RPA – das „Schweizer Taschenmesser“ der Prozessautomatisierung

Der Autor David Schneider ist bei der X-INTEGRATE Software und Consulting GmbH im beratenden Vertrieb tätig.

 

Das Wachstum der digitalen Wirtschaft verbindet Menschen und Organisationen auf neue Weise. Aber es hat auch wiederkehrende Aufgaben hervorgebracht, wie z.B. die Anforderung, Daten manuell eingeben zu müssen. Viel zu viel Zeit verbringen Büroangestellte demnach damit, Daten über nicht zusammenhängende Systeme hinweg zu kopieren und einzutragen. Wissensarbeiter/innen verfügen über große Fähigkeiten, sind aber nicht so produktiv, wie sie sein könnten, da der wiederholte Zugriff auf Informationen länger dauert, als es sein sollte. Unternehmen benötigen deshalb einen kosteneffektiven Weg, um ihre Daten effizienter verarbeiten und verwalten zu können.

Prozessoptimierung: Einsatz auf verschiedenen Ebenen

Das Verselbstständigen von Geschäftsprozessen ist kein Trend, der erst mit der zunehmend digitalisierten Arbeitswelt stattfindet. Tief in der Geschäftswelt verwurzelt ist das Streben nach autonom arbeitenden Systemen, die den Menschen in seiner Arbeit unterstützen, ergänzen und häufig ersetzen. Während sich das Thema Automatisierung in seinen Ursprüngen hauptsächlich auf das Optimieren von Prozessen im Bereich der industriellen Fertigung und der Landwirtschaft konzentrierte (die meist mit körperlicher Arbeit in Verbindung standen), sind die potenziellen Einsatzbereiche heute vielfältiger.

Wer sich mit der Automatisierung von Betriebsabläufen auseinandersetzt, weiß, dass die automatische und toolgestützte Ausführung von Geschäftsprozessen mittlerweile auf mehreren Eben stattfinden kann. Überall dort, wo Arbeitsschritte häufig wiederkehren, findet sich ein potenzielles Einsatzgebiet für eines der zahlreich auf dem Markt verfügbaren Automatisierungstools. Gängige Anwendungsfälle wären etwa das Automatisieren von Rechnungs- oder Bewerbungseingangsprozessen, das Anlegen neuer Mitarbeiter/innen in betriebsinternen Systemen oder eine systemübergreifende Generalisierung von Dokumenten.

Robotic Process Automation als Baukastensystem

Durch die fortschreitende Weiterentwicklung im Bereich der Automatisierungstools lassen sich heute mit verhältnismäßig wenig Aufwand bereits große Mehrwerte durch Verringerung von Fehlerpotenzialen, Einsparung von Kosten und Entlastung von Arbeitskräften erzielen. So oder ähnlich vermarkten die großen IT-Konzerne SAP, IBM und Co. ihre Automatisierungstools. Und sie haben recht. Tools wie IBM RPA (Robotic Process Management) zeichnen sich durch eine benutzerfreundliche Oberfläche und eine Art modifizierbaren Baukastensystem aus und bieten so auch Beschäftigten ohne tiefgreifende Entwicklungskenntnisse Möglichkeit, in kurzer Zeit bereits kleinere Use Cases wie zum Beispiel das Öffnen und Einloggen in lokale Programme umzusetzen.

Die Kernkompetenzen von RPA lassen sich dabei in vier wesentlichen Punkten zusammenfassen:
(1) Schnelle Wertschöpfung: Erstellung, Test und Auslieferung neuer automatisierter Prozesse benötigt nur noch Tage oder wenige Wochen.
(2) Reduzieren menschlicher Fehler: Die Automatisierung von Prozessen reduziert menschliche Fehler, die mit der manuellen Eingabe von Daten verbunden sind.
(3) Erhöhter Durchsatz: Software-Roboter ‚laufen‘ schneller als Menschen. Sie benötigen zudem keine Pausen.
(4) Senkung der Entwicklungskosten: Es wird eine intuitive Bot-Design-Umgebung bereitgestellt, über welche die Automatisierungsanwendungen visuell und ohne Code auch von Mitarbeiter/innen ohne tiefgreifende Programmierkenntnisse modelliert werden können. Ein leistungsstarker Recorder baut die Anwendungen auf, indem er den Angestellten bei der Arbeit beobachtet und eine umfangreiche Bibliothek von Vorlagenaktivitäten anlegt. Dies ermöglicht es, die aufgezeichneten Prozesse zu bearbeiten und zu verbessern.

 

Robotic Process Automation als benutzerfreundliches und modifizierbares Baukastensystem

 

Marktplatz für ‚Automation Anywhere‘

Eine weitere Möglichkeit, um eine noch schnellere Wertschöpfung zu erzielen, bietet der „Automation Anywhere Bot Store“, ein Online-Marktplatz von Automation Anywhere, einem der Weltmarktführer für Robotic Process Automation (RPA). Dort werden in über zehn verschiedenen Kategorien mehr als 200 verschiedene pre-built Bots angeboten. Die bereits fertig entwickelten Bots können online erworben und mit nur wenig Konfigurationsaufwand direkt über die Automation Enterprise Plattform eingesetzt werden.

Geplant ist, dass zukünftig auch Unternehmenspartner von Automation Anywhere den Marktplatz nutzen können, um ihre selbst erstellten Bots dort zu vertreiben. Man kann also davon ausgehen, dass der bisher noch dürftig ausgestattete Marktplatz mit der Zeit wachsen und sich zu einer Plattform mit einem breiten Portfolio an Bots für die verschiedensten Anwendungsbereiche entwickeln wird.

Detaillierte Prozessanalyse ist die Grundlage

Für Unternehmen, die daran interessiert sind, in Zukunft auf Automatisierungstools zu setzen, ist es von höchster Relevanz, die eigenen Prozesse bis ins kleinste Detail zu analysieren, um festzustellen, welche von ihnen durch Automatisierungstools übernommen werden können. Je mehr Energie in die Analyse der Geschäftsprozesse fließt, desto gezielter können Automatisierungstools eingesetzt werden. Unternehmen, die bereits mit Business Process Management Systemen, Case Management- oder Contact-Center/Back-Office-Applikationen arbeiten, sind hier im Vorteil. Denn sie verfügen zumindest teilweise über eine Abbildung ihrer Geschäftsprozesse und Automatisierungstools wie IBM RPA harmonieren hervorragend mit diesen Systemen bzw. erweitern sie entsprechend.

Um Stolpersteinen bei der Integration aus dem Weg zu gehen, ist es allerdings auch für diese Unternehmen notwendig, einen Experten einzuschalten, der die zu automatisierenden Prozesse und die dahinter liegende IT-Infrastruktur genauer unter die Lupe nimmt. Auch ein Unternehmen, das seine Prozesse stets optimiert, kann – wenn es um die Integration einer neuen Applikation geht – nicht alle Faktoren berücksichtigen. Nur ein geschultes Auge erkennt, an welcher Stelle im System die Applikation integriert wird, welche Daten benötigt werden, um entsprechende Use Cases abzubilden und wie die Softwareroboter konfiguriert werden müssen, um nachhaltig die gewünschten Ziele zu erreichen.

KI und Machine Learning als Kernelemente

Sowohl Künstliche Intelligenz als auch Machine Learning sind Schlüsseltechnologien, die sich in den vergangenen Jahren aufgrund ihrer vielseitigen Einsatzmöglichkeiten zu überaus nützlichen Helfern entwickelt haben. Im Bereich der Automatisierung sind sie jedoch weniger eigenständige Komponenten denn Bindeglied zwischen den drei Bereichen Task-Automation, Workflow-Automation und Decision-Automation. Durch Einbindung dieser Technologien werden moderne Automatisierungslösungen zu einem zentralen Bestandteil eines jeden Unternehmens.

KI und ML etablieren sich damit als zentrales Kernelement von Automatisierungslösungen und stehen in direktem Zusammenhang mit den uns heute bekannten Funktionalitäten sowie erweitern diese. Der Einsatz von KI und ML im Automatisierungsumfeld ermöglicht einem Unternehmen mehr als nur die Abbildung und Automatisierung von repetitiven Prozessen. Mit KI lassen sich Prozesse automatisieren, die zwar regelbasiert sind, allerdings bislang noch von menschlichem Input abhängig waren. So können beispielsweise mit Automatisierungstools, die über KI mit kognitiven Fähigkeiten verfügen, E-Mails automatisch vorsortiert bzw. beantwortet oder weiterleitet werden. Denkbar wäre auch ein Einsatz in Kundencentern, wo Anrufe von einer KI entgegengenommen werden und mit den Ergebnissen aus den Telefonaten automatisch nachgelagerte Prozesse wie Dokumentation oder Terminplanungen abgewickelt werden.

Fazit

Das amerikanische Marktforschungsunternehmen Gartner Inc. prognostiziert, dass bis 2020 85 Prozent der Beziehungen zwischen Kunde und Unternehmen ohne menschliche Interaktion verwaltet werden. Dies zeigt: Intelligente Automatisierungslösungen sind nicht einfach ein weiteres Instrument im Optimierungswerkzeugkasten, sondern ein für Erfolg und Misserfolg bzw. Effizienz und Ineffizienz ausschlaggebendes Element. Um in Zukunft konkurrenzfähig zu bleiben, sind Unternehmen gezwungen, ihre Prozesse zu analysieren, zu optimieren und – sofern die äußeren Umstände es zulassen – auch zu automatisieren.

Automatisierungstools können Unternehmen, die bislang noch wenig Erfahrung im Automatisierungsumfeld haben, bei den ersten Gehversuchen unterstützen. Aber auch solchen, die ihre Prozesse stets optimieren, verleihen sie die Möglichkeit, diese schnell und einfach zu automatisieren. Neue Technologien wie KI und ML machen Automatisierungstools zu einer Art Schweizer Taschenmesser der Prozessoptimierung, indem sie das Portfolio für Einsatzszenarien von Automatisierungstools in vertikaler und horizontaler Richtung immens erweitern.

www.x-integrate.com

Die X-INTEGRATE GmbH aus Köln ist IBM Premium-Partner und Spezialist für Business Integration Software auf Basis etablierter Methodik, offener Standards und IBM Middleware sowie Open Source Plattformen.