Auswertungen der Messdaten von Wetterstationen zeigen wie rasant der Klimawandel künftig verlaufen könnte. Wissenschaftler entwickeln mit diesen Informationen Szenarien, die zeigen, wie wichtig ein Kurswechsel beim Klimaschutz ist. Globale Ereignisse wie die COVID-19-Pandemie führen ebenfalls dazu, dass Menschen den Wert von Daten neu bewerten: Analysen über die Verbreitung des Virus sowie aktuelle Fallzahlen stehen derzeit im Mittelpunkt vieler Diskussionen.
Wie jedoch können Unternehmen aus vorhandenen Daten neue Erkenntnisse gewinnen? Sind Mitarbeiter überhaupt schon auf die intensive Nutzung von Daten vorbereitet?
Tom Becker, Regional Vice President Central Europe, Alteryx, gibt im DOK.Interview Antworten auf diese und weitere Fragen und erläutert ausführlich, warum Unternehmen eine datenzentrierte Kultur benötigen.
Herr Becker, geht Ihnen persönlich die Digitalisierung schnell genug voran?
Wir sollten bei der Digitalisierung schneller handeln. Dies gilt für Unternehmen ebenso wie für die Politik. Bereits im vergangenen Jahr zeigte eine Umfrage der ESCP Business School Berlin, dass 86 Prozent der befragten Teilnehmer die Unterstützung der Politik beim Digitalisierungsprozess für nicht ausreichend halten. Auch die deutsche Wirtschaft scheint noch nicht so recht in Fahrt zu kommen. Die zögerliche Haltung wird zum Beispiel in der Studie „IT-Trends 2020“ von Capgemini sichtbar. Demnach kommt die Implementierung von Technologien wie Machine Learning, Predictive Analytics oder Bilderkennung nur langsam voran. Größtes Problem ist weiterhin der Mangel an Fachkräften.
Was sollte man Ihrer Meinung nach verbessern?
Nun, es liegt nicht am Staat alleine, die Digitalisierung in Deutschland voranzutreiben. Unternehmen müssen damit anfangen, Daten als einen Wirtschaftsfaktor zu betrachten. In vielen mittelständischen Betrieben fehlt es aber bereits an der initialen Idee für ein datengestütztes Projekt. Hier kann es helfen, einen Blick auf die eigenen Daten zu werfen.
Der Software-Anbieter Splunk berichtet in seinem „Dark Data Report“, dass über 55 Prozent der in Unternehmen vorhandenen Daten ungenutzt sind oder dass ihre Existenz gar nicht erst bekannt ist. Wer sich also auf die Suche nach diesen Daten macht, hat gute Chancen, damit ein erstes Projekt erfolgreich zu starten und somit selbst das Tempo der Digitalisierung zu bestimmen.
Wie können wir in Zukunft mehr Menschen befähigen, schnell und zuverlässig neue Erkenntnisse aus Daten zu ermitteln? Werden Data Scientists die Rockstars der Zukunft sein?
Aus meiner Sicht ist der Hype um die Rolle des Data Scientists nicht gerechtfertigt. Wir erleben in unseren Projekten häufig, dass Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen von Informationen überflutet werden. Die Nachfrage nach Antworten übersteigt hierbei das Angebot an Menschen, die in der Lage sind, diese Antworten zu liefern. Dieses Ungleichgewicht lässt komplexe Fragen unbeantwortet.
Doch nicht jede Organisation benötigt einen hochbezahlten Data Scientist, sofern dieser überhaupt auf dem Arbeitsmarkt zu finden ist. Der ITK-Branchenverband Bitkom zählte im November 2019 in einer Umfrage rund 124.000 offene Stellen im IT-Bereich insgesamt. Zugleich erwarten zwei Drittel der Unternehmen, dass sich der IT-Fachkräftemangel in den kommenden Jahren weiter verschärfen wird.
Aus diesen Zahlen wird man schließen, dass der Fachkräftemangel ein Wachstum in diesem Bereich behindert …
Nein, diese Gleichsetzung stimmt meiner Meinung nach so nicht. Denn Unternehmen müssen die digitale Transformation nicht auf unbestimmte Zeit verschieben, nur weil Datenspezialisten fehlen. Damit der Start in die Digitalisierung gelingt, sollten Manager einen Ansatz wählen, der die Nutzung von Daten, Analysen und Prozessen automatisiert.
Organisationen müssen mehr Mitarbeiter in die Lage versetzen, ihre Datenkompetenz zu erhöhen und schnell mit Self-Service-Analysetools arbeiten zu können. Diese Tools sind speziell dafür konzipiert, dass Anwender aus den Fachbereichen mit nur geringem Support der IT-Abteilung und ohne wissenschaftlich-mathematische Spezialkenntnisse Zugriff auf die für sie benötigten Datenquellen erhalten, um damit umfangreiche Auswertungen zu starten und, noch wichtiger, diese Abläufe automatisieren zu können. So bekommen mehr Menschen Zugang zu Daten und können schneller Ergebnisse liefern. Die Alternative zu benutzerfreundlichen Self-Service-Lösungen würde darin bestehen, Entwickler und Data Science-Experten erst auszubilden. Das dauert jedoch einfach zu lange.
Bleiben wir beim Thema Ausbildung. Unsere Schulen sind eher mittelprächtig auf das digitale Lernen vorbereitet, wie sich jetzt gezeigt hat. Wie können wir die nächste Generation auf eine Welt vorbereiten, die stark datengetrieben sein wird?
Zunächst ist es wichtig festzustellen, dass es schon heute fundamental für die Wirtschaft und für die Gesellschaft geworden ist, dass wir mit Daten umgehen können. Diese Fähigkeiten sollten schon in der Schule gelehrt werden. Dies können erste einfache Schritte in der Informatik sein. Ich selbst habe schon Unterricht in der Grundschule zur Programmierung von Lego Mindstorms gegeben, also für die Robotik-Plattform der bekannten Plastikbausteine. Das hilft bereits, um Kindern den Umgang mit Daten, Computern und Robotern näherzubringen.
Auch hat die Bundesregierung 2019 den DigitalPakt Schule auf den Weg gebracht, um die Digitalisierung voranzutreiben. Doch dies wird nicht reichen, um die digitale Spaltung der Gesellschaft aufzuhalten.
Der Fokus auf die Ausbildung ist in Ihren Augen also nicht alles?
Genau. Ich würde die Veränderungen sehr viel weiter fassen wollen. Was wir benötigen, ist ein neuer Gesellschaftsvertrag. Wir sollten beispielsweise überlegen, wie wir den Einsatz von Digitalprodukten und Robotern künftig besteuern möchten, da diese Technologie bestehende Arbeitsplätze verändert. Der Umgang mit Daten bringt zudem eine Automatisierung vieler Abläufe mit sich.
Dennoch werden wir weiterhin Jobs haben, die mit wenig Datenanalysen auskommen, wie Handwerker, Friseure oder Bäcker. Auch diesen Berufsgruppen müssen wir die Chance bieten, über Analysen beispielsweise die Kundenbindung zu optimieren oder Rezepturen zu verbessern.
Daten werden also gewissermaßen zum Thema für jedes Unternehmen?
Prinzipiell müssen wir dafür sorgen, dass Menschen jeden Alters mehr Interesse an Daten entwickeln. Im Rahmen unser CSR-Initiative „Alteryx For Good“ helfen wir mit ganz unterschiedlichen Projekten. Studenten erhalten zum Beispiel kostenfreie Lizenzen für ein Jahr. Wer aktuelle Probleme der Gesellschaft lösen möchte, kann sich ebenfalls für die kostenfreie Nutzung qualifizieren. Ganz neu ist die ADAPT-Initiative. Hier können Menschen in COVID-19-bedingter Kurzarbeit an einem 125-stündigen Online-Kurs zu Data Analytics teilnehmen und erhalten ein Nanodegree von Udacity.
Sie schlagen also konkret vor, dass Unternehmen ihren Mitarbeitern die Chance geben sollten, als Datenspezialist zu arbeiten?
Ja, denn die Kombination aus menschlicher Neugierde mit großen Mengen an Daten kann zu spannenden Resultaten führen. Dafür müssen Daten jedoch für alle Mitarbeiter einfach zu analysieren sein. Daher sind die Self-Service-Anwendungen auch so wichtig, da sie auch ohne Programmierung auskommen. Ein wenig Interesse an Daten vorausgesetzt, können Mitarbeiter mit diesen Werkzeugen Daten aus verschiedenen Quellen und Formaten zusammenführen und eigene Analysen entwerfen.
Die Nutzer dieser Applikationen sind sogenannte Citizen Data Scientists bzw. Data Worker. Diese Mitarbeiter können Daten eigenständig auswerten, besitzen jedoch keine oder nur geringe Programmierkenntnisse. Dennoch sind sie in der Lage, datenbasierte Entscheidungen zu liefern. Wir sprechen hier von der Demokratisierung von Datenanalysen, da prinzipiell jeder Mitarbeiter mit diesen Lösungen arbeiten kann.
Wie können Manager diese Demokratisierung von Daten voranbringen und die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter ausbauen?
Organisationen benötigen eine neue Datenkultur. Rund um Data Analytics sollte sich eine offene und positive Kultur über sämtliche Funktionsbereiche hinweg entwickeln. Ein wichtiger Schritt ist die Qualifizierung und die Schulung aller Mitarbeiter im Umgang mit Daten. Hierbei ist es hilfreich, wiederkehrende Data&Analytics-Meetings für alle interessierten Mitarbeiter einzurichten. Bei diesen Meetings kann beispielsweise die Arbeitsweise einer Self-Service-Plattform dargestellt werden. Mitarbeiter können sich dann gemeinsam in User-Groups organisieren und dort erfolgreiche Projekte vorstellen, über Probleme diskutieren und von Fehlern anderer lernen. So entsteht im Laufe der Zeit eine unternehmensweite Datenkultur.
Wie helfen diese Analysen dabei, dass Unternehmen aus dem Krisenmodus kommen, in dem sich viele derzeit befinden?
Wichtig ist eine Analyse der operativen Daten. Diese Anforderung ist heute für Führungskräfte in Unternehmen aller Größenordnungen entscheidend für eine hohe Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen. Basierend auf diesen Auswertungen können Manager verschiedene Szenarien entwerfen und durchrechnen und so eine passende Strategie für ihr Unternehmen entwickeln. Ob Pandemie, Natur-katastrophe oder Unfall, es sind letztlich Daten und die darauf basierenden Analysen, die die Entscheidungsfindung von Menschen unterstützen.
Könnten Sie das noch etwas konkretisieren?
Die Automatisierung führt in Kombination mit Self-Service-Analytics zu einer nachhaltigen Veränderung innerhalb einer Organisation. War es früher Excel, das als Werkzeug den Taschenrechner ablöste und schneller Zahlen und Fakten präsentierte, sind es heute die Self-Service-Analytics-Plattformen, die das Wissen und die Entscheidungsfähigkeit an den Arbeitsplätzen stärken. Dieser Ansatz kann auch Menschen-leben retten, wenn es beispielsweise um die optimierte Logistik von Medikamenten-lieferungen geht oder wenn ein Hersteller von Medikamenten seine Lieferanten neu auswählen muss.
Diese neue Arbeitsweise haben wir in unserem Konzept für Analytic Process Automation (APA) zusammengefasst, das Analytics, Data Science und Geschäftsprozessautomatisierung in einer einzigen, durchgängigen Plattform vereint. Durch die Zusammenführung von Daten, Prozessen und Mitarbeitern in einem konvergenten Ansatz liefert die Alteryx APA Plattform hochgradig relevante Business-Erkenntnisse und ermöglicht eine schnelle Weiterbildung von Mitarbeitern im gesamten Unternehmen.
Herr Becker, vielen Dank für dieses interessante Gespräch.
Als führendes Unternehmen für „Analytic Process Automation“ (APA) vereint Alteryx Analytics, Data Science und Geschäftsprozessautomatisierung in einer durchgängigen Plattform. Weltweit verlassen sich Unternehmen jeder Größe auf die Analytic Process Automation Plattform, wenn es darum geht, wirkungsvolle Business-Erkenntnisse zu erzielen und eine rasche Weiterbildung ihrer modernen Belegschaft zu erreichen.