Starke Verbindung
End-to-End-Digitalisierung verlangt eine automatisierte Dokumentanalyse. ECM im Zusammenspiel mit KI-Technologien erweist sich dabei als Dream-Team für automatisierte Prozesse.
Interview mit 
Steffen Leonhardt, Leiter Competence Center Dokumentenanalyse bei der ELO Digital Office GmbH
Enterprise-Content-Management im Zusammenspiel mit Künstlicher Intelligenz wirkt als veritabler Automatisierungsbooster und mit signifikanter Wirkung auf die Produktivität. Am effektivsten spielen die beiden Technologien ihre Stärken aus, wenn es gilt, unstrukturierte Inhalte zu analysieren und die Dokumentenart zu bestimmen. Dafür müssen die erkannten Informationen mit einer Wissensdatenbank abgeglichen und im Zusammenhang mit anderen relevanten Informationen kontextualisiert werden. Über die genaue Rolle der KI bei der Interpretation dieser Inhalte sprach das DOK.magazin mit Steffen Leonhardt, dem Leiter Competence Center Dokumentenanalyse bei der ELO Digital Office GmbH.
Herr Leonhardt, bei welchen Aufgabenstellungen erzielt KI in Verbindung mit ECM den größten Nutzen?
Der Einsatz von KI birgt großes Potenzial für die automatisierte Verarbeitung von Informationen, die zu rund 85 Prozent unstrukturiert vorliegen. Diese zu erfassen, zu digitalisieren, zu speichern, zu verwalten und bereitzustellen ist dabei die originäre Aufgabe des ECM, unabhängig davon, ob es sich um Schriftstücke, Daten, Bilder oder Videos handelt. KI-Funktionen sind hilfreich, wenn es darum geht, Metadaten aus Dokumenten zu extrahieren. Dabei liest eine Erkennungssoftware Daten an beliebigen Positionen aus und prüft Formalregeln. Nur bei fehlerhafter Erkennung interveniert der Nutzer. Dessen Korrekturen nimmt dann eine Lernroutine auf. So lassen sich nach und nach die Erkennungsraten optimieren und die unterschiedlichen Inhalte den richtigen Attributfeldern zuordnen.
Können Sie uns Beispiele für konkrete Einsatzszenarien und die daraus erwachsenden Synergien geben?
In der Praxis generiert die Kombination aus ECM und KI am Posteingang großen Mehrwert. Dank der automatisierten Erkennung und Zuordnung erfolgt die Verteilung der Post in wesentlich kürzerer Zeit und schließt auch die Remote-Arbeitenden mit ein. Die Reaktionszeiten sinken und die Ressourcen werden entlastet.
Aber auch in der Personalabteilung bei der Analyse von HR-Dokumenten wie Weiterbildungsnachweisen, Krankmeldungen oder Kfz-Leasing-Verträgen können die Produktivitätseffekte zur Gänze ausgespielt werden. Die Unterlagen werden bei Bedarf gescannt, analysiert und direkt in die jeweilige Personalakte einsortiert. Nachgelagerte Aktionen wie die Benachrichtigung des Teams über den krankheitsbedingten Ausfall des Kollegen und die Einrichtung von Vertreterregelungen lassen sich direkt anstoßen.
Auch im Auftragswesen leistet KI wertvolle Dienste bei der Analyse und Verarbeitung von Bestellungen – insbesondere im Zusammenspiel mit dem Warenwirtschaftssystem, das aus der engen Verzahnung mit der ECM-Software resultiert.
Welcher KI-Technologien bedienen Sie sich denn bei der Entwicklung Ihrer ECM-Lösungen?
Wir bei ELO Digital Office nutzen schon seit längerem verschiedene KI-Technologien. Teilweise beruhen diese auf sich selbst optimierender Texterkennung bzw. unscharfen Suchen nach Daten aus bekanntem Wissen wie in Datenbanken gespeicherten Informationen. Teilweise basieren sie aber auch wie beim Autoclassifier auf der mathematischen Methode der Support-Vector-Machine bzw. auf klassischen neuronalen Netzen, die anhand von Lernmengen trainiert werden.
Im Arbeitsalltag bewähren sich vor allem intelligente Erfassungssysteme wie unser Modul ELO DocXtractor: Es unterstützt Unternehmen bei der automatischen Analyse und Verarbeitung von Dokumenten aus unterschiedlichen Eingangskanälen. Hierfür nutzt es – je nach Komplexität der Aufgabe – von Experten erstellte regelbasierte Algorithmen und intelligente Heuristiken oder stützt sich im Zuge des maschinellen Lernens auf große Mengen an Trainingsdaten. Beide Ansätze haben jeweils ihre eigenen Stärken und werden je nach konkreter Aufgabenstellung kombiniert.
Sie sprechen den Stichpunkt maschinelles Lernen an …
… ja, denn die Lernfähigkeit eines solchen intelligenten Erfassungsassistenten ist groß. Daher eignet er sich sowohl für Großunternehmen als auch für den Mittelstand. Die Erkennungsrate steigt mit der Anzahl der verarbeiteten Belege. Auf Grundlage der Belegmenge optimiert das System die Dokumentenanalyse im Hintergrund, gewinnt folglich immer weiter an Wissen und verhält sich dadurch intelligenter. Informationen werden noch schneller verarbeitet.
Der Digital Mailroom ist in aller Munde. Wie entfaltet er sein Potenzial im unternehmerischen Umfeld?
Am zentralen Posteingang gehen täglich Dokumente aller Art aus beliebigen Kanälen ein, auf klassischem Postweg, per Fax, E-Mail oder per Message aus einem Onlineportal. Diese gilt es möglichst effizient zu verarbeiten, also automatisch zu analysieren, vorzusortieren, zur Weiterverarbeitung zu übermitteln und kontextbezogen abzulegen bzw. den jeweiligen Projekt- oder Kundenakten zuzuordnen. Das Klassifizierungsmodul erkennt dabei unterschiedliche Prioritäten, Eskalationsstufen sowie wiederkehrende Anfragen. Dies beschleunigt die Zuordnung der Dokumente zum entsprechenden Geschäftsvorfall sowie die Verteilung der Eingangspost. Für eine korrekte Erledigung benötigt das Tool jedoch vorab im Zuge des maschinellen Lernens ent-sprechendes Training anhand von Datenbeispielen. Die ECM Suite sorgt dabei für den Schutz vor unberechtigtem Datenzugriff und die Einhaltung rechtlicher und regulatorischer Bestimmungen und verhindert Datenverlust.
Wie sieht das in der Buchhaltung aus, verzeichnet diese erkennbare Effizienzgewinne durch die intelligente Klassifikation?
Im Finanz- und Buchhaltungswesen kommen eher regelbasierte Algorithmen zum Tragen, mit Hilfe derer das Modul Daten sehr schnell aus eingegangenen Belegen analysiert und ermittelt. Dazu gleicht es Informationen wie Adress- und Artikeldaten, Beträge und Mehrwertsteuersätze mit den Daten des angebundenen ERP-Systems ab und überprüft diese auf logische oder mathematische Korrektheit.
Die Klassifikation spielt aber bei der Erkennung von Anhangseiten wie Leistungsnachweisen oder Rapportzetteln wieder eine Rolle. Dabei bedient sich das Tool des integrierten Autoclassifiers. Die hier verwendeten maschinellen Lernverfahren arbeiten mit Belegmengen, die während der Trainingsphase bereitgestellt und kontinuierlich ergänzt werden.
Sie sprachen auch vom Personal- und Bestellwesen, das entscheidende Vorteile verzeichnen kann?
Richtig. Hier lassen sich sowohl eingehende Dokumente wie Krankmeldungen, Versicherungsbescheinigungen oder Bewerbungsunterlagen als auch Ausgangsbelege wie Gehaltsanpassungen oder Verträge zur Kraftfahrzeugüberlassung intelligent analysieren und verarbeiten. Das System erkennt den jeweiligen Belegtypus und gewährleistet die automatisierte Ablage in der entsprechenden Personalakte. Auch beim digitalen Bewerbermanagement greift die Technologie: Erkannt werden beispielsweise Anschreiben, Lebensläufe, Zeugnisse oder Zertifikate. Zudem lassen sich wichtige Informationen zusammenstellen und ganz einfach dem nachgelagerten System für das Bewerbermanagement übergeben.
Ähnliches gilt für das Bestell- und Auftragswesen. Hier werden Feldinhalte wie Kundendaten, Bestellpositionen oder Artikelnummern automatisiert ausgelesen und klassifiziert – was den gesamten Bestellprozess deutlich beschleunigt.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die KI-Funktionen ein essenzieller Baustein auf dem Weg zu einer End-to-End-Digitalisierung ganzer Prozessketten sind.
Auf alle Fälle. Die intelligenten Verfahren minimieren unbestritten manuelle Abläufe und damit die Durchlaufzeiten bei der Belegverarbeitung. Die Mitarbeiter profitieren ortsunabhängig von rasch verfügbaren Informationen und Analysen. Sie können zeitnaher reagieren und tragen zu einer gesteigerten Kundenzufriedenheit bei. Die erzielte höhere Produktivität punktet dagegen bei den Unternehmen. Die Kombi aus ECM und KI ebnet so den Weg für eine durchgängige Digitalisierung der Prozessketten und resultiert in einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
Herr Leonhardt, vielen Dank für die detaillierte Beantwortung unserer Fragen!
ELO Digital Office zählt zu den führenden Softwareherstellern für Enterprise-Content-Management (ECM) und entwickelt branchenübergreifende digitale Geschäftsprozessl-ösungen für jede Unternehmensgröße. Das Stuttgarter Unternehmen ist seit über 20 Jahren am Markt und mittlerweile in 16 Ländern an 23 Standorten vertreten. Vertrieben werden die Lösungen weltweit in rund 20 Sprachen und über 40 Ländern über ein dichtes, internationales Netzwerk von mehr als 1000 Systemhäusern und IT-Beratungen.