Autor – Daniel Taborek, Director Competence Center Comarch ECM, IT-Revisor Comarch Swiss AG
Die Bereitschaft, langjährige Lieferantenbeziehungen aufzugeben und zu einem anderen Anbieter zu wechseln, der „schneller“, „preiswerter“, „flexibler“, „serviceorientierter“ ist, ist bei Unternehmen sehr hoch. Denn durch den richtigen Einsatz von ECM und BPM ist es möglich, alle Geschäftsanwendungen wie ERP, Finanzbuchhaltung, EDI, BI, PPS oder Logistiksoftware auch dann in Geschäftsprozessen zu organisieren, wenn diese Systeme von verschiedenen Herstellern sind oder auf unterschiedlichen Plattformen laufen – ein Umstand, der einen Wechsel realisierbar macht.
Wettbewerbsfähigkeit erhalten durch Optimierung von Geschäftsprozessen
Ist ein Wettbewerber an einem vergleichbaren Standort und unter vergleichbaren Bedingungen schneller, preiswerter und serviceorientierter, liegt das oft an besser organisierten Prozessen und daraus folgend motivierten Mitarbeitern. Um das entscheidende Optimierungspotential bei solchen Geschäftsprozessen zu ermitteln, müssen bestimmte Fragestellungen zu Grunde gelegt werden.
• Ist ein schneller Zugriff auf „alle“ Daten und Dokumente gewährleistet, die Mitarbeiter zur Erledigung ihrer Aufgaben benötigen?
• Haben Geschäftsleitung und Mitarbeiter einen Überblick über Aktenliegezeiten?
• Werden Bearbeitungsstaus bei Überlastung, Krankheit oder Urlaub einzelner Mitarbeiter erkannt?
• Entstehen Fehler, weil unterschiedliche Versionen von Daten und Dokumenten in verschiedenen Systemen oder an verschiedenen Orten abgelegt wurden?
• Wissen Manager und Mitarbeiter, wie oft Dringendes zuerst bearbeitet wird und dadurch Wichtiges liegenbleibt?
• Wird der Geschäftspartner pro-aktiv über den Bearbeitungsstatus informiert und kann direkt Einfluss nehmen?
• Wird Geschäftssoftware unterschiedlicher Hersteller eingesetzt und müssen Daten doppelt erfasst oder Prozesse aktiv angestoßen werden?
• Wird den Kunden und Lieferanten die Möglichkeit des direkten Datenaustauschs anstelle einer Kommunikation mit Papier, Fax oder E-Mail geboten und ist bekannt, bei welchem Prozess wie viel Zeit und Kosten gespart werden können.
Anhand dieser Stichpunkte lässt sich erkennen, bei welchen Prozessen Handlungsbedarf im Unternehmen besteht.
Darüber hinaus berücksichtigen immer mehr Kunden, welche sich für einen Lieferanten entscheiden, nicht ausschließlich den Preis für Leistungen oder Produkte, sondern evaluieren darüber hinaus, ob der neue Geschäftspartner in die eigene Infrastruktur integriert werden kann, dass die Zusammenarbeit mit möglichst wenig Zeit und Geld verbunden ist. Zu nennen sind hier beispielsweise die Frage nach dem direkten elektronischen Versand von Bestellungen, Lieferavis, Lieferscheinen und Rechnungen über EDI oder auch der Zugriff auf Daten über Webportale.
Alle Abläufe von Anfang bis zum Ende einbeziehen
Innerhalb eines einzelnen Systems wie ERP, Finanzbuchhaltung oder BI werden Prozesse bereits oft gut abgebildet und weitgehend automatisiert. Beispiele dafür sind der Bestellprozess oder die Rechnungsprüfung mit Bestellbezug innerhalb von ERP-Systemen. Ein Geschäftsprozess spielt sich aber nicht nur innerhalb einer einzelnen Anwendung ab, vielmehr sind viele unterschiedliche Mitarbeiter und Geschäftspartner bei einzelnen Schritten und Aufgaben aktiv. Und es kommt mehr als nur eine Anwendung zum Einsatz.
Um Prozesse wirklich zu optimieren, dürfen nicht nur technische Features wie zum Beispiel Workflow-Funktionen in die Überlegungen einbezogen werden. Ein Geschäftsprozess beginnt vielleicht mit einer E-Mail in Outlook oder mit einem eingehenden Fax, setzt sich in Word oder Excel fort, während bestimmte Daten bereits in einem ERP- oder Finanzbuchhaltungssystem erfasst werden. Bis zum Abschluss des Prozesses kommen alle diese Systeme bei verschiedenen Mitarbeitern immer wieder zum Einsatz (siehe Bild).
Bild: Bei einem Geschäftsprozess sind verschiedene Personen sowie unterschiedliche Anwendungen involviert.
Während all dieser Schritte sind Fristen und Regeln einzuhalten, es entstehen neue Dokumente und auf vorhandene Dokumente und Daten wird zugegriffen. Um den gesamten Prozess zu kontrollieren und zu verbessern, reichen Workflow-Funktionen in ERP, Aufgabenlisten in Outlook und Notizfunktionen in Office nicht aus. Prozesse können nur kontrolliert und verbessert werden, wenn die Mitarbeiter unterstützt und dazu ermutigt werden, zuerst die für das Unternehmen wichtigen Dinge nach klar definierten Regeln und fehlerfrei zu erledigen.
Unternehmen mit heterogenen Software-Landschaften lösen diese Herausforderung zunehmend, indem Workflow- bzw. BPM-Systeme führende Rollen bei der Automatisierung von Geschäftsprozessen übernehmen. Diese Anwendungen sind entweder gesonderte IT-Lösungen oder sind bereits Teil eines ECM-Systems. Diese starten, steuern und überwachen Geschäftsprozesse von Beginn bis Ende und stellen den Anwendern – unabhängig davon, ob ERP, Finanzbuchhaltung oder Office-Programm im jeweiligen Prozessschritt zur Anwendung kommt – alle notwendigen Daten und Dokumente zur Verfügung.
Compliance durchsetzen
Selbstverständlich ist es ein erster Schritt in einem Unternehmen, Prozesse, Aufgaben, Verhaltensvorschriften und Regeln festzulegen, die zu einer erfolgreichen oder richtigen Bearbeitung führen. Manchmal sind das ganz einfache Verhaltensregeln wie zum Beispiel, dass sich Mitarbeiter eine urlaubs- oder dienstreisebedingte Abwesenheit genehmigen lassen und vorher die Vertretungsbereitschaft durch einen anderen Mitarbeiter abklären. Ein anderes Beispiel könnte sein, dass Mitarbeiter, die für die Rechnungsprüfung zuständig sind, Rechnungen mit einem Skontobetrag höher als 200 Euro spätestens drei Tage vor Ablauf der Skontofrist geprüft haben.
Wie sieht dies in der Praxis aus? Abhängig von Stress, Tagesform, Motivation oder Kontrolle durch das Management werden solche Compliance-Regeln auch eingehalten. Ohne geeignete Unterstützung bei den Geschäftsanwendungen müssen Mitarbeiter sich aber selbst so organisieren, dass sie entsprechend den gegebenen Anweisungen arbeiten.
ECM- und BPM-Systeme steuern Bearbeitungsregeln
Durch den richtigen Einsatz von ECM- und BPM-Software wird Mitarbeitern geholfen, Wichtiges zuerst zu erledigen und dabei Fehler zu vermeiden. Außerdem hat das Management eine transparente Übersicht zu Bearbeitungs- und Aktenliegezeiten und kann einen möglichen Aufgabenstau in Abteilungen erkennen und darauf Einfluss nehmen. Damit können Prozesse immer weiter verbessert werden. Steht kein ECM und BPM zur Verfügung ist dies vielleicht ebenso innerhalb eines modernen ERP-Systems möglich, allerdings entziehen sich die vielen Schritte, welche vorher und nachher außerhalb dieser Systeme erledigt werden müssen, jeder Kontroll- und Einflussnahme.
ECM-Systeme übernehmen die Aufgaben, Daten aus allen Anwendungen zu bewerten und mit gescannten Dokumenten automatisch in Akten zusammenzufassen. Dabei kommunizieren ECM-Systeme heute über moderne Schnittstellentechnologien mit den führenden Systemen wie ERPERP, Finanzbuchhaltung genauso wie mit BI, EDI, PPS oder Logistiksoftware, um Indexinformationen von Akten oder Dokumenten vollständig und aktuell zu halten. BPM-Systeme steuern oder initiieren Geschäftsprozesse so, dass Fristen und Bearbeitungsregeln überwacht und eingehalten werden. Vor allem aber weisen sie den Mitarbeitern nicht nur Aufgaben zu, sondern geben auch konkrete Arbeitsanweisungen und stellen alle Daten und Dokumente, die zur Erledigung einer Aufgabe nötig sind zur Verfügung. Moderne BPM-Systeme stellen keine Konkurrenz zu Workflow-Lösungen in ERP- oder Finanzbuchhaltungsthemen dar, sondern binden diese ein.
Allerdings sind auch Risiken zu bedenken. Compliance lässt sich auch mit modernsten Softwareanwendungen dann am besten durchsetzen, wenn die Mitarbeiter davon überzeugt sind, dass diese Maßnahmen letztlich ihren Arbeitsplatz sichern und helfen, auch unter Zeitdruck Fehler zu vermeiden.
www.comarch.de
Daniel Taborek, Director Competence Center Comarch ECM, IT-Revisor Comarch Swiss AG. Comarch ist ein weltweit tätiger Anbieter von IT-Lösungen und in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit rund 300 Mitarbeitern an 14 Standorten präsent. Unser Angebotsportfolio umfasst Business-Software (ERP, Financials, ECM/DMS, EDI, BI, CRM & Marketing, IT-Services) für mittelständische Unternehmen und die Branchen Telekommunikation, Banken & Versicherungen, Handel & Dienstleistungen.