einem EIM-Portal mit vordefinierten Prozessen von der Stange.
Flexible und umfassende Plattform ist Voraussetzung
Will man die Eingangsrechnungsverarbeitung, das Qualitätsmanagement, das Vertragsmanagement sowie alle elektronischen Akten inklusive aller Genehmigungsworkflows im Unternehmen ganzheitlich verwalten, bedarf es einer sehr flexiblen und anpassungsfähigen Plattform. Dies betrifft nicht nur das Schnittstellenmanagement zu ERP, CRM, Exchange und anderen Datenbanken, sondern auch die Anpassungsfähigkeit der Ablageprozesse sowie die Nutzung mit unterschiedlichsten Endgeräten. Der sogenannte SMAC-Stack [2] kommt hier zum Tragen. Je nach Bedarf muss ein jederzeitiger, von allen Endgeräten aus abrufbarer und durchgängiger Austausch über beliebige konkrete Zusammenhänge möglich sein.
Doch einen vollkommenen „Freiheitsgrad“ wird man hier nicht erreichen. Entweder werden die Engineering- und Verwaltungsaufwände zu groß oder die Prozessüberwachung gerät zu kurz. Desgleichen ist mit der Einführung von Dokumentenmanagement auch keine vollständige Erneuerung der bisherigen IT-Landschaft wirtschaftlich und organisatorisch sinnvoll. Daher haben sich in einer Mischung aus Best-of-Breed und vollständigem System neue Plattformstrategien ausgebildet, von denen für den Mittelstand die Microsoft-Plattform die bedeutendste ist, da auch viele spezielle Systeme mit den Werkzeugen der Redmonder entwickelt werden. Diese Standards helfen, den Datenaustausch zu ermöglichen. Hier sorgen dann die selbständige Vergabe der Metadaten, die Erzeugung von beliebigen Aktenstrukturen und die umfassende Workflowunterstützung für mehr Effizienz.
Dennoch bleibt es bei der Einführung schwierig genug, die mit den jeweiligen Systemen verknüpften Datenmodelle und Prozessabläufe zu harmonisieren. Wenn also beispielsweise bei einem Mittelständler mit mehreren Standorten die Eingangsrechnung an einem Ort digitalisiert wird, läuft möglicherweise der Freigabeprozess in einfach gehaltenen SharePoint-Masken, während der Verbuchungsprozess im ERP-System abläuft. Der eine Prozessablauf muss also zuverlässig als Event für den anderen funktionieren. Dafür kann aber der Freigabeprozess vielleicht auch mobil auf der Baustelle abgearbeitet werden, wo das ERP systembedingt noch nicht verfügbar ist.
Schrittweise Einführung mit klarer Prozessdefinition
Neben der Frage zur bestehenden IT-Landschaft kommt es darauf an, in der Einführungsphase einerseits die Prozesse, die klaren Parametern folgen sollen, genau zu definieren und andererseits durch stufenweise Einführung die Praxistauglichkeit der Annahmen zu testen und diese im weiteren Verlauf weiterzuentwickeln. Es zeigt sich, dass alle Projekte individuelle Einzelfälle aufweisen, die niemals vorhergesehen werden können. Selbst bei so einfachen Prozessen wie die Erzeugung und der Versand von elektronischen Rechnungen.
Noch aufwändiger wird es, wenn Dokumente aus verschiedensten Anwendungen heraus in einer Ablage, einem Vorgang und mehreren Anwendungen vorhanden sein müssen, um den nächsten Prozessschritt zu ermöglichen. Um so etwas von der reinen Überwachung durch Mitarbeiter zu entkoppeln, ist ein tiefes Verständnis der Abläufe in allen Anwendungen nötig.
Prozessdefinition: Beispiel Vertragsmanagement
Fazit: Strukturierte und unterstrukturierte Prozesse kontinuierlich integrieren
Begreift man die Komplexität der Herausforderung, lässt sich eine weitere Heuristik bei der Auswahl des geeigneten Systems und Einführungspartners ableiten. Es reicht nicht aus, den Archivierungs- und Ablageprozess genau zu verstehen, es müssen die Prozesse aus den transaktionsorientierten Systemen wie ERP, CRM, PLM etc. als auch der zukünftige Erkenntnisgewinn und kontinuierliche Verbesserungsprozess berücksichtigt werden. Der Prozess muss hierbei immer im Zentrum bleiben und eine wirtschaftliche und technisch sinnvolle Lösung sich daran orientieren. Voraussetzung ist die kontinuierliche Auseinandersetzung mit allen Aspekten strukturierter und unstrukturierter Prozesse, da ein konkreter Mehrwert erst in der Integration entsteht.
Quellen
[1] http://www.voi.de/voi-pressemeldungen/3729-neuausrichtung-des-voi-auf-enterprise-information-management-eim
[2] SMAC = Social Media, Mobile, Analytics, Cloud
www.yaveon.de
Jos Breskic, Leiter ECM und Wernher von Schrader, Leiter Marketing, Yaveon AG. YAVEON entwickelt, berät und implementiert ERP-, BI-, ECM-, CRM- und BPM-Systeme. Zu den Beratungsleistungen gehören die Geschäftsprozessoptimierung, eine prozess- und nutzenorientierte ERP-Einführung, die Validierung von Computersystemen, das Dokumenten-und Informationsmanagement und Business Intelligence.