Content Revoluzzer: Hybrides Content Management

 

Interview mit

Andreas Knoor, Produktvorstand bei e-Spirit

und

Sebastian Glock, VP Product Marketing bei e-Spirit

 

 

 

 

Die Arbeit von Marketern hat einen großen Wandel vollzogen. Lag früher der Fokus auf wenigen großen Events wie Branchenmessen (insbesondere im B2B) oder Print-/TV-Produktkampagnen (vor allem im B2C), müssen Kommunikationsprofis heute nicht nur diese stemmen, sondern zusätzlich Kauf- und Image-Anreize in zig Kanälen managen. Waren ein gutes Bauchgefühl und die Werbe-agentur damals die wichtigsten Erfolgsstützen, hat heute Marketing-Software diese Aufgabe übernommen. Sie gibt Marketern die Möglichkeit, in vielen Sprachen, in vielen Kanälen und zu vielen Brands zu kommunizieren.

Dabei nutzten diese Lösungen bislang meist nicht nur ein System, sondern im optimalen Fall ein vollvernetztes Geflecht aus Lösungen für Content Management, Produkt-informationen, Kundeninformationen, Bilddatenbanken, E-Commerce etc. mit einer Integrationsplattform im Zentrum. Ihr Augenmerk lag auf den benötigten und gewünschten Features. Fragen der Softwarearchitektur, also des technischen Zusammenspiels aller Tools, haben sie bereitwillig den IT-Kollegen überlassen. Bis jetzt!

Hybrid, Headless, Decoupled – das ist hier die Frage

Mittlerweile sind viele Unternehmen aber an einem Punkt angelangt, an dem der Aufwand für das Management von Inhalten und Kampagnen in den verschiedenen Kanälen zu groß wird. Selbst in einem optimal integrierten Marketing-IT-Ökosystem sind sehr viele Schritte nötig, um auch nur eine kleine Änderung an allen Touchpoints sichtbar zu machen. In modern aufgestellten Unternehmen arbeiten zudem viele Spezialisten-Teams an unter-schiedlichen Touchpoint-Initiativen. Immerhin müssen nicht nur die mehrsprachigen Websites, sondern auch Webshops, mobile Geräte, Progressive Web Apps (PWA), Kiosk-Systeme, Digital Signage- und IoT-Devices bespielt werden. Ein klassisches CMS wird so schnell zum Flaschenhals, denn es bringt nicht die notwendige „Liefergeschwindigkeit“, die verteiltes Arbeiten an Touchpoints erfordert. Deshalb geraten technische Themen – insbesondere Microservices und Headless-Technologie – immer stärker ins Blickfeld. Sie spielen ihre wahren Stärken „unter der Haube“ aus.

Traditionelles CMS

 

 

 

Headless CMS

 

 

Die vom Kunden erwartete Kanalvielfalt und auf ihn zugeschnittene, für ihn relevante Ansprache ist also gleichzeitig Segen und Fluch: Unternehmen haben unbegrenzte Möglichkeiten der persönlichen Interaktion. Sie können heute Interessengruppen sehr granular identifizieren und sie in Echtzeit gezielt und individuell adressieren. Aber sie haben nur begrenzte Ressourcen dafür, und so nehmen erfolgreiche Anbieter von Business Software ihren Anwendern durch Automatismen und künstliche Intelligenz immer mehr Arbeit bei der Erstellung, der Orchestrierung und der Analyse von Inhalten und Interaktionen ab.

Mit der Headless-Technologie gibt es nun die Möglichkeit der Auslieferung. Content wird über eine standardisierte Schnittstelle allen relevanten Touchpoints per Pull-Prinzip zur Verfügung gestellt, um Inhalte bei voller Kontrolle und beliebig granularer Personalisierung effizient zu verteilen. Zu diesem heiß diskutierten Thema Headless Content Management haben wir Andreas Knoor, Produktvorstand, und Sebastian Glock, VP Product Marketing, des Dortmunder Softwareanbieters e-Spirit befragt.

 

Unternehmen müssen ihre Interessengruppen auf unglaublich vielen Wegen erreichen und haben große Digital-Teams für ihre Websites, Mobile Business, Social Media, den digitalen POS oder Alexa. Doch wie kommen typische Unternehmen aus dem Mittelstand mit dieser Vielfalt klar?

Andreas Knoor: Es stimmt: Die Anforderungen, den Kunden wirklich überall digital zu erreichen, sind gewachsen. Und zwar für alle Unternehmen, große wie kleine. Wir und die anderen Enterprise Software-Hersteller arbeiten deshalb daran, den gesamten Kommunikations- und Kaufprozess mit Automatismen zu vereinfachen. Für die Personalisierung von Inhalten haben wir beispielsweise das KI-gestützte Predictive Targeting entwickelt. Marketer erhalten hier prozentuale Voraussagen zum Erfolg möglicher Personalisierungsstrategien, mit denen Zielgruppen optimal erreicht werden. Ein Klick genügt, um diese Optimierungsvorschläge zu aktivieren.

Ein anderes Beispiel ist Natural Language Generation. Ein intelligenter Algorithmus ermöglicht es, große Mengen an relevanten Inhalten schneller und mit deutlich weniger Manpower zu erstellen. NLG erzeugt auf Basis strukturierter Daten qualitativ hochwertige Texte wie Produktbeschreibungen, Finanzreports, Stellenbeschreibungen, SEO- und andere Texte in Echtzeit. Auch für Übersetzungen und andere Prozesse, die mit der Erstellung und Freigabe von Inhalten zu tun haben, gibt es viele gute, effizienzsteigernde Lösungen. Die Unterstützung durch ein Enterprise-class CMS geht schon sehr weit. Anders wäre Experience Management in vielen Sprachen auch gar nicht möglich.

Zurück zu den Kanälen. Unternehmen bespielen doch heute schon recht erfolgreich viele Touchpoints. Was ist neu, anders, besser an der Headless-Technologie?

 

Sebastian Glock: Die Vorteile kann man in drei Punkten zusammenfassen: Erstens: Neue Touchpoints jenseits von Web und Mobile Web lassen sich viel leichter und schneller anbinden und mit Content versorgen. Die Idee von “Create once, publish everywhere” ist ja alles andere als neu, aber mit dem API-basierten Ansatz von Headless CMS gibt es einen einheitlichen Weg, um Content von einer zentralen Instanz formatneutral abzurufen und an allen relevanten Endpunkten bestmöglich – idealerweise personalisiert – auszuspielen.

Zweitens: Digitale Frontends zählen heutzutage zu den wichtigsten Berührungspunkten zwischen Unternehmen und ihren Kunden. Hier können und müssen Unternehmen sich über Digital Experiences von ihren Mitbewerbern abheben. Mit Headless ist die Entwicklung dieser Frontends vom CMS entkoppelt und somit flexibler und schneller.

Und Drittens: Unternehmensorganisation und Softwarearchitektur stehen in einer Wechselwirkung – bei einer monolithischen Architektur ist es extrem schwierig, mit agilen, unabhängigen Teams kontinuierlich an Verbesserungen zu arbeiten. Das ist die eigentliche Stärke von Headless: Ein echter Booster für Digitalisierung und Agilität.

Das klingt plausibel. Und dennoch: Gibt es in Deutschland schon konkrete Nachfrage nach der Headless-Technologie oder ist das eher ein strategisches Thema für die nächsten Jahre?

Andreas Knoor: Headless ist ganz klar ein strategisch wichtiges Thema, mit dem Unternehmen ihre Prozesse deutlich beschleunigen können, und es ist bereits heute wichtig, um seine Marketing- und Unternehmensziele zu erfüllen. Wir haben bei Kunden aus Deutschland aus unterschiedlichen Branchen, sowohl im B2C- als auch im B2B-Umfeld bereits erfolgreiche Headless-Lösungen umgesetzt und die Nachfrage steigt.

Diese Ansicht teilen übrigens auch Marktexperten wie Gartner und Forrester oder auch Research in Action. Letztere haben Anfang des Jahres 750 Budgetverantwortliche in deutschen Unternehmen des gehobenen Mittelstandes intensiv zum Thema Experience Management und ihren Planungen befragt. Ihre drei wichtigsten Investitionsbereiche sind aktuell: Migration auf eine SaaS-Lösung, Implementierung eines Headless-CMS-Systems und Realisierung einer Mobile-First-Strategie. Denn sie müssen immer mehr Kanäle integrieren. Insbesondere POS-Geräte, Kioske und Digital Signage sollen auch vom CMS bespielt werden können, so die Studie. Das deckt sich mit den Gesprächen, die wir mit unseren Kunden und Partnern führen und den Anforderungen in Ausschreibungen. Gerade deutsche Mittelständler sind in ihrer Nische ja häufig internationale Marktführer, d.h. technologische Trendthemen aus den USA oder Asien sind für sie hoch relevant.

Sehen Sie das ähnlich, Herr Glock?

 

Sebastian Glock: Ja. Denn Marketer müssen zudem immer stärker ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg belegen. Dass sie dafür über immer mehr Kanäle mit Kunden kommunizieren müssen, die wiederum immer höhere Erwartungen an die individuelle Experience haben, verstärkt den Druck. Damit haben die Wettbewerber ja auch zu kämpfen. Deshalb steht Headless aktuell und auf absehbare Zeit sicher hoch im Kurs, denn es erlaubt dem Marketing-Team, sich auf Inhalte, Kampagnen, Analysen und Reporting zu konzentrieren, statt Integrationsprojekte zu stemmen und von einem Frontend-Relaunch zum nächsten zu hetzen.

Ist die Headless-Technologie also für alle Unternehmen ein Muss?

Andreas Knoor: Headless-Ansätze haben den Sprung aus einer Nische für Techies in den Digital Marketing Mainstream geschafft. Sie unterstützen autark arbeitende Spezialisten-Teams und die optimale und schnelle Bespielung der Touchpoints. Wir nennen das „Empowerment“ von Organisationen.

Trotzdem gilt: Klassisches Content Management ist für viele Use Cases nach wie vor bestens geeignet. Marketer können selbst große, internationale Unternehmenswebseiten und eine Hand voll weitere Kanäle wunderbar mit traditionellen Architekturen und den Enterprise-class CMS-Funktionen im Griff haben. Wir haben viele Kunden, bei denen noch kein akuter Handlungsbedarf besteht und auch solche, die ihre noch recht neu implementierte Experience-Management-Lösung nicht gleich wieder umkrempeln wollen. Für sie ist daher vor allem die Frage spannend, wie sie traditionelle und Headless-Ansätze klug kombinieren können. Sie möchten das Beste aus beiden Welten herauszuholen. Für sie ist ein hybrides CMS genau das richtige.

Hybrides CMS

 

 

 

 

 

Gibt es denn auch Argumente gegen Headless-Lösungen?

 

Sebastian Glock: Großunternehmen brauchen nach wie vor die Stärken eines klassischen CMS. Unsere typischen Kunden sind sehr international aufgestellt und müssen mit meist kleinen Web-Teams Kommunikation in Dutzenden Ländern meistern. Den reinen „Pureplay Headless“-Anbietern fehlt hier typischerweise das grundlegende Featureset, das solche Projekte erst möglich macht. Das betrifft Themen wie Workflows, Übersetzungsmanagement und Rollenmodell. Zudem ist auch die nahtlose Anbindung von Drittsystemen wie zum Beispiel DAM-, PIM-, CRM- oder Shop-Systemen bei den Top-Anbietern klassischer CMS ganz selbstverständlich enthalten. Auch hier ist ein hybrider Ansatz, also ein klassisches CMS mit Headless-Verteilung, die beste Wahl.

Entscheidend für den Erfolg von Headless-Projekten ist ja nicht nur die Architektur, sondern auch die Akzeptanz bei den Content-Verantwortlichen und den Redakteuren im Unternehmen. Sie möchten nicht ausschließlich in abstrakten Formularen einer reinen Headless-Lösung arbeiten. Ein komplettes Re-Platforming auf Basis von Headless-Architektur ist auch nicht trivial. Um die Vorteile voll nutzen zu können, setzen die meisten Unternehmen oft auf eine ganze Reihe neuer Paradigmen, sie wechseln zum Beispiel in die Cloud oder führen integrierte Entwicklungsprozesse oder Container-Technologie ein.

Sie raten also von reinen Headless Ansätze ab und empfehlen eine Kombination aus klassischem CMS mit Headless-Möglichkeiten?

Andreas Knoor: Mit einem Hybrid CMS, wie beispielsweise FirstSpirit, vereinen Sie eine headless Content-Verteilungstechnologie mit den Enterprise-Class CMS-Features und dem Komfort aus der bekannten CMS-Welt: also die gewohnte Effizienz, Übersicht und Sicherheit mit Rechte & Rollen, Workflows, Versionierung. Marketer können komplexe Multi-Brand- und Multi-Site-Szenarien sicher umsetzen und die Redakteure können weiterhin intuitiv und Vorschau-basiert Inhalte pflegen. Wichtig ist auch, Inhalte aus angrenzenden internen und externen Systemen leicht zu integrieren. Das ist mit reinen Headless-Lösungen nicht ohne Weiteres möglich.

Herr Knoor, Herr Glock, wir danken Ihnen sehr für diese interessanten Ausführungen.

Aktuelle CMS-Architekturen im Vergleich:

www.e-spirit.com

Der Softwareanbieter e-Spirit versetzt Unternehmen jeder Branche in die Lage, ihren Content zu monetarisieren. Denn die CMS-Lösung FirstSpirit verbindet alle Systeme, Anwendungen, Daten und Inhalte, die für die Gestaltung begeisternder Customer Experiences erforderlich sind, zu einem zentralen Content Experience Hub. Damit erhalten Unternehmen die notwendige Infrastruktur, mit der sie immer größer werdende Mengen an (personalisierten) Inhalten für immer mehr Kanäle und Touchpoints entlang der Customer Journey effizient bereitstellen können, um Kunden weltweit gezielt zu erreichen.

Mehr über das Thema Headless-Hybrid und konkrete Use Cases zeigt e-Spirit auf der DMEXCO 2019

am 11. und 12. September in Köln in Halle 6 am Stand B21