Digital Workplace – Technologischer Lockruf oder Arbeitsmodell der Zukunft?

Gerald Pitschek, Inhaber von Pitschek Consulting, ist Berater, Trainer und Analyst

 

Als ich vor einigen Wochen vom DOK.magazin eingeladen wurde, einen „State-of-the-Art“-Artikel über den Digital Workplace zu verfassen, musste ich als ECM/BPM-Veteran sofort an die Visionen und Lösungen der letzten Jahre rund um das „digitale Office“ wie Dokumenten-Management, Workflow, CSCW, Groupware und viele ähnliche Ansätze denken. Die Frage, wie diese etablierten IT-Lösungen den digitalen Arbeitsplatz beeinflussen, liegt dabei nahe.

Und nun prägen komplett neue Produkte die Nutzung und den gesamten Workplace-Markt massiv. Beide Ansätze – bewährt wie neu – müssen daher in einer Gesamtsicht betrachtet werden. Denn noch nie hatten wir so viel mächtige Informationstechnologien, noch nie war das Lösungsangebot größer, der Überblick schwieriger und noch nie war das Schlagwort „Digitalisierung“ so präsent. Doch hilft dies alles, um die persönlichen und unternehmerischen Ziele am Arbeitsplatz zu erreichen?

Der digitale Arbeitsplatz als Konzept

Für den Begriff „Digital Workplace“ gibt es im Web viele unterschiedliche Definitionen, die teilweise thematisch recht weit auseinanderliegen. Ich für meinen Teil finde die Festlegung von Gartner in ihrem IT-Glossar am zutreffendsten [1].

„The Digital Workplace enables new, more effective ways of working; raises employee engagement and agility; and exploits consumer-oriented styles and technologies.“

Aus dieser Beschreibung lassen sich weitere vertiefende Schlüsse ziehen, um damit die in diesem Zitat gesetzten Rahmenbedingungen etwas ausführlicher zu fassen:

Enabling – Mitarbeiter mit Motivation
Übersetzt man „enabling“, bedeutet dies in etwa „ermöglichen, erlauben, befähigen“. Der Digital Workplace scheint also viel mehr als nur eine Ansammlung von innovativen Informationstechnologien zu sein. Er stellt vielmehr ein kulturelles, persönliches, technologisches und soziales Gerüst zur Verfügung, das für den Einzelnen neue Arbeitsweisen „ermöglicht“, neue Wege der Abwicklung und des Tuns „erlaubt“ und ihn „befähigt“, selbst aktiv, innovativ und agil in seinem Arbeitsumfeld zu agieren. Die Technologie ist dabei vielleicht der „Enabler“.

Effizienz – Warum nicht produktiver werden?
Den „Wirkungsgrad“ von Menschen zu messen oder zu beurteilen, klang Jahre lang nach einem Thema für den Betriebsrat. In Zeiten der „neuen“ Digitalisierung ist Effizienz jedoch ein allgegenwärtiges Thema. Menschen nutzen dazu die „besten“ IT-Tools zur Verbesserung und sind bereit, ohne Angst und Stress-Symptome sich auf neue Arbeitssituationen einzulassen und IT als Werkzeug zu sehen. IT ist in diesem Zusammenhang nicht nur als Abwicklungs- sondern als persönliches Entwicklungswerkzeug zu sehen, ist ein Teil des neuen Personal Workplace.

„New World of Work“
Home Office, mobiles Arbeiten, keinen fest physischen Arbeitsplatz mehr zu haben und die kontinuierliche Erreichbarkeit sind mittlerweile Teil unserer Arbeitswelt. Privat haben wir das bereits ganz gut gemeistert. Nun dreht sich die Frage darum, ob wir auch in der Lage sein werden, dies in unseren Arbeitsalltag vollständig einfließen zu lassen.

Agilität und neue Organisationsformen
Sind streng hierarchische Organisationen bereits Auslaufmodelle? Nun ja. Agilität ist bereits fast so „in“ wie selbstfahrende Autos. Nur ehrlich, wer hat schon ein selbstfahrendes Auto? Technologien wie UCC, ECM oder BPM ermöglichen neue agile Arbeits- und Organisationsmodelle. Doch erst durch die Kombination aus lernenden Organisationen, sozialen Leadership-Modellen, selbstbewussten und verantwortungsvollen Mitarbeitern mit neuen, modernen technologischen Innovationen kommt man dem Ziel der „Agilität von Unternehmensstrukturen“ näher. Agilität ohne Technologieeinsatz wird nicht funktionieren.

Lernen von sozialen Netzen
Seit dem allgegenwärtigen Vorhandensein und der Nutzung sozialer Netze hat sich bei vielen das Kommunikations- und Mitteilungsverhalten massiv verändert. Doch wie sieht dies im sogenannten Enterprise-Umfeld aus? IT-Lösungen mit ähnlichem Verhalten werden „eingeführt“ anstatt zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt. Es werden Vorgaben gemacht (Compliance und Governance lassen grüßen). Wir sollten von der Nutzung sozialer Netze lernen, sie inhalieren und als Teil einer modernen Unternehmenskultur annehmen.

Consumer-Innovationen
Apps, Stores oder Communities sind in das Leben jedes Einzelnen eingedrungen. Es macht einfach Spaß als Konsument teilzunehmen. Trotz der jeweiligen Komplexität der Anwendungen erscheint die Nutzung einfach und selbstverständlich und ist ohne langwierige Schulung möglich. Warum also nicht diese Ideen in das Unternehmen hineintragen? Denn letztendlich sind wir alle Konsumenten auch im eigenen Unternehmen. CX oder wie auch immer (alles mit X zählt) lässt grüßen. Nennen wir es vielleicht EX (Employee Experience), denn auch Mitarbeiter wollen verstanden werden und zufrieden sein.

Schlussendlich ist der „Digital Workplace“ eine Metapher für neue Ideen der Organisation und von Arbeitsformen, des Leaderships, der Mitarbeiterakzeptanz sowie der Art und Weise wie wir persönlich, im Team und mit Kunden mit Hilfe von Informationstechnologien arbeiten werden.

Von der Idee zu den technologischen Visionen

Unabhängig von allen Konzepten, Zuschreibungen und Definitionen: Der Digital Workplace muss auch technologisch umgesetzt werden. Doch wie sehen nun pragmatisch gesehen, neben den vielen Herausforderungen im unternehmenskulturellen und strategischen Umfeld die IT-orientierten Bestandteile des digitalen Arbeitsplatzes aus?

Modernes User Interface
Usability und damit verbunden die einfache Benutzung von komplexen IT-Anwendungen steht an erster Stelle, um die Akzeptanz bei Anwendern sicherzustellen. Die Eleganz moderner Anwendungen am digitalen Arbeitsplatz zeichnet sich dadurch aus, dass alle notwendigen Funktionen vorhanden sind, wenn man sie benötigt und das gesamte „Verbraucher-Erlebnis“ dazu führt, diese gerne auszuführen. Weil man diese sofort versteht, sie schnell persönlichen Nutzen vermitteln können und trotzdem dafür entwickelt wurden, um komplexe Vorgehensweisen und Arbeiten im Unternehmen zu unterstützen.
Es bräuchte mehr UI-Designer als Business-Analysten, dann wäre die moderne IT-Welt am Arbeitsplatz vielleicht womöglich etwas besser. Die Kunst der Vereinfachung der Komplexität ist noch nicht angekommen …

Mobility
iPhone raus und arbeiten. So sind wir es im privaten Umfeld bereits gewöhnt. Der digitale Arbeitsplatz wird jedoch auch absolut mobil sein. Es wird keine Einschränkungen mehr hinsichtlich des benutzten Endgerätes geben. Man kann arbeiten, wo auch immer man gerade ist. Immer sind alle relevanten Informationen und Anwendungen verfügbar. Jeder Prozess nutzbar, jedes Dokument findbar und die Kommunikation zu Kollegen jederzeit möglich. Alles längst keine Fiktion mehr.

Integrierte Apps
Eine der größten Herausforderungen an den digitalen Arbeitsplatz der Zukunft ist die Integration unterschiedlicher Anwendungen zu einer homogenen „Gesamtanwendung“, welche alle Arten unterschiedlicher Informationen verarbeiten und verwalten kann. Die „Unified Workplace Application“ wird wohl noch länger auf sich warten lassen. Zu sehr sprechen die Eigeninteressen der maßgeblichen Anbieter gegen eine Gesamtintegration (auch im Sinne des UI und der zu integrierenden Daten).
Wir werden also auch in absehbarer Zeit damit umgehen müssen, dass wir es mit ganz unterschiedlichen Benutzungskonzepten, Navigationen oder Semantiken von Information zu tun haben werden.

Collaboration
Telefonkonferenzen, Teammeetings per Video, Abgleichen von Dokumenten per Text-Chat, dies ist alles bereits vorhanden und in den täglichen Arbeitsprozess eingeflossen. Wirklich? Neue Studien namhafter Analysten sehen da ein anderes Bild. Umständliche, zentrale Meetings mit physischer Anwesenheitspflicht. Kaum Online-Informations-Sharing. Zumindest in vielen KMUs (und dies sind die Mehrzahl der Unternehmen in der EU).
Es wird Zeit, dass diese wirklich ausgereiften, hoch entwickelten Collaboration-Features zu einem „Must-Have“ werden. Das Management hat hier die Verantwortung dies vorzuleben. Alle wirtschaftlichen Gründe sprechen dafür.

Prozessoptimierung
Moderne BPM-Anwendungen sind nicht mehr nur für Spezialisten da. Angefangen von der Analyse, der Modellierung bis hin zur Abwicklung und nachfolgender Optimierung sind BPM/Workflow-Systeme in der Lage, direkt von und in Fachabteilungen eingesetzt zu werden.
BPM/Workflow gehört in die jeweiligen Fachabteilungen. Die IT hat dafür zu sorgen, dass die entsprechend notwendigen Tools und Infrastrukturen zur Verfügung stehen. In den Fachabteilungen wird es jedoch auch Zeit, die Kompetenzen primär im Bereich „Requirement Engineering“, Methodenwissen (wie BPMN, …) und kontinuierliche Verbesserungen anhand von Daten (siehe Analytics, …) massiv nach vorne zu bringen.

Software-Roboter und der Office-Bot
Glauben sie daran, dass Software-Roboter künftig ihre Arbeit nicht nur unterstützen sondern sogar übernehmen werden? Sie sollten es! Die Entwicklungen in den vergangenen Jahren waren so rasant, dass wir kaum abschätzen können, welchen Einfluss AI/KI-getriebene Workplace-Anwendungen auf unsere tägliche Arbeit haben werden.
Der Office-Bot (als Vision) wird zukünftig alle nachhaltigen Tätigkeiten im Büro für uns erledigen. Sei es die Freigabe eines Urlaubsantrages, die Koordination eines Meetings bis hin zu Vorschlägen wie man einen bestehenden Geschäftsprozess aufgrund der bisherigen Vorgehensweise verbessern kann.

Work Digital Smarter

Jeder kennt wohl den Spruch „Work smarter, not harder“. Vor kurzem noch war dieser Ansatz immer mit neuen Arbeitsmethoden verbunden. Doch aktuell bekommen wir immer mehr Technologien, IT-Lösungen und dadurch neu gewonnene Möglichkeiten, um noch „smarter“ zu werden und Innovationen persönlich und im Sinne des Unternehmens zu nutzen. „Work Digital Smarter“ als Arbeitskonzept, als Ausbildungskonzept und als Konzept des persönlichen Erlebens der Arbeit hat demnach noch viel Potenzial.

Mit in diesen Zusammenhang gehört die Employee Experience (EX). Dabei geht es um mehr als nur um Technologien, sondern vielmehr darum, die besten Rahmenbedingungen (Arbeitsplatz, Kultur, Tools, …) zu schaffen und damit MitarbeiterInnen die Voraussetzungen zur Verfügung zu stellen, um mit größter Freude und Begeisterung das Beste aus ihrem Job zu machen.

Collaboration & ECM im Team

Lange Zeit wurde Enterprise-Content-Management als die Lösung für den modernen Arbeitsplatz der Zukunft benannt. Dokumente, E-Mail-Management, Aufgaben-Verwaltung, elektronische Akten, Dokumenten-Management, Ablage, Archivierung, Workflow, Integration zu Fachanwendungen, … letztendlich war fast alles dabei, um den digitalen Arbeitsplatz umzusetzen.

Eben nur letztendlich. Enterprise-Content-Management hat sich meist zu einer zu komplexen Metapher für die Verwaltung von digitalen Dokumenten entwickelt. Zu aufwendig waren die Produkte, vielleicht auch zu teuer und auf jeden Fall zu stark auf Funktionen und zu wenig auf den Anforderungen des „normalen“ Arbeitsplatzes ausgerichtet. Und Collaboration? Nun ja, da verstehen von zehn Anbietern mindestens sieben etwas anders darunter. Collaboration als Umsetzung von UCC (Unified Collaboration & Communication) trifft es da etwas besser. Enterprise-Content-Management und Collaboration? Kämpft da „alt“ gegen „jung“?

Ist ECM tot?
Seit der Analyst Gartner seine Prophezeiung abgegeben hat, dass „ECM is dead“ also ECM tot sei, brodelt es im spezialisieren IT-Markt gewaltig. Die ECM-Anbieter samt der Berater-Schaar sind sich nicht mehr so sicher, ob ECM als Begriff ihr Geschäft noch kundenorientiert umreißt. Die einen nennen es nun EIM (Enterprise Information Management), die anderen CS (Content Services), wiederum andere IIM (Intelligent Information Service). Dieser andauernde Fokusschwenk zeigt auch die Schwächen dieses eigentlich alten Ansatzes. Der „Digital Workplace“ ist daher eine riesige Chance die Ansätze, Enterprise Content Management und Collaboration in der richtigen Form miteinander zu verbinden.
Enterprise-Content-Management ist dabei historisch eine Begrifflichkeit rund um Dokumenten-Management, Workflow und Archivierung. Und Collaboration war dabei ursprünglich im riesigen von AIIM definierten „ECM-Themenhaufen“ verankert, hat sich jedoch in letzter Zeit quasi am Markt verselbstständigt.

Ist „Collaboration“ jung?
Derzeit, getragen durch Innovationen spannender Startups und etablierter Social-Media-Konzerne, hat das Thema Collaboration die Führerschaft gegenüber ECM im „Digital Office Markt“ übernommen. ECM wird dabei am Markt – leider – als „old-school“ wahrgenommen, steht oft für Compliance, Strukturerhaltung sowie vorgegebenen Strukturen und ist nicht nur vom Wording her eher IT-/Infrastruktur-lastig.
Deshalb wird der seit Jahren angestrebte Massenmarkt für die hochentwickelten, sehr ausgereiften ECM-Systeme in Zeiten des agilen, kundenorientierten Umbruchs wohl nicht mehr zu erreichen sein (Cloud ausgenommen). Als Wegbegleiter der ECM-Branche leide ich da etwas mit, da ich weiß wie sehr ECM als Digitalisierungs-Wegbereiter vom Markt nicht anerkannt wurde/wird, obwohl viele ECM-Anbieter seit Jahren als Visionäre des digitalen Arbeitsplatzes gelten könnten.
Collaboration dahingehend scheint disruptiv, zukunftsorientiert und agil, kommt meistens aus der Cloud und ist bezüglich der Anwendung und Nutzung näher am Kunden. Man muss als Beispiel hierzu nur die Angebote im Cloud- und EFSS-Umfeld betrachten. Umso mehr trifft Collaboration daher den Nerv der Zeit und vieler großer aber insbesondere auch kleinerer Unternehmen und damit den Massenmarkt.

Um den „Digital Workplace“ ganzheitlich umzusetzen, sind aber in der Praxis beide Ansätze notwendig.

Collaboration-Innovationen – Jungbrunnen für ECM

Obwohl Enterprise-Content-Management also für viele eher ein bewährtes Thema scheint, gibt es aktuell eine massive Bewegung am Markt. Diese ist getrieben von Innovationen aus dem Internet, der KI/AI und dem Thema Big Data/Analytics.

Mobilität für Dokumente und Prozesse
Die Mobilität des digitalen Arbeitsplatzes hat auch dazu geführt, dass eigentlich alle ECM-Anbieter entsprechend mobile Lösungen anbieten. Der Nutzen liegt dabei darin, dass man den gesamten Life-Cycle eines Dokumentes durchgängig mobil bedienen kann. Sei es beim Scan-Vorgang mittels Smartphone (z.B. Belege), der Weiterleitung mittels mobilen Workflows (z.B. Freigabe) bis hin zur Verwaltung und Ablage/Archivierung von Unternehmensinformationen und der Integration in bestehende Geschäftsprozesse und Fachanwendungen.

Smart Data – intelligente Dokumente
Eine der großen Herausforderungen im Enterprise-Content-Management ist die Erkennung und Klassifizierung von ehemals analogen Dokumenten oder von Volltextdokumenten ohne dedizierte Metadaten. Denn ganz im Gegensatz zur herkömmlichen Suche im Web muss ein Dokument im Unternehmenskontext immer eindeutig zugeordnet werden können. Hierzu sind entsprechend semantische Informationen oder Metadaten notwendig, welche im Rahmen einer Zuordnung zu einem Geschäftsfall oder innerhalb einer Suche ein eindeutiges Ergebnis liefern. Dies wurde bisher teilweise automatisch oder doch noch immer manuell durch Sachbearbeiter durchgeführt (Beschlagwortung, Klassifikation).
Zukünftig werden diese Metadaten durch entsprechende Algorithmen automatisch erkannt, semantisch zugeordnet und aufbereitet. AI/KI-Methoden machen hierbei die Hauptarbeit und durch maschinelles Lernen wird die Erkennungsrate unglaublich hoch. Diese Daten über Daten können wiederum andere Algorithmen oder beispielsweise Analytics-Funktionen intelligent auswerten.

BPM/Workflows & Analytics
Ist Business Process Management eher das Dachthema, so beschreibt Workflow die operative Ausführung von Vorgängen. BPM als Rahmen bedient sich der Funktionen zur Analyse, Modellierung, Dokumentation, Simulation sowie eben der Ausführung (Workflow) und der nachfolgenden Auswertungen bzw. Benchmarks.
Gerade im Umfeld der Auswertung bestehender Daten (Logs, Transaktionen, …) hat der Einfluss von Big Data bzw. von Analytics auch im BPM/Workflow-Umfeld stark zugenommen. So kann man durch intelligente Auswertungen das „Verhalten“ ganzer Prozessketten oder einzelner Prozessschritte aufgrund vergangener Daten prognostizieren und Vorschläge für eine zukünftige optimalere Verarbeitung unterbreiten.

Die Cloud als ECM-Motor für KMUs
Beinahe jeder namhafte ECM-Anbieter hält aktuell ein Cloud-Angebot parat. ECM aus der Cloud ist verbunden mit den Basiseigenschaften von Cloud-Angeboten – unbestritten ein Eintritt in einen bisher fast ECM-freien Raum der KMUs. Doch neben den bekannten ECM-Angeboten dringen auch Enterprise File Synchronization and Sharing (EFSS) aus der Cloud immer mehr in den unternehmerischen Kontext ein, quasi als eine ECM-Light-Alternative.
Doch die Geschwindigkeit der Entwicklung in dem Cloud-Storage-Umfeld lässt den Schluss zu, dass auch hier eine Umwälzung durchaus möglich ist und traditionelle ECM-Anbieter entweder nachbessern oder durch zusätzliche Angebote spezifische USPs schaffen müssen. Fokussiert geschieht dies bereits, indem komplette ECM-lastige Lösungen wie beispielsweise die Rechnungsverarbeitung oder Vertragsverwaltung als Komplettpaket vollständig aus der Cloud geliefert werden.

Ob nun Lösungen des ECM oder der Collaboration die Nase am Markt vorne haben werden, wird hauptsächlich von den möglichen Anwendungsfällen (Use Cases) abhängen. Enterprise Content Management sollte man dort einsetzen, wo es perfekt hingehört bzw. den größten Nutzen stiftet. Die Use Cases sind bekannt: beispielsweise Capture (Paperless), elektronische Akten, Archivierung oder Prozessoptimierung (Workflow). Dabei kann man kurzfristig Nutzen generieren und hat einen perfekten ROI.

Der Einsatzbereich von modernen Collaboration-Systemen ist etwas breiter gefächert und wird massiv durch Innovationen von Startups und der allumfassenden Mobilität befeuert. Oft geht es dabei um teamorientierte und kundenseitige IT-Angebote. Vereinfacht also: Strukturierter Prozess auf der ECM-Seite, kundenorientiertes Team auf der Collaboration-Seite. Eine Integration macht dort Sinn, wo beide Ansätze notwendig sind, bestens entsprechen und sich ergänzen.

Ausblick

Um die weitere Entwicklung im Bereich des digitalen Arbeitsplatzes vorherzusehen, sind einige Faktoren von maßgeblicher Bedeutung.

Gibt es ein führendes System?
Stehen die Themen der Informationsverwaltung oder der Compliance im Vordergrund, bringen sicherlich die ECM-nahen Ansätze überwiegende Vorteile mit sich, denn genau hierfür wurden sie geschaffen: Dokumenten-Management, elektronische Akten, strukturierte Ablage und revisionssichere Archivierung sowie die Abwicklung von sich oft wiederholenden Abläufen/Workflows. Egal wie man „das Ding“ zukünftig auch nennen wird, CEVAs (laut Gartner Content Enabled Vertical Applications) sind hier der richtige Lösungsansatz.
Geht es jedoch vornehmlich um die Zusammenarbeit in Teams, die Kommunikation und dynamische, agile Umsetzung von Projekten ist sicherlich der allgemeine Ansatz der oft aus der Cloud kommenden Collaboration (UCC) zu bevorzugen. Wer das Spiel gewinnt ist schwer zu sagen, noch jedoch liegt ECM als eine wichtige Komponente im „Digital Workplace“ klar in Führung.

Künstliche Intelligenz – übernimmt die Maschine?
Wie bereits erwähnt, werden zukünftig KI-Softwarefunktionen (Algorithmen wie maschinelles Lernen) immer mehr Aufgaben übernehmen. Dies sieht man alleine durch den aktuellen Hype rund um RPA (Robotic Process Automation), womit ganze Geschäftsprozesse ohne Zutun von Menschen abgewickelt werden sollten.

IoT & Wearables als Teil des Digital Workplace
Sprachgesteuerte Assistenten, intelligente Kleidung, am Körper getragene Sensoren (Wearables) oder auch die komplette Vernetzung aller involvierten Endgeräte (samt Auto oder Eigenheim) werden sicherlich einen massiven Einfluss auf unser gesamtes Leben und damit auch auf unser Arbeitsleben haben. Das Zusammenwirken aller dabei erhobenen Daten (auch der Daten des digitalen Arbeitsplatzes) werden uns so transparent, aber auch produktiv machen wie noch nie zuvor.

Quelle

[1]              Gartner IT Glossary – http://www.gartner.com/it-glossary/digital-workplace/

www.pitschek.consulting

Gerald Pitschek ist Berater, Trainer und Analyst. Als Spezialist für ECM, BPM und Collaboration unterstützt er Unternehmen deren Dokumente, Prozesse und die Zusammenarbeit zu digitalisieren. Gemeinsam mit Partnern bietet er seit über 25 Jahren Beratungen, Coaching, Trainings, Events und Marktstudien an.

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