Cognitive Process Automation. Eine Nahaufnahme.

Robotic Process Automation (RPA) hilft Unternehmen, Qualität und Produktivität zu verbessern, indem sie regelbasierte Geschäftsprozesse automatisiert. Jedoch gibt es auch eine Vielzahl von komplexen Prozessen, die nicht in Regeln gefasst werden können, da sich Einflussfaktoren ständig verändern, die Prozesse sehr dynamisch oder die Entscheidungswege sehr komplex sind.

Autor – Milad Safar, Managing Partner der Weissenberg Group

 

Cognitive Process Automation, die Verbindung von KI-Funktionen und RPA, bietet Unternehmen die Möglichkeit, die Automatisierung auch auf komplexe Prozesse auszudehnen, die charakterisiert sind durch wachsende Mengen unstrukturierter Informationen. Cognitive Process Automation, oft auch als kognitive RPA bezeichnet, setzt auf eine Kombination aus klassischer RPA und Künstlicher Intelligenz. Sie leitet aus den Datenmustern ein Anwenderverhalten ab. Basierend auf Algorithmen der künstlichen Intelligenz ermöglicht kognitive RPA ein automatisches, menschenähnliches Verständnis des Inhalts von Textdokumenten oder die Analyse menschlicher Sprache.

Was bedeutet ‚Cognitive‘ bei der Prozessautomatisierung?

Insgesamt bietet Cognitive Process Automation einen Ansatz, der zur Lösung vielschichtiger Probleme genutzt werden kann. Zusätzlich kann ein kognitives RPA-System unmittelbare Interaktionen mit dem Menschen veranlassen. Der methodische und technologische Ansatz wird dabei von vier grundlegenden Merkmalen charakterisiert:

  • Die Technologie zeichnet sich durch ein hohes Maß an Differenziertheit aus. Kognitive Algorithmen erkennen selbst die komplexesten Datenmuster, sodass sich auch vielschichtige und dynamische Prozessstrukturen beherrschen lassen.
  • Skalierbarkeit ist zudem eine zusätzliche Eigenschaft der Cognitive Process Automation. Aufgrund der selbstlernenden Algorithmen werden automatisch Anpassungen vorgenommen, wenn eine Lösung um eine weitere Instanz ergänzt wird. Somit lassen sich Prozesse beliebig erweitern.
  • Ein weiteres wesentliches Merkmal von Cognitive Process Automation ist die Fähigkeit, automatisch sich verändernde Rahmenbedingungen zu erkennen und den Algorithmus dementsprechend anzupassen.
  • Schlussendlich bietet die Cognitive Process Automation ein hohes Maß an Transparenz und hilft bei der Analyse von Störfaktoren. Grundsätzlich legt die Technologie die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Systemen offen und hilft bei der Identifikation von Störfaktoren.

Cognitive Process Automation kann – über die Möglichkeiten ‚konventioneller‘ RPA hinaus – demnach auch komplexe, perzeptuelle und beurteilungsbasierte Aufgaben durch die Integration mehrerer kognitiver Fähigkeiten automatisieren.

Wie kommt der ‚KI-Faktor‘ ins Spiel?

Nun war bislang immer von selbstlernenden Algorithmen und KI die Rede – Zeit, sich diesem Zusammenhang etwas näher zu widmen: KI bietet nicht nur die Möglichkeit, Daten, die von vernetzten Objekten erzeugt werden, zu verarbeiten, sondern auch intelligentere Erkenntnisse in wesentlich kürzerer Zeit daraus zu gewinnen, als es dem Menschen möglich ist. Zudem offeriert KI heute eine breite Palette von Technologien, um strukturierte und unstrukturierte Daten zu verarbeiten. Daher suchen viele, vor allem mittelständische Unternehmen nach einer herstellerunabhängigen Automatisierungslösung, die nicht nur intelligent, sondern leicht zu implementieren ist und deren Nutzung kein allzu großes Fachwissen verlangt – und hier bietet sich der Einsatz von Cognitive Process Automation an, eine Kombination aus RPA, maschinellem Lernen und KI-Tools.

Der Software-Roboter der CPA-Lösung erfasst automatisiert die unterschiedlichsten Anwenderinteraktionen über vorhandene Software und Benutzerschnittstellen, extrahiert sie und führt sie selbst aus. Aufgrund der Workflow-Fähigkeit kann CPA als führendes Prozessmodellierungssystem eine Vielzahl von Untersystemen ansprechen, selbst wenn diese keine direkten Schnittstellen zueinander anbieten. Dabei erfüllen die zentralen Steuerungs- und Orchestrierungskomponenten der CPA-Lösung alle infrastrukturellen Anforderungen an eine Enterprise-Software-Architektur wie Monitoring, Alerting, Logging, Auditing, Scheduling sowie Rollen-/Benutzer-/Release- und Workload-Management.

Kann man hier von ‚Intelligenz‘ sprechen?

CPA ist auch ein Beispiel dafür, dass KI immer mehr Anwendung in der Vorhersage von Störungen, der automatischen Anpassung von Systemen, dem Erkennung von Stimmungen und Gesichtern gefunden hat. Kognitive Automatisierungslösungen verarbeiten natürliche Sprache und Bilder, erkennen Muster, analysieren Kontext, lernen automatisch, sprechen Empfehlungen aus und machen Vorhersagen. Sie können auch zwischen unstrukturierten komplexen Daten Beziehungen herstellen und Ähnlichkeiten finden, die sich auf bestimmte Geschäftsprozesse wie beispielsweise Rechnungen, Bestellnummern, Lieferadressen, Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten beziehen. Kurz: CPA ahmt menschliche Intelligenz nach.

CPA nutzt dabei modernere KI-Technologien wie die Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP), Textanalyse, Data Mining, semantische Technologie und maschinelles Lernen, um auch große Mengen unstrukturierter Daten auswerten und eine fundierte Geschäftsentscheidung liefern zu können.

Werden Geschäftsprozesse mit CPA effizienter?

Durch die Nutzung der Technologien der Künstlichen Intelligenz verbessert die kognitive Automatisierung die Genauigkeit in komplexen Geschäftsprozessen und das sehr schnell, fehlerfrei, skalierbar und rund um die Uhr. Mittels CPA gewonnene Erkenntnisse können genutzt werden, um die gesamten Geschäftsprozesse von Grund auf zu ändern, Geräteeinstellungen zu verbessern und Bestände rechtzeitig zu aktualisieren, was zu einer höheren betrieblichen Effizienz und Kostensenkung führen kann.

Im Smart Supply Chain Management ermöglicht die Verwendung von verbundenen Sensoren die Datenerfassung des aktuellen Bestandes (Menge, Temperatur, Transportzeit, usw.) zur Echtzeitanalyse und Korrelation mit den Verbrauchsdaten der Kunden. Die Ergebnisse dieser Analysen werden verwendet, um Automatisierungsszenarien für die Nachschubsteuerung im Sinne einer proaktiven Nachschubsteuerung anzustoßen.

In welchen Branchen wird CPA eingesetzt?

Die Einführung von Prozessautomatisierung durch Software-Roboter ist ein riesiger Schritt für die Wirtschaft, um Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern. Doch die Kombination aus Künstlicher Intelligenz und Robotic Process Automation, die Cognitive Process Automation, eröffnet den Unternehmen noch viel weitreichendere Einsatzmöglichkeiten. An dieser Stelle seien einige ausgewählte Beispiele genannt, die vornehmlich die Automatisierung von Dokumentenprozessen betreffen.

  • Feststellen von Inkongruenzen zwischen Verträgen und Rechnungen.
  • End-to-End Kundenservice mit Chatbots: Mit der kognitiven Automatisierung können Chatbots erstellt werden, mit denen sich problemlos Änderungen an anderen Systemen vornehmen lassen.
  • Abwicklung von Bankfinanzierungsgeschäften: CPA wickelt die Bearbeitung der Unterlagen ab und führt behördliche Prüfungen, einschließlich Sanktionsprüfungen und der ordnungsgemäßen Aufteilung von Käufern und Verkäufern durch.
  • Versicherungs-/Serviceverträge: Mit Hilfe von NLP-Techniken und OCR können Vertragsdaten bzw. Vertragsänderungen extrahiert werden, um automatisierte Entscheidungen in Bezug auf Vertragsänderungen zu treffen.
  • Versicherung – Schadensregulierung: Kognitive automatisierte Prozesse treffen selbstständig Entscheidungen über Schadensfälle auf der Grundlage von Vertrags- und Schadensfalldaten und benachrichtigen die Zahlungssysteme.

Während klassische RPA also vor allem in der herkömmlichen Sachbearbeitung eingesetzt werden wird, bietet kognitive RPA ein durchaus größeres Einsatzspektrum, denn sie kann aufgrund ihrer Vielseitigkeit in ganz unterschiedlichen Branchen eingesetzt werden.

Was ist mit den Kosten?

Eine um KI-Elemente erweiterte Robotic Process Automation (RPA)-Lösung punktet nicht nur durch die vergleichsweise niedrigeren Lizenz- und Installationskosten, sondern auch mit einer einfachen Implementierung und Nutzung. Um einen Software-Roboter zu benutzen, muss man keine IT-Koryphäe mit besonderen Programmierkenntnissen sein. Durch das Nachahmen von Benutzereingaben über die Benutzeroberfläche einer Anwendung entfällt das aufwendige Programmieren einer Anwendungsschnittstelle (API).

Jedoch verlängert sich die kurze Amortisationszeit der klassischen RPA im Rahmen der Cognitive Process Automation: Dies liegt einerseits an der Möglichkeit, komplexere Prozesse zu automatisieren und andererseits an der Skalierbarkeit der Prozessschritte und -variationen. Denn durch die Erkennung von Datenmustern kann die Technologie auch neue Ansätze erlernen und sich kontinuierlich anpassen. Auf diese Weise trägt die kognitive RPA auch zur internen Qualitätssicherung bei – auch, weil wie bereits erwähnt durch den Einsatz der Künstlichen Intelligenz mögliche Störfaktoren aufgedeckt und anschließend eliminiert werden können.

CPA und IoT

Künstliche Intelligenz und das Internet of Things – eine Kombination dieser beiden Technologien ist der entscheidende Hebel für eine umfassende Modernisierung von Unternehmen. Durch seine Fähigkeit, die physische Welt der Dinge und Maschinen zu digitalisieren, beispielsweise durch die Installation von vernetzten Sensoren, die permanent Daten sammeln und weiterleiten, schafft IoT einen Mehrwert unter anderem durch die Optimierung der Ressourcenverteilung und die Antizipation von Betriebsstörungen mithilfe von Tools für die vorausschauende Instandhaltung.

CPA ermöglicht in diesem Zusammenhang, die Datenmenge, die durch vernetzte Objekte erzeugt wird, schnell zu verarbeiten und Prozesse rund um die vom IoT erfassten Informationen und ihre Integration in die Systeme auszuführen. Falls erforderlich, löst CPA Aktionen in den Systemen aus, die zu Reaktionen in der physikalischen Welt durch die IoT-Vernetzung führen. Die Verschmelzung von IoT mit Technologien der KI ermöglicht ‚intelligenten‘ Maschinen, selbstständig zu denken und Entscheidungen auf Basis umfangreichen Wissens und mit minimalem oder keinem menschlichen Eingreifen zu treffen. Diese Verbindung von IoT und KI führt daher zu einem Paradigmenwechsel in der Mensch-Maschine-Beziehung und in den vom IoT geprägten Branchen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass CPA durchaus das Potenzial hat, auch komplexe Geschäftsfelder durch Automatisierung zu optimieren. Der entscheidende Vorteil von Cognitive Process Automation ist die Fähigkeit, die Daten von Unternehmen effektiv zu verarbeiten und aus früheren Erfahrungen zu lernen. So können diese Systeme die ihnen übertragenen Aufgaben weiterentwickeln und sorgen damit für eine kontinuierliche Verbesserung.

www.weissenberg-group.de

Milad Safar ist Managing Partner der Weissenberg Group, die er 2013 zusammen mit Marcel Graichen gegründet hat. Als interdisziplinärer Ansprechpartner für innovative IT-Lösungen beschäftigt sich die Weissenberg Group mit den vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Robotic Process Automation und Künstlicher Intelligenz und evaluiert zur Automatisierung geeignete Prozesse mit der Weissenberg-Methode, einem Verfahren aus individuellem Prozessmanagement und praxiserprobten Analyse-Tools.