Autor – Herwig Diessner, Leiter Marketing & Communications Enterprise Content Management DACH, bei IBM Deutschland
Wenn es beim Enterprise Content Management (ECM) um die Trends 2014 geht, sehen Analysten vor allem die klassischen Disziplinen ganz weit vorne: Dokumentenmanagement, revisionssichere Archivierung sowie Business Process Management (BPM). Der Grund ist darin zu suchen, dass Unternehmen mit dem Dokumentenmanagement ihre Datenzugriffe und die Inhaltssuche verbessern wollen. Bei der Revisionssicherheit geht es darum, rechtliche Vorgaben zur Speicherung von Informationen einzuhalten und mit BPM-Lösungen lassen sich Geschäftsprozesse kontrolliert und transparent steuern. An diesen nutzenorientierten Trends von ECM wird sich so schnell nichts ändern.
Mehr Bewegung kommt indes in das ECM-Thema, wenn es um die Sourcing-Frage geht: Inwieweit soll beispielsweise ECM in der Cloud laufen oder lohnt sich ein komplettes Outtasking? Beim Sourcing-Thema scheiden sich die Geister – während die einen den Trend klar in Richtung Cloud erkennen, reden andere Auguren davon, dass viele Unternehmen die Cloud noch mit Skepsis betrachten.
Einen klaren Trend dagegen gibt es bei der Betrachtung des ECM-Markts zu verzeichnen. Der Hightech-Verband Bitkom rechnet hierzulande mit einem deutlichen Plus von sechs Prozent gegenüber 2013 – insgesamt, so die Schätzung, werden Unternehmen dieses Jahr für Hardware, Software und Services im ECM-Umfeld 1,7 Milliarden Euro ausgeben. Wachstumstreiber ist laut Bitkom vor allem das Ziel der Unternehmen, den mobilen Zugriff per Smartphone oder Tablet auf Inhalte zu ermöglichen. So sollen Mitarbeiter jederzeit und überall einheitlich und konsistent auf dieselben Dokumente zugreifen können. Zudem versprechen sich Organisationen von standardisierten elektronischen Akten eine höhere Kosteneffizienz und mehr Transparenz – egal ob es sich um die Akten von Mitarbeitern oder Patienten handelt oder um Fallakten bei Versicherungen, der Justiz oder den Kommunen.
Gemeinsamer Nenner der ECM-Trends ist Big Data
Die ECM-Trends für 2014 sind vielseitig, jedoch gibt es aus Sicht von IBM einen gemeinsamen Nenner: Unternehmen wünschen sich effizientere ECM-Lösungen, die nicht nur die eigenen Unternehmensdaten berücksichtigen, sondern auch das Wissen externer Online-Quellen und Social-Media-Kanäle einbinden. Es geht darum, unstrukturierten Daten aus verschiedenen Ressourcen ihr Wissen zu entlocken – denn mehr als 80 Prozent des Unternehmenswissens sind heute unstrukturiert. Und die Datenflut steigt: Etwa 90 Prozent der heute verfügbaren Informationen wurde in den letzten beiden Jahren erzeugt. Und das Informationsvolumen verdoppelt sich in den meisten Firmen innerhalb von nur 18 bis 24 Monaten.
Um der unstrukturierten Datenflut besser Herr zu werden, sind effizientere ECM-Lösungen gefragt. IBM nutzt hierzu intelligente IT-Technologien aus Big Data Analytics und Cognitive Computing. Gerade beim Cognitive Computing wurde mit dem Computersystem Watson eine neue Ära von Algorithmen eingeführt, die dem menschlichen Denken nachempfunden sind. Watson nutzt beispielsweise Tiefenstrukturanalysen und evidenzbasierte Begründungen, um Entscheidungsfindungen zu beschleunigen. Gerade unstrukturierte Daten sind daher das perfekte Spielfeld für Watson, da das Computersystem eine Reihe von Transformationsverfahren für natürliche Sprache verwendet und sowohl die Hypothesengenerierung als auch das evidenzbasiertes Lernen beherrscht.
Case Management steuern
ECM-Lösungen auf Basis von Big Data Analytics und Cognitive Computing beschleunigen nicht nur das Dokumentenmanagement, um Inhalte schneller zu erfassen und zu verwalten, sondern können die Daten auch analysieren, in Teams gemeinsam nutzen und übersichtlich steuern. Sie verfügen über Funktionen für Imaging und Erfassung von Dokumenten sowie das erweiterte Fallmanagement. Dank dem Management sozialer Inhalte, der Inhaltsanalyse und der Steuerung des Informationslebenszyklus können die ECM-Systeme von IBM schneller bewerten, welche Informationen zu einer bestimmten Anfrage oder einem Vertrag gehören und welche Konsequenz sich aus dem vorhandenen Wissen ergeben. Beispielsweise lässt sich erkennen, ob es sich bei einem bestimmten Schadensfall einer Versicherung um eine berichtigte Forderung handelt oder vielleicht ein Betrugsversuch vorliegt.
Wenn es um die erweiterte Fallbearbeitung geht, spricht IBM vom Advanced Case Management (ACM). Das ACM führt Informationen, Prozesse und Benutzer zusammen, um eine 360-Grad-Ansicht eines Falls zu erstellen. Mit den Funktionalitäten von ACM lassen sich unstrukturierte Inhalte direkt erfassen, analysieren und bewerten – unabhängig davon, ob es sich um eine Kundenanfrage, um Darlehensanträge, komplizierte branchenspezifische Zusammenhänge oder um regulatorische Verfahren handelt. Durch Automatisierung der richtigen Prozesse, Anwendung der passenden Analyse und Einbeziehung der erforderlichen Fachleute lassen sich alle sensiblen Faktoren des Fallmanagements berücksichtigen, die von Einblick und Reaktionsfähigkeit über Flexibilität und verbesserte Kundenbetreuung bis hin zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften reichen.
Rechtliche Vorgaben im Blick
Wenn es beim ECM um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften geht, kommt das Information Lifecycle Governance (ILG) zum Tragen. Dank der Integration eines Regel- und Entscheidungsmanagements mit einem Dokumentenmanagement-System ist dieses bereits bei der Archivierung in der Lage, frühzeitig darüber zu informieren, wie lange ein Unternehmen Dokumente aufgrund gesetzlicher Vorgaben aufbewahren muss und wann es bestimmte Dokumente löschen kann oder sogar dazu verpflichtet ist.
Beim ILG arbeiten die meisten Unternehmen nach strengen Content-Management-Vorgaben, damit Inhalte besser kontrolliert und inhaltsbezogene Prozesse einfacher automatisiert werden können. Innerhalb des ILGs sind Regeln und Vorschriften hinterlegt, die bestimmen, wie und von wem Kundendaten verarbeitet werden dürfen. Sollten etwa Informationen nicht ordnungsgemäß verwaltet und dokumentiert werden, kann dies dazu führen, dass ein Unternehmen sich schnell ändernde gesetzliche Bestimmungen nicht erfüllen kann.
Auch die Erfüllung der E-Discovery-Pflichten gehört zu den Aufgaben von ILG. E-Discovery wird das Verfahren bezeichnet, mit dem Organisationen relevante Dokumente für einen Rechtsstreit oder gerichtliches Verfahren suchen, archivieren und speichern müssen. Innerhalb von ECM-Lösungen sind Prozesse für die Offenlegung elektronischer Daten integriert, um komplexe rechtliche Pflichten zu erfüllen. So lassen sich eventuelle Kosten und Risiken präziser bestimmen, um Entscheidungen hinsichtlich der fallspezifischen Strategie zu treffen. Über das ECM stimmen sich die Beteiligten am E-Discovery-Prozess untereinander ab und sie verknüpfen auch die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten in Bezug auf Informations-Repositorys, um rechtliche Prozesse zu beschleunigen und Rechtskosten zu senken. Dies wird erreicht, indem nur die geschäftsrelevanten Daten aufbewahrt werden. Bei einem Rechtsfall müssen dann weniger Informationen manuell von Spezialisten gesichtet und aufbereitet werden. Ein weiterer Vorteil ist der, dass automatisch sensitive Informationen, wie etwa personenbezogene Daten oder Firmeninterna, die nicht für den aktuellen Rechtsfall benötigt werden, durch eine IBM-Lösung unwiderruflich unkenntlich gemacht werden können.
Nutzen des Datenbestands bewerten
Eng verknüpft mit dem ILG ist das Information Lifecycle Management (ILM), das ebenfalls unter dem Dach von ECM beheimatet ist. Denn beim ECM geht es nicht nur darum, Informationen nach ihrem geschäftlichen Nutzen zu generieren, sondern auch die mit dem Dokumentenmanagement verbundenen Speicher- und Infrastrukturkosten zu kontrollieren. Mit ILM trennen die Unternehmen die Spreu vom Weizen in ihrem Datendschungel. Welche Daten werden noch gebraucht und welche Daten kann man löschen – oder muss sie aufgrund rechtlicher Bestimmungen sogar löschen.
Bild: ILM – Bestandsdaten haben keinen weiteren Wert mehr, verursachen aber Kosten und Risiken (© 2014 IBM Corporation)
Dass sich Unternehmen mit ILM beschäftigen sollten, belegen verschiedene Untersuchungen. So unterliegen fast 70 Prozent aller im Unternehmen gespeicherten Informationen keiner zweckgebundenen Nutzung – sie sind Datenabfall, verursachen aber immer höhere Kosten. Denn vielfach werden die immer wieder gleichen Daten einfach nur repliziert, dupliziert und abgespeichert. Sie verlieren an Wert, lähmen die Infrastruktur und erschweren im Zeitalter von Big Data die immer wichtiger werdende Zusammenführung und Analyse von Daten. Auch sinkende Speicherpreise, Kompression oder Virtualisierung alleine können den dadurch verursachten überproportionalen Anstieg der Speicherkosten nicht auffangen. Die Datenspeicherung verschlingt deshalb einen immer größeren Teil des IT-Budgets.
Fazit
Big Data wirkt sich auf ECM nachhaltig aus und ist ein Trend, den Unternehmen nicht verschlafen sollten. Vor allem auch deshalb, weil Big Data eine Medaille mit zwei Seiten ist: Einerseits ruht in den enormen Datenmengen ein unglaublicher Schatz an Informationen, die das Unternehmen nach vorne bringen können. Andererseits müssen Unternehmen die Datenflut sicher in den Griff bekommen und keinen Datenmüll anhäufen. Mit intelligenten ECM-Systemen ist diese Gratwanderung möglich, denn sie „verstehen“ tatsächlich, wie sich relevante Inhalte erstellen und dynamisch nutzen lassen. Egal, ob es um Entscheidungsfindung, Produktentwicklung, Kundenservice oder Mitarbeiterkommunikation geht.
http://www-01.ibm.com/software/de/data/ecm/
Herwig Diessner, Leiter Marketing & Communications Enterprise Content Management DACH, bei IBM Deutschland. Das Lösungsportfolio der IBM reicht vom Supercomputer über Software und Dienstleistungen, inklusive Beratungsleistungen, bis zur Finanzierung. Mit einer auf Kernkompetenzen ausgerichteten Konzernstruktur positioniert sich IBM klar im Markt und unterstreicht gleichzeitig ihr Selbstverständnis als global integriertes Unternehmen mit einem langfristigen und nachhaltigen Wachstumsmodell.