Autor – Sepp Blank, Geschäftsführer der Speedpoint next Generations GmbH
Digitalisierung und nicht zuletzt der Einstieg einer digital affinen Generation Y in den Arbeitsmarkt haben die Art und Weise, wie Unternehmensziele erreicht werden, radikal verändert. Die richtige Idee zur richtigen Zeit sowie deren effiziente Umsetzung in immer schnelleren Intervallen bestimmen Markt und Wettbewerb. Arbeit wird zunehmend Problemlösung, Projektarbeit ist Standard und Kreativität entwickelt sich zur wichtigsten Ressource der Zukunft.
Talent wird also zum Wettbewerbsfaktor Nummer 1. Unternehmen ‚bewerben‘ sich um die besten Mitarbeiter und die Summe kollektiven Wissens und Könnens innerhalb eines Unternehmens wird zur DNA für langfristigen Erfolg. Postindustrielle Träumerei? Nein – einfache Logik aus der Tatsache, dass Märkte zunehmend global und (lokale) ‚Human Resources‘ – im besten und wertvollsten Sinn des Begriffs – immer knapper und wertvoller werden.
Daher steht in vielen sogenannten Mission Statements von Unternehmen ‚der Mensch‘ angeblich im Mittelpunkt allen unternehmerischen Handelns. Dennoch sind laut Forsa Umfrage [1] die Hälfte der Mitarbeiter ‚auf der Suche nach mehr Erfüllung‘ im Job und ein Drittel ist latent ‚auf dem Absprung‘. Eine ‚angenehme Arbeitsatmosphäre‘ – ein wichtiges Kriterium bei der Stellenauswahl – findet man zwar im Kern vieler innovativer Strategien zur digitalen Transformation in Unternehmen, aber leider haben diese Ideen bisher noch viel zu selten den Weg aus den Köpfen der Strategen in die Realität des Arbeitsalltags gefunden.
Digital Workplace – nur in der Theorie?
Digitale Transformation ist längst ein gesellschaftlicher Prozess, und daraus resultiert die Erwartungshaltung an Unternehmen, digitale Technologien konsequent zu adoptieren. In der Theorie haben die meisten Unternehmen bereits erkannt, dass die Innovation des Arbeitsplatzes zunehmend zum Wettbewerbsvorteil wird. Die Realität sieht allerdings anders aus: Interne Arbeitsprozesse, Arbeitsplatzumgebung und Ausstattung sind zum Teil mindestens zehn Jahre zurück. Die agile Erfahrung des privaten Alltags wird reduziert auf E-Mail, Telefon und vielleicht einen internen Messenger. Produktive Vernetzung und Kollaboration werden durch vorgegebene technische Infrastruktur, Tools und Prozesse auf ein Minimum beschränkt. Die Mobilität reicht gerade vom Bildschirmrand bis zur Schreibtischkante und E-Mail-Ketten mit zweistelligen Empfängerlisten und Betreffzeilen wie „AW: AW: FWD: RE: AW: Neues Projekt“ sind nach wie vor Alltag – Hemmschuhe auf dem Weg hin zu nahtlosen, agilen Prozessen.
Nach einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) [2] ‚knausern‘ deutsche Unternehmen bei Investitionen in Digitalisierung. Erwähnenswert an dieser Stelle: Mehr als die Hälfte des österreichischen Mittelstands befindet sich bei der Nutzung mobiler Endgeräte und firmeninterner Social Networks bereits in der Rollout-Phase [3]. Verlieren wir also den Anschluss, während wir über Industrie 4.0 bzw. Arbeiten 4.0 diskutieren? Zumindest besteht akuter Handlungsbedarf.
Technik ist nicht alles
Was müssen Unternehmen also beachten, um dieses Risiko abzuwenden? Denn es ist nicht damit getan, möglichst viel (neue) Technik in bestehende Prozesse zu integrieren. Digitaler Wandel bedeutet innovative, zum Teil sogar disruptive Technologien als Anlass und Vehikel für notwendige Transformationen des gesamten Unternehmens zu nutzen. Damit rückt der Mitarbeiter ins Zentrum von Veränderungsprozessen. Change Management in Unternehmen ist dann erfolgreich, wenn der persönliche Mehrwert für den Mitarbeiter klar erkennbar ist. Wenn zum Beispiel der Einsatz mobiler Endgeräte und einer Video-Konferenzlösung zu flexibleren Arbeitszeiten führt und Mitarbeiter damit den Spagat zwischen Job und Familie besser in den Griff bekommen, dann erhöht dies die Mitarbeiterzufriedenheit. Für das Unternehmen bedeutet das weniger Fluktuation, weniger Kosten für Neueinstellung, vor allem aber deutlich mehr Produktivität.
Wie lässt sich das konkret umsetzen? Alle Ansätze digitaler Transformation beschäftigen sich mit dem Etablieren digitaler Geschäftsmodelle, von Customer bzw. User Experience, IT-Prozessen und Schnittstellen, digitaler Technologie und Endgeräten und – meist als letztem Schritt – dem ‚Mitnehmen der Beschäftigten‘, fälschlicherweise meist auf Anwendungstraining reduziert. Natürlich sind alle diese Themen von Belang. Die menschliche Komponente wird jedoch meist unterschätzt und die technische Komplexität überbewertet.
Transformation mit Perspektive
Damit das Vorhaben „Digitale Transformation“ gelingt, gibt es daher einige Punkte zu beachten: Der Weg zum agilen Unternehmen ist ein individueller, grundlegender Prozess und kein Projekt, für das es eine allgemeingültige Vorgabe gibt. Die Ziele sind Flexibilität, Zukunftsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit einer Organisation sowie die Bereitschaft – im Sinne der Unternehmensziele – beständig an Vorgehensweisen, Strukturen und Unternehmenskultur zu arbeiten.
Interne Stakeholder einbinden
Strukturen und Abläufe in Unternehmen sind meist über Jahre gewachsen, viele Mitarbeiter haben einiges investiert um sie aufzubauen und sind somit Stakeholder der bestehenden Situation geworden. Hier gibt es viel Kompetenz, die – wenn man sie nicht oder zu spät konsultiert – den Wandel verlangsamen oder sogar zum Erliegen bringen können. Ratsam ist deshalb beispielsweise ein Planungs- und ‚Steering‘-Komitee aus Management, Personalabteilung, IT Abteilung und Fachabteilungen.
Natürlich hilft es von Anfang an, einen externen Experten einzuschalten. Die unparteiische Sicht von außen gewährt neben technischer Fachkenntnis und Umsetzungs-Expertise auch die nötige Distanz, um kritische Bereiche mit Handlungsbedarf aufzuzeigen und effiziente Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Externe Konzepte lassen sich auch in der Regel konstruktiv und konfliktfreier diskutieren. Solche Experten können darüber hinaus zu wertvollen Partnern und Begleitern in der Implementierungsphase entwickeln.
Individualität zum Vorteil machen
Es gibt nicht die ‚eine‘ Lösung für alle Themen. Ziel ist es, verschiedenen Mitarbeitergruppen im Unternehmen höchste Effizienz zu ermöglichen. Daher sind individuelle Anwenderszenarien ein Kriterium für einen erfolgreichen Rollout. In Teams mit unterschiedlichen Aufgaben, aber regelmäßigem Abstimmungsbedarf sind zum Beispiel interaktive, miteinander vernetzte Teamwork-Areas und intelligente Displays eine passende Lösung. Im Kreativ-Sektor – man denke an Design-Agenturen, Architekturbüros – steht der unmittelbare Austausch von Ideen und ihre Weiterentwicklung im Vordergrund. Mobilität und Flexibilität erfordern hier eine geräte- und ortsunabhängige Kollaborationslösung.
Varianten sind also wichtig und erfordern oft die Kombination verschiedener Hersteller und Lösungen für maximalen Mehrwert. Im Rahmen einer abgestimmten IT-Strategie erhöht dies die technische Komplexität nur marginal. Gleichzeitig aber bietet sich die Chance einer sinnvollen, dynamischen und modularen Implementierung ganz im Sinne des digitalen Transformationsprozesses.
Transformation von innen nach außen
Unternehmensziele wie Umsatzsteigerung durch neue digitale Produkte und Services, Verbesserung des Kundenerlebnisses, Erhöhung der Kundenbindung sowie Kostenreduktion und Effizienzsteigerung sind unbestritten. Allerdings sind sie eben nur das mittelbare Ergebnis digitaler Transformation, die Mitarbeiter in die Lage versetzt effizienter und motivierter zu arbeiten. Interaktion mit Kunden erfolgt nicht durch Technologie (allein), sondern überwiegend durch Mitarbeiter.
Die Digitalisierungsstrategie eines Unternehmens sollte deshalb am Arbeitsplatz beginnen. Die konkrete Umsetzung der neuen Arbeitswelt sollte so nah wie möglich an den Bedürfnissen und Anforderungen derer sein, die tagtäglich in ihr agieren.
Fazit
Die besten Arbeitgeber – übrigens eine interessante Mischung aus global erfolgreichen Unternehmen der IT- und Internetbranche bis zum deutschen Mittelstand – haben es bereits vorgemacht: Während in Deutschland bei Arbeiten 4.0 größtenteils noch Fragen der ‚Ergonomie‘ und des ‚Regulierungsbedarfs‘ diskutiert werden, sind diese Unternehmen längst bei kostenloser Kinderbetreuung, Biokost und eigenem Fitnessangebot. Denn – natürlich – geht es dabei (auch) um Produktivität und Ertrag des Unternehmens. Gerade deswegen ist es unerlässlich, die Arbeitsplatzzufriedenheit von Mitarbeitern zum zentralen Anliegen zu machen. In diesem Sinne: ‚A great workplace‘ wäre schon mal ein guter Anfang für ‚a great place to work‘.
Die Speedpoint next Generations GmbH ist ein mittelständisches Systemhaus für IT Gesamtlösungen mit Schwerpunkt interaktive Zusammenarbeit und Kommunikation im Unternehmen.
Quellen
[1] Sueddeutsche.de http://www.sueddeutsche.de/karriere/studie-zu-zufriedenheit-im-job-ein-bisschen-auf-dem-sprung-1.2326518
[2] WuV.de http://www.wuv.de/karriere_job/digitalisierung_deutsche_firmen_knausern_bei_investitionen
[3] EY-Umfrage „Digitalisierung in österreichischen Mittelstandsunternehmen“ Befragungsergebnisse, PDF, Seite 10 http://www.ey.com/Publication/vwLUAssets/EY_Digitalisierungsstudie_2016/$FILE/EY%20Mittelstandsbarometer%202016%20Digitalisierung%20LF.pdf