Startklar. JETZT. Die Virtual Reality-Technologie.

    Höchste Zeit,den Mehrwert der Virtual Reality-Technologie zu beleuchten

    Autor_Petr Legkov

    Petr Legkov, VR Engineer/Networker, SALT AND PEPPER Software GmbH & Co. KG

     

    Die ersten Entwicklungen im Bereich der VR gab es bereits vor über 20 Jahren. Schnell war klar, dass man mit diesen 3D-Technologien schier grenzenlose Erfahrungen machen kann. Ein Hype entstand, der viele Branchen und Computernutzer erfasste. Von der Unterhaltungsindustrie über die Medizin und die Ingenieursdisziplinen bis zum Militär – quer durch die Branchen wurden die Potentiale in Forschungsabteilungen untersucht.

    Doch stellte sich heraus, dass die technischen Möglichkeiten schlicht nicht ausreichten. Wegen der schlechten Bildqualität und schwacher Rechenleistungen bereiteten die VR-Brillen häufig Schwindelgefühle. Aus diesem Grund scheiterte vor allem der Consumer-Markt katastrophal, auf den Spielekonsolenhersteller wie SEGA und Nintendo damals setzten. Doch in den produktiven Anwendungsbereichen wurde auch nach dem Hype abseits der öffentlichen Wahrnehmung fortlaufend an Einsatzbereichen der teuren und unkomfortablen Geräte gearbeitet. Der Narrativ der heutigen VR-Renaissance ist dennoch stark vom Gaming-und Entertainment-Bereich geprägt.

    Alles begann am 1. August 2012 mit einer sehr erfolgreichen Crowdfunding-Finanzierungskampagne der Firma Oculus VR, bei der fast 2,5 Millionen US-Dollar eingesammelt wurden. Das vorgestellte Head-mounted Display (HMD), auch Datenbrille genannt, war günstig, zugleich hochpräzise und diese neue Gerätegeneration sprach vor allem Gamer an. Nur knapp zwei Jahre später wurde Oculus VR von Facebook für sagenhafte 2 Milliarden US-Dollar übernommen – die Oculus Rift war das erste erschwingliche und ansatzweise technisch ausgereifte VR-Produkt. Und mit der Übernahme durch Facebook kam der Aspekt der „Social Experiences“ zum Gaming dazu. Der Hype um Virtual Reality wird seitdem weiter befeuert. Laut Digi-Capital wurden im Jahr 2016 insgesamt 2,3 Milliarden US-Dollar in Virtual Reality Start-Ups investiert.

    Potenzial von VR kommt langsam an bei B2B und B2C

    Auch wenn aktuell die Consumer-Themen den VR-Markt dominieren, hat der Hype dennoch unglaubliche Möglichkeiten für den B2B-/B2C-Content geschaffen. Denn die Hardware-Revolution findet in den produktiven Anwendungsbereichen großen Anklang. Bislang bedeutete die Anschaffung eines VR-Setups sehr hohe Kosten für die Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Die Anlagen kosteten dabei nicht nur mehrere Hunderttausend bis mehrere Millionen Euro, sondern waren weder wirklich mobil noch technisch ausgereift. Und weil das Thema eben eine Nische für sich war, gab es wenig Fachpersonal, das sinnvolle Anwendungen umsetzten konnte. Dementsprechend war die Softwarelandschaft dürr und wenig Content schaffte es aus den Forschungsabteilungen in die alltägliche Anwendung. Doch bei einem nun um den Faktor 100 günstigeren und technisch wesentlich ausgereifteren VR-Setup ändert sich das derzeit rapide.

    Neben den eigentlichen Datenbrillen hat sich vor allem bei der Erfassung von Körperbewegungen und somit der Interaktion mit der virtuellen Welt einiges getan. So werden etwa die Controller der HTC Vive in den Händen gehalten und erlauben millimetergenaues Steuern. Wenn eine Anwendung präzise Fingerinteraktionen erfordert, kann dies mit Hilfe von optischen Systemen wie der Leap Motion oder Datenhandschuhen wie von der Firma Manus VR umgesetzt werden. Auch Oculus selbst verfügt über Touch Controller, die ein Hybrid zwischen einem im Raum erfassten Controller und einem Fingertracker darstellen. Und falls es um die Erfassung des gesamten Körpers geht, liefern Systeme wie Perception Neuron, Microsoft Kinect oder VicoVR brauchbare Ergebnisse. Die erwähnten Systeme sind übrigens alle aus dem Consumer-Bereich, somit günstiger und verfügbarer als etablierte Speziallösungen und reichen nichtsdestotrotz in fast allen Situationen aus.

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    Nahezu grenzenlos

    Im Grunde sind den Möglichkeiten wenig Grenzen gesetzt. Und die Entwicklung scheint hier ähnlich zu verlaufen wie bei den Anfängen des Smartphone: Die erfolgreichen Apps der ersten Stunde waren häufig Spielereien. Dabei war die Idee eines Personal Digital Assistant schon viele Jahre vor dem Smartphone präsent. Nach einigen Jahren aber entwickelten sich die Geräte mit dem Kalender, Mails und vielen weiteren Apps zu ernsthaften Arbeitsgeräten. Vergleichbar nun der Weg von VR: Viele der Konzepte sind nicht neu und wurden bereits in unzähligen Feldversuchen durchprobiert und beschrieben. Durch die technischen Möglichkeiten sowie eine neue Generation von 3D-Anwendungen wird es aber nicht mehr lange dauern, bis VR im Berufsleben vieler Menschen etabliert ist – wie die nachfolgenden Szenarien zeigen.

    Neue Markenerlebnisse

    Einen Anwendungsbereich bilden Marketing und Vertrieb. Durch den Einsatz von virtuellen Welten kann man die Zielgruppe geschickt aus deren Umgebung in eine vollkommen den Spielregeln der Marketingabteilung unterliegende Welt überführen. Zum Beispiel ist ein Auto mehr als eine Maschine, es wird zu einem Erlebnis, welches durch VR wesentlich präsenter in Szene gesetzt werden kann. Zudem kann die Immersion eines VR-Auto-Konfigurators den Kaufwunsch verstärken. Und natürlich lassen sich spielerische Elemente einbauen, wodurch die Marke wesentlich stärker im Gedächtnis bleibt.

    Ein weiteres Beispiel sind schwere Maschinen, deren Transport zu Messen oder zum Kunden oft zu kostspielig ist. Durch den Einsatz von VR kann man die gesamte Produktpalette immer dabeihaben. Und 360-Grad-Videos, z.B. in der Produktionshalle, können das Gefühl von Qualität vermitteln. Insgesamt ist VR ein sehr effektives neues Tool für Marketing und Vertrieb – und durch die Monetarisierungsmöglichkeiten innerhalb der Anwendungen auch eine zusätzliche Werbeplattform.

    Visuelle Wissensvermittlung

    Auch im Bildungssektor kann man durch VR viel erreichen, denn durch das Verdeutlichen von komplexen Zusammenhängen lassen sich Lernprozesse effektiver gestalten. Das gilt nicht nur für Schüler, sondern auch für Ingenieure, Ärzte oder Chemiker. Immer dann, wenn räumliches Wissen vermittelt werden soll, lässt sich ein Mehrwert erzielen. Ebenso können Arbeitsprozesse virtuell trainiert werden. So können etwa Bauteile montiert, Arbeitsabläufe durchgeführt oder das Verhalten bei Gefahrensituation simuliert und geprobt werden.

    3D-Modelle für Bauprojekte

    Besondere Vorteile der Visualisierung durch VR bieten sich zum Beispiel im Real Estate Business, bei dem der Kunde oft wenig mit den vorliegenden Skizzen anfangen kann. Für die Abstimmung und das Umsetzen individueller Wünsche kann VR besonders hilfreich sein, sowohl für den Architekten als auch für den Kunden selbst. So kann die virtuelle Besichtigung von Häusern nicht nur lange Reisewege für den Kunden ersparen, sondern auch ein wesentlich realistischeres Bild vom Endzustand vermitteln.

    Ein weiteres Beispiel sind Individualanfertigungen im Schiffs- oder Flugzeugbau, wo bestimmte Bauteile oft von externen Dienstleistern angefertigt werden. Mit einer Visualisierung kann einfach sichergestellt werden, dass alles zusammenpasst und der verfügbare, begrenzte Platz optimal ausgenutzt wird. Die Erbauer können das 3D-Modell zusammen mit dem Kunden betreten und notwendige Änderungen anschaulich näherbringen.

    Meetings in gemeinsamer ‚virtueller Welt‘

    In Zeiten der Globalisierung nehmen scharenweise Angestellte mühsame Reisen durch viele Zeitzonen auf sich, um für einfache Abstimmungstreffen zusammenzukommen. Entscheidet man sich gegen die Reise und für die Telefonkonferenz, geht dies häufig mit den bekannten Nachteilen einher. Das gemeinsame Betreten einer virtuellen Welt hingegen erlaubt es internationalen Teams, eine Kommunikation ähnlich wie bei einem „echten“ Meeting zu führen. Im dreidimensionalen Raum lassen sich beispielsweise auch zu besprechende Objekte von allen Seiten betrachten, wodurch die Besprechung konkreter wird und sich Ergebnisse besser festhalten lassen.

    Fortschritte bei Physiotherapie und Ergonomie

    Die potentiellen Einsatzbereiche von VR in der Medizin wurden über die Jahre vermutlich am intensivsten erforscht. Auch hier scheiterte die flächendeckende Umsetzung bisher an der Hardware, jedoch rechtfertigte der große Mehrwert, beispielsweise in der Operationsplanung, die hohen Investitionen. Mit den nun verfügbaren Geräten können aber auch Anwendungen abseits von Spezialzentren erreicht werden. So lässt sich etwa die Durchführung von Behandlungen organisieren, indem ein Patient die erforderlichen Physiotherapie-Übungen zuhause durchführt, während das klinische Personal die Fortschritte digital überwacht.

    Darüber hinaus steht die Erfüllung ergonomischer Anforderungen bei modernen Arbeitsplätzen immer mehr im Vordergrund. Durch VR können Arbeitsprozesse an diesen Plätzen virtuell getestet werden, um die ergonomischen Rahmenbedingungen direkt mit den zukünftigen Arbeitskräften zu evaluieren. Um ein optimales Ergebnis zu bekommen, können aus den Interaktionsdaten, die im Rahmen des virtuellen Tests gesammelt werden, die gesamten Körperinformationen, wie zum Beispiel die Lage oder Gelenkbelastung, vermessen werden.

    Keine Zukunftsmusik: Ganzheitliche Steuerung der Produktion

    Ein Anwendungsbereich der industriellen Fertigung soll an dieser Stelle genauer beleuchtet werden. SALT AND PEPPER Software Solutions entwickelt Softwarelösungen für die Industrie und konzentriert sich mit seiner Einheit „Virtual Spice“ auf VR-Anwendungen im Bereich Serious Content. Aktuell wird eine VR-Anwendung entwickelt, die die großen Mehrwerte der neuen Technologien für die Organisation und das Management von Produktionsabläufen greifbar macht. Das beginnt mit dem Planen der Fertigungsstätte: Ingenieure können sich virtuell treffen, den Projektleiter dazu schalten und die Pläne anschaulich durchgehen. Aufwendige physikalische Prototypen sind nicht notwendig. Um die Arbeitsprozesse der Montage zu evaluieren und beispielsweise die Ergonomie einzelner Stationen zu verbessern, werden zu einem späteren Zeitpunkt auch Facharbeiter ‚zugeschaltet‘. Ist der auf diese Weise optimierte Plan anschließend bereit für die Realisierung, kann dieselbe virtuelle Umgebung für das Training der neuen Arbeitsprozesse verwendet werden. Darüber hinaus kann nach der Fertigstellung der Produktionsstätte die Marketingabteilung die 3D-Modelle für Werbezwecke nutzen.

    Die Abfolge der einzelnen Schritte im Rahmen dieser Lösung zeigt, dass VR nicht nur einen einzelnen, speziellen Anwendungsfall verändern wird, sondern das Potential hat, in den nächsten Jahren diverse Bereiche ganzheitlich zu revolutionieren.

    Résumé: Virtual Reality lohnt sich

    Im Zusammenspiel von VR mit B2B beziehungsweise B2C haben wir also einen Status Quo, bei dem die Potentiale stark erforscht und die Geräte endlich marktreif sind. Was nun noch fehlt, sind Erfahrungen im Design der Anwendungen selbst. Best Practices gibt es noch kaum und jeder Einzelfall geht mit viel Ausprobieren einher. Umso wichtiger ist der Job der UX-Designer, welche die gesamte User Experience möglichst produktiv und effizient gestalten. Denn während es bei Softwareanwendungen für den Desktop und teilweise auch schon für den mobilen Bereich genügend gut funktionierende Konzepte gibt, steckt die Anwendungsentwicklung für die neuen VR-Technologien noch in den Kinderschuhen. Aber genau das macht den besonderen Reiz aus und natürlich ist es wichtig, von Anfang an mit dabei zu sein.

    Und weiter: Was ist mit Augmented Reality?

    Spannender Weise ist gerade im Bereich Augmented Reality (AR) der Industriesektor im Fokus. Doch sind hier die Geräte nur in einem ähnlich eingeschränkten Zustand verwendbar, wie VR-Geräte vor der laufenden Revolution. Nichtsdestotrotz wird für die nächsten drei bis fünf Jahre ein ähnlicher Hype rund um AR im Consumer Segment erwartet. Dadurch ist zu erwarten, dass die Preise sinken und die Qualität steigen wird. Zudem befinden sich unter den AR-Start-Ups einige potentielle Unicorns, deren Bewertung über eine Milliarde US-Dollar liegt. So hat Magic Leap, wohlgemerkt ohne einen Prototyp öffentlich gezeigt zu haben, seit der Gründung im Jahr 2010 bereits über 1,3 Milliarden US-Dollar Risikokapital gesammelt. Und das unter anderem von Google und anderen namhaften Investoren. Mit der Microsoft Hololens und der Metavision 2 sind erste Entwicklerversionen von AR-Brillen verfügbar. Solange aber noch nicht absehbar ist, dass die Geräte auch im Alltag einsetzbar sind, macht es Sinn, Anwendungen mit VR-Technologien umzusetzen und diese dann später zu portieren. Denn erst einmal müssen die Hersteller von AR-Technologien die hohen Erwartungen erfüllen, die in sie gesetzt werden.

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    Die SALT AND PEPPER Software GmbH & Co. KG realisiert als Partner der Industrie individuelle Softwarelösungen zur Digitalisierung und Vernetzung. Das Leistungsspektrum reicht von Anwendungen für die Integration neuer Hardware über die Vernetzung von Maschinen bis hin zur Interaktion von Mensch und Maschine. Ein Schwerpunkt sind Virtual Reality Lösungen zur Vereinfachung industrieller Prozesse.

     

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    „Virtual & Augmented Reality“ ist der neue Themenbereich auf der CeBIT in Halle 17 und wird von SALT AND PEPPER Software Solutions als einer der Partner der Deutschen Messe unterstützt.