Autor – Alexander Steiner ist Chief Solution Architect bei der meta:proc GmbH
Status quo im Unternehmen: Zahlreiche zeitaufwendige, sich wiederholende Geschäfts-prozesse binden tagtäglich viele Mitarbeiter. Eine Option, um diese Vorgänge zu optimieren, ist Robotic Process Automation (RPA): Dabei übernehmen Software-Roboter repetitive Abläufe. Diese Bots arbeiten mit einer Fehleranfälligkeit von null und bei Bedarf rund um die Uhr.
Grundvoraussetzungen für die Einführung einer Automation bilden regelbasierte, sich wiederholende und klar strukturierte Prozesse. Als elementar stellt sich zudem die digitale Datengrundlage heraus, denn zur Ausführung der Prozesse benötigen die Bots strukturierte Informationen. Typische Aufgaben für den Einsatz von RPA sind daher Standardprozesse wie die Entnahme, Bearbeitung und Weiterverarbeitung von Daten sowie die Angebots- und Rechnungserstellung oder die Sicherstellung der Einhaltung von Compliance-Richtlinien. Zudem zeigen sich auch Abläufe mit Medienbrüchen gut geeignet, wenn es beispielsweise darum geht, Daten aus einer E-Mail oder Tabelle zu extrahieren und zu bearbeiten.
Challenge: Wissen über interne Abläufe
Als problematisch bei der Implementierung von RPA erweist sich in vielen Fällen, dass Unternehmer die Abläufe in ihrem eigenen Betrieb nicht im Detail kennen – und selbst wenn sie theoretisch den Überblick haben, wissen sie oftmals nicht, wie die Ausführung in der Praxis aussieht. Die Mitarbeiter dagegen arbeiten im besten Fall mit einer nachvollziehbaren Interpretation des Prozesses, dabei sind die eingesetzten Werkzeuge und Kniffe der „Klebstoff“ für eine effiziente Nutzung zwischen den einzelnen Prozessschritten.
Häufig liegen daher Welten zwischen der theoretischen Vorgangsbeschreibung und der praktischen Ausführung, denn das notwendige Hintergrundwissen steckt in den Köpfen oder steht auf handschriftlichen Notizen der Angestellten. Im schlechtesten Fall handeln diese – oft nicht einmal rational nachvollziehbar – einfach nach Bauchgefühl. Je nachdem wie groß die Divergenz zwischen der auszuführenden Aufgabe und der Dokumentation tatsächlich ist, gestaltet sich die Aufbereitung eines vollständigen Bildes als eine mehr oder minder große Herausforderung – ebenso wie durch diverse Ausführungsvariationen eines Prozesses.
To-dos: Analyse von Prozessen
Um die tatsächliche Auswirkung – sprich die mögliche Effizienzsteigerung – durch RPA zu messen, müssen Unternehmer zwingend im Vorfeld über den Ablauf der zu automatisierenden Geschäftsprozesse Bescheid wissen. Dazu zählen beispielsweise die Durchlaufzeiten im Backoffice. Für die Analyse sind Auskünfte der Mitarbeiter unabdingbar, denn viele Informationen zur Vorgangsbearbeitung liegen sicher verwahrt auf Spickzetteln in den Schreibtischschubladen. Häufig geht es um Tools, die durch Aufzeichnen oder Data Mining einen Prozess „nebenbei“ mitschreiben. Diese beschränken sich allerdings auf die Systemgrenzen.
Individuelles Prozesswissen ist nicht „auf Knopfdruck“ greif- oder erkennbar – ansonsten hätten Themen wie Process Mining nicht den heutigen Stellenwert. In einigen Fällen wurde das Wissen vielleicht bereits an die Kollegen weitergegeben, in anderen Fällen möchten Mitarbeiter ihre mühsam erarbeiteten Kenntnisse unter Umständen nur ungern teilen – etwa um die eigene Stellung nicht zu gefährden oder den Vorgang in der Hand zu behalten und damit die eigene Ausführungsweise sicherzustellen.
Eine Hinterfragung und Analyse der Prozesse versucht dabei, jede nicht dokumentierte Entscheidung und sämtliches Wissen aufzudecken sowie zu protokollieren. Das kann beispielsweise anhand historischer Daten passieren, falls diese zur Verfügung stehen, oder auch durch Mitarbeiterinterviews. Dabei braucht es jedoch Fingerspitzengefühl: Sieht das Gegenüber in der Wissensvermittlung eher eine Gefahr als einen Vorteil, geht der Informationsgehalt der so gewonnenen Daten gegen null.
Next Step: Legacy-Systeme
Zahlreiche Betriebe kämpfen im Zuge der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse und bei der Einführung von Innovationen mit ihren Altsystemen. Die sogenannten Legacy-Systeme bedeuten einen hohen Aufwand, wenn es beispielsweise um die Anbindung an das Internet of Things (IoT) geht. Durch den befürchteten Aufwand und mögliche Komplikationen entsteht eine Hemmschwelle, die viele Unternehmer davon abhält, innovative Prozesse einzuführen, denn wenn Bestands- und Neusysteme aufeinandertreffen, sind technische Schwierigkeiten häufig vorprogrammiert. Durch die Menge an Datenlieferanten des IoT ergibt sich eine mit deren Anzahl wachsende Datenflut in sämtlichen Unternehmensbereichen. Was zunächst unproblematisch erscheint, macht sich mit der fehlenden Kompatibilität zwischen isolierten oder nur individuell adressierbaren Bestandssystemen und neuen, offenen Technologien mit Standardschnittstellen bemerkbar.
Bei dem Versuch, die bestehenden Infrastrukturen zu modernisieren, kommt es in der Regel zu hohen Kosten und einem enormen Aufwand. Hier dient RPA nicht nur als Innovation, sondern auch als Lösung, um die Schnittstellenprobleme zwischen probaten sowie modernen Technologien zu bewältigen. Durch den Einsatz von Interimslösungen auf Basis von RPA lässt sich auch der zeitliche Versatz zwischen verschiedenen Projekten überbrücken: Die Automation unterstützt dabei, manuelle Geschäftsprozesse zu automatisieren, und ersetzt die zuvor von Mitarbeitern ausgeführte Schnittstellenbedienung. So verknüpft RPA innovative IoT-Anwendungen mit etablierten Umgebungen.
Good to Know: RPA ist nicht gleich KI
Als trügerisch erweisen sich oftmals auch Angebote verschiedener RPA-Anbieter. Lösungen werden häufig als „intelligent“ angepriesen. Fest steht jedoch: In der Reinform kann RPA nur mit strukturierten Daten regelbasiert arbeiten. Um Informationen in ausreichender Qualität aufzubereiten, entsteht in einigen Fällen ein erhöhter Aufwand. Da das Tool sich in erster Linie für repetitive Tätigkeiten – also Standardprozesse – eignet, lässt es sich zudem nicht in jedem Unternehmen gleichermaßen sinnvoll anwenden. Nutzer müssen sich darüber im Klaren sein, dass Software-Roboter nur die Prozesse ausführen, die ihnen zuvor antrainiert wurden. Klassische Bots sind „unkreativ“, denn sie können nicht selbst lernen. Hierfür wäre künstliche Intelligenz (KI) beziehungsweise Machine Learning notwendig. In Verbindung mit KI können die Systeme eigene Entscheidungen treffen, dazulernen und Vorgänge selbstständig optimieren. Dabei kann KI Aufgaben zuweisen, die anschließend von einem RPA-Bot ausgeführt werden. In diesem Zusammenhang rufen moderne Technologien wie RPA allerdings immer wieder auch Skepsis hervor: Mitarbeiter fürchten, dass Maschinen sie ersetzen.
Bei der Automation handelt es sich jedoch tatsächlich nur um eine Technologie – nicht mehr und nicht weniger. Wie, für was und zu welchem Zweck ein Betrieb Automationen einsetzt, liegt nicht in der Hand der Entwickler oder gar der Software selbst, sondern in der Strategie des Unternehmens. Bei der Anreicherung von RPA mit KI kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: RPA soll einen taktischen Vorteil durch geringere Aufwände und Kosten sowie die Erfüllung verschiedener Anforderungen und Einhaltung von Compliance-Richtlinien im Vergleich zu einem klassischen Business-Process-Management-Projekt ermöglichen. KI-Funktionalitäten minimieren beziehungsweise eliminieren diese Vorteile schlimmstenfalls durch die initialen Aufwände für die Implementierung und das Training der KI-Lösung – insbesondere, wenn diese an das RPA-Produkt gebunden ist und sich nicht universell für andere Zwecke verwendet lässt. Auf dem aktuellen Stand der Technik setzen Betriebe Software-Roboter ein, um repetitive Abläufe zu optimieren und Arbeitskräfte zu entlasten oder Legacy-Systeme zu modernisieren, bevor an Digitalisierung von Prozessen mithilfe künstlicher Intelligenz überhaupt zu denken ist.
Watch Out: Fehler haben Bestand
Um letztendlich zu entscheiden, welche Vorgänge Software-Roboter automatisiert ausführen können und wie sie das tun sollen, brauchen Anwender eine gute Gesamtübersicht über alle laufenden Prozesse. Hier gilt die Faustregel: Lässt sich der Ablauf beschreiben, so lässt er sich üblicherweise mit proportionalem Aufwand zur Dokumentation auch automatisieren. Mithilfe von Process Mining schaffen Unternehmer Transparenz und erkennen Potenziale: Welche Abläufe funktionieren bereits gut? Wo stockt es noch?
Auf Basis der verarbeiteten Daten in allen IT-Systemen gelingt es, sämtliche Vorgänge zu rekonstruieren und zu analysieren. Dabei findet zum Beispiel eine Auswertung des entstandenen Kosten- und Zeitvolumens statt – diese ermöglicht eine genaue Identifikation der zur Einführung einer Automation geeigneten Prozesse. Ohne eine detaillierte Analyse vor der Implementierung besteht die Gefahr, dass die Automation einen Geschäftsprozess schlimmstenfalls tausendfach falsch ausführt und einen hohen Korrekturaufwand fordert. Darüber hinaus sollte der zugrunde liegende Prozess an sich korrekt und sinnvoll sein: Die Automatisierung eines bestehenden Vorgangs, der auf irgendeine Weise fehlerhaft ist, wirkt sich in der Regel nur auf die Geschwindigkeit, nicht jedoch auf die Effizienz des Prozesses aus – er wird lediglich schneller falsch ausgeführt. Wer im nächsten Schritt etwa seinen Return on Invest berechnen möchte, sollte die Vorgänge auch im Anschluss an die RPA-Implementierung beobachten und einzelne Parameter wie die Durchlaufzeiten analysieren.
Result: RPA ist eine Chance
Es zeigt sich, dass Automatisierungsprojekte häufig an befürchteten Hemmnissen und Komplikationen sowie falschen Erwartungen oder mangelhafter Vorarbeit scheitern. Unternehmer, die ihre laufenden Prozesse nicht kennen und dazu mögliche Alternativen zur Ausführung einzelner Prozessschritte nicht analysieren und bewerten, setzen Software-Roboter oftmals – zulasten der Robustheit – ineffizient ein und verlieren Zeit und Geld durch die anschließende Fehleranalyse sowie -behebung. Zusätzlich lässt sich die Auswertung zur Effizienzprüfung am Schluss nur durchführen, wenn sämtliche Informationen über den Gesamtvorgang vorliegen.
Alles in allem kann Robotic Process Automation an vielen Stellen im Betrieb für eine erhebliche Optimierung der Abläufe sorgen, wenn das Tool richtig eingesetzt wird: Effizienzsteigerungen sowie Kosteneinsparungen bei komplexen Geschäftsprozessen und nicht zuletzt die Entlastung der Mitarbeiter führen zu maßgeblichen Veränderungen.
Als Spezialist für Automatisierungssoftware nutzt die meta:proc GmbH modernste Technik und die eigene Expertise, um Arbeitsabläufe durch Prozessautomatisierung effizienter zu gestalten. Mit dem e:Agent entwickelte das Start-up mit Sitz in Köln und Bonn eine ganzheitliche Implementierungslösung für intelligente Prozessautomatisierungen.