Autor – Christian Burkamp, Leiter Forschung & Entwicklung bei Ceyoniq Technology
Es scheint, als könne man mit Künstlicher Intelligenz heute – oder spätestens morgen – jedes Problem auf diesem Planeten lösen. Doch kann von einer weiten Verbreitung von KI-Techniken im Umfeld von klassischen Informationsmanagement-Prozessen noch keine Rede sein. Denn bislang werden KI-Systeme im Unternehmenskontext meistens mit dem einen Ziel eingesetzt: Prozesse zu automatisieren. Entsprechende Software übernimmt klassische Aufgaben, die vorher manuell ausgeführt wurden. KI hilft dabei, eine höhere Verarbeitungsqualität zu erreichen – insbesondere da, wo Massendaten verarbeitet werden müssen.
Zur Bewältigung bestimmter Aufgaben werden hierzu etwa regelbasierte Erkennungsmuster festgelegt: Wenn Fall A eintritt, muss Handlung B ausgeführt werden. Doch nach wie vor ist der Arbeitsalltag in vielen Unternehmen voll von derartigen Wenn-Dann-Regeln, die immer noch manuell durch Mitarbeiter ausgeführt werden. Und hier suchen Firmen zunehmend nach digitalen Möglichkeiten, bei zentralen Geschäftsprozessen den Automatisierungsgrad zu erhöhen.
Intelligente Systeme – nicht wirklich ‚neu‘
Fest steht: Obwohl KI im Moment medial einen unglaublichen Hype erlebt, existieren die meisten der sich im Einsatz befindlichen Techniken bereits seit einiger Zeit. Somit hat sich deren Nutzung im Kontext von Information Management in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Zu den Methoden, die bereits verfügbar sind und eingesetzt werden, zählen beispielsweise:
Klassifikations-Methoden:
Seit geraumer Zeit existieren Verfahren der Einteilung bestimmter Objekte in Klassen, basierend auf einem Algorithmus. Beispiele im Umfeld klassischer Informationsmanagementprozesse wären etwa die automatische Erkennung und Zuweisung von Dokumenten oder E-Mails zu Ordnern, Akten oder Unternehmensprozessen.
Expertensysteme:
Entsprechende KI-Systeme unterstützen Menschen bei der Entscheidungsfindung, indem sie Handlungsempfehlungen aus historischen Daten ableiten. Versicherungsunternehmen setzen beispielsweise derartige Technologien vermehrt in der Schadensregulierung auf Basis von Wenn-Dann-Regelbäumen ein.
Methoden der Mustererkennung:
Diese kognitiven Programme sind in der Lage, Muster in großen Datenmengen zu erkennen, etwa Wiederholungen, Gesetzmäßigkeiten oder Ähnlichkeiten. Einsatzgebiete sind die Sprach- und Texterkennung, aber auch in der industriellen Produktion häufen sich die Anwendungsfälle. Das ist zum Beispiel bei der vorausschauenden Wartung der Fall.
Neuronale Netze:
Solche KI-Systeme sind vom Aufbau des menschlichen Gehirns inspiriert und verantwortlich für viele der jüngeren Forschungserfolge. Die auch als Deep Learning bezeichneten Methodiken sind beispielsweise Grundlage für autonomes Fahren oder maschinelle Übersetzungen.
Zeitenwende durch schnellere Rechner
An den eingesetzten Technologien selbst fanden demnach keine großen Veränderungen statt. Neu ist hingegen die hohe Leistungsfähigkeit der verfügbaren Rechnersysteme. Hier hat der rasante Fortschritt der letzten Jahre, bezogen auf die Computertechnik, dazu geführt, dass KI-Techniken heute auf normalen Arbeitsplatz-PCs anwendbar sind.
Bezogen auf das ECM-Umfeld werden entsprechende Technologien vor allem bei der automatischen Erkennung von Dokumententypen im Input-Management, bei der Kategorisierung eingehender E-Mails sowie bei der Extraktion von Metadaten aus Dokumenten eingesetzt. Meist konzentrieren sich die Systeme in diesem Bereich auf das automatisierte Auslesen von Rechnungen, verbunden mit dem Ziel der nachgelagerten Prozessbeschleunigung. Weitere Einsatzbereiche wie z.B. das maschinelle Auslesen von Daten aus Verträgen sind im Kommen, die Technologien haben für dieses Feld aber meist noch nicht den nötigen Reifegrad, da etwa auch Funktionalitäten der Sprachanalyse integriert werden müssen.
Was den Siegeszug noch aufhält
Wie stehen also die Chancen für die verstärkte KI-Integration in ECM-Lösungen in den kommenden Jahren? Sicher ist: Es gibt noch eine Reihe von Hindernissen zu überwinden, ehe KI-Techniken flächendeckend Einzug in Prozesse des Informationsmanagements in Unternehmen halten werden. Zu den aktuellen Problemstellungen gehören dabei vor allem:
Mangelnde Expertise:
Um ein konkretes Business-Problem zu lösen, muss aus der Fülle der verfügbaren Methoden die richtige herausgesucht werden. Dafür mangelt es oft noch an den nötigen Experten, die ausreichend Erfahrung mit den verfügbaren KI-Techniken haben.
Fehlende Daten:
Zudem steht man vielerorts noch vor der großen Herausforderung, das KI-System mit ausreichend qualifizierten Daten für den Lernprozess zu versorgen, ohne die die Systeme bei einer hohen Fehlerquoten hängen bleiben. Die erforderliche Menge an Daten steht aber oftmals noch nicht zur Verfügung.
Improvisation:
Im Büroalltag passieren zudem ständig unvorhergesehene Ereignisse. Darauf lassen sich die heute bekannten KI-Systeme nicht gut trainieren.
Trainingsaufwand:
Wenn ein KI-System für einen bestimmten Anwendungsbereich bereits ausreichend trainiert geliefert wird, dann kann der Einsatz einfach sein. Das System ist dann aber auch entsprechend teuer. Andere KI-Systeme müssen hingegen noch auf den jeweiligen Anwendungsfall angepasst und mit Daten trainiert werden. Das bedeutet in der Regel einen gewissen Zeitaufwand und ist mit Kosten verbunden.
Die genannten Problemstellungen führen dazu, dass KI derzeit noch auf einen sehr kleinen Ausschnitt der Realität beschränkt ist.
Wie geht es weiter?
Es zeigt sich, dass im Alltag von Unternehmen und Behörden meist vielfach komplexe Vorgänge bewältigt werden müssen – und KI-Systeme darauf schwer zu trainieren sind. Allerdings werden entsprechende Technologien ständig weiterentwickelt. Ein großes Augenmerk liegt dabei auf der Beschleunigung des Lernverhaltens. Das kann in absehbarer Zeit dazu führen, dass die benötigten Trainingsdatenmengen kleiner werden und die Investitionen für Unternehmen in diesem Bereich leichter zu stemmen sind.
So ist in den nächsten Jahren durchaus mit einer deutlich stärkeren Durchdringung des Marktes mit KI-Techniken zu rechnen. Die Verfügbarkeit insbesondere von vortrainierten Systemen für bestimmte Problemfelder wird sich voraussichtlich bald erhöhen – etwa als Ergänzungsmodule zu bestehenden ECM-Systemen.
Seit mehr als 25 Jahren ist die Ceyoniq Technology GmbH Hersteller branchen-übergreifender, intelligenter Softwarelösungen in den Bereichen DMS, ECM & EIM auf Basis der Informationsplattform nscale. Die Ceyoniq Technology GmbH ist ein Tochterunternehmen der KYOCERA Document Solutions Inc. und beschäftigt am Hauptsitz in Bielefeld sowie an weiteren bundesweiten Standorten mehr als 150 Mitarbeiter.