“Genau mein Ding”!
„Nonstop-Customers“ – so bezeichnet eine aktuelle Studie von Accenture die modernen Kauf-Willigen und Verbraucher [1]: Unterstützt durch die Möglichkeiten der digitalen, audio-visuellen und sozialen Medien sind die heutigen Konsumenten permanent von Angeboten und Informationen umringt. Angesichts dieses Überflusses an Möglichkeiten wollen sie nicht mehr nur ein Produkt oder eine Leistung kaufen. Damit steht die Customer Experience im Fokus aktiver Kundenbindungsmaßnahmen.
Interview mit
Timo Fiedler, Senior Manager Digital Finance bei der CENIT AG
Untersuchungen, die sich diesem Thema widmen, belegen, dass eine Interaktion, die auf audio-visuellem Wege angeboten wird, nach 72 Stunden noch zu 95 Prozent im Gedächtnis ist. Die gleiche Information als Text dagegen nur zu 10 Prozent. Selbst rein visuell angebotene Informationen fallen mit 65 Prozent deutlich ab im Vergleich zur audio-visuellen Präsentation. Allerdings wird dieser hohe Aufmerksamkeitswert nicht allein durch die Veröffentlichung eines ‚einfachen‘ Videos auf der Firmenwebseite erreicht – welches beispielsweise als ‚moderne‘ Alternative zu einem Flyer produziert wird. Vielmehr sind neben der audio-visuellen Performance eine personalisierte Ansprache der Kunden und die Möglichkeit der Interaktion weitere entscheidende Faktoren.
Nur das sehen, was man will
Das Vehikel dieses Gesamtpaketes: sogenannte „Personal-Interactive-Videos“ (PIV). Sie ermöglichen es dem Betrachter, mit dem Videoinhalt mittels einer Vielzahl von Werkzeugen und digitalen Aktionen zu interagieren. Der Betrachter entscheidet damit über seinen eigenen Weg durch das Video, indem er individuelle Auswahlentscheidungen in Echtzeit trifft.
Je nach Anwendung können verschiedene Informationsobjekte dynamisch personalisiert werden (z.B. Bild, Text, Audio, Dokumente, Video-Story, -Szenen). Die Personalisierung erfolgt durch die Verwendung von Daten aus internen oder externen Datenquellen in Echtzeit – und erst zum Zeitpunkt des Öffnens des Videos. Dies erfordert kein separates Rendering, was eine Verwaltung erzeugter Videos überflüssig macht und damit eine kostengünstige Skalierungsmöglichkeit für den Einsatz bei klassischen Marketing- oder Vertriebs-Kampagnen ermöglicht. Auch der Anspruch an Datenschutz wird gewährleistet, da keine persistente Speicherung von Personendaten im Video erfolgt, sondern die Daten nur zum Zeitpunkt des Videoaufrufes durch den Betrachter in Echtzeit eingespielt werden.
Sich informieren, wann und wo man möchte
Zur Erstellung von individualisierten, interaktiven Videos bedarf es einer Plattform, die es ermöglicht, die gewünschten fachlichen oder rechtlichen Inhalte ansprechend aufzunehmen, durch Integration in die bestandsführenden Backend-Systeme kundenindividuell zuzuschneiden und – idealerweise – durch Platzierung in einer performanten Cloud-Umgebung jederzeit und überall auf verschiedensten Endgeräten zugänglich zu machen.
Entscheidet man sich für die Cloud-Umgebung, wird diese vom Hersteller der Plattform mit angeboten. Zur Administration und Erstellung des Videos genügt ein Webbrowser, über den auf die Entwicklungsumgebung zugegriffen wird. Darüber werden die Struktur, die einzelnen Szenen, Verlinkungen und alle weiteren Inhalte aufgebaut. Diese Bestandteile werden nach der Erstellung hochgeladen und zu dem geplanten Video zusammengesetzt. Für komplexere Szenen mit Verlinkungen ist Programmieraufwand notwendig. In Teilen reicht es jedoch, in der Weboberfläche Parametrisierungen vorzunehmen. Einen individualisierten Zugang erhält der Anwender zum Beispiel als Barcode oder Link. Nutzbar für die Übermittlung des individuellen Links ist grundsätzlich jeder Weg im Mix der eingesetzten Kanäle zur Kundenkommunikation.
Win-Win für beide Seiten
Personalisierte Videos können mit einer Reihe von Vorteilen aufwarten – die sowohl Kunden als auch die Unternehmen selbst gleichermaßen realisieren. Genannt sei an dieser Stelle die personalisierte Kundenerfahrung: Sie kann nicht nur dem Informationsbedarf bzw. den Wünschen der Kunden zielgerichteter entsprechen, die Aufmerksamkeit der Kunden länger fesseln und zu einer Reduktion von Streuverlusten führen, sondern stellt auch eine wichtige Gelegenheit für echte Kundeninteraktionen dar. Je tiefer die Zuschauer letztlich in ihr Video eingebunden werden und je mehr Möglichkeiten sie dort zur interaktiven Steuerung haben, desto höher wird auch der Erfolg beim Erreichen der Ziele sein.
Blickt man auf die Pluspunkte auf der Unternehmensseite, so zeigen die Erfahrungswerte, dass interaktive und personalisierte Videos durchaus zur Beschleunigung von Vertriebsprozessen beitragen und eine einfache, automatisierte Lead-Qualifizierung ermöglichen können. Darüber hinaus kann der Einsatz von Personal Interactive Videos zu einer erheblichen Reduktion des Anrufaufkommens im Call-Center führen, denn wesentliche Fragen können bereits dort beantwortet werden.
„Mehr als ein hippes Tool in der Kommunikationspalette“
Personalisierte, interaktive Videos sind ein wirksames Werkzeug für eine positive Customer Experience. Bei ihrem Einsatz spielen drei Faktoren eine Rolle: Prozessintegration, technische Umsetzbarkeit mit einem strukturierten und systematischen Vorgehensmodell und ein attraktives Kosten-Nutzen-Verhältnis. Dieses Dreiergespann hat sich in der Praxis als Ansatz herausgestellt, der Kunden und Unternehmen gleichermaßen Mehrwert sichert.
Um diese Aussage zu differenzieren, sprach das DOK.magazin mit Timo Fiedler, Senior Manager Digital Finance, bei der CENIT AG.
Herr Fiedler, Personal Interactive Videos eignen sich gut für die Neukundenbindung. Gibt es hier Unterschiede zu Bestandskunden?
Der Einsatz zur Gewinnung von „echten“ Neukunden (kein Cross- oder Up-Selling) stellt sich tatsächlich etwas anders dar, denn in der Regel liegen in diesem Fall keine Kundendaten vor. Eine Interaktion per Video ist aber dennoch möglich und sinnvoll: So kann beispielsweise eine Produktbeschreibung in ein gut aufgemachtes, interaktives Video verpackt werden. Kombiniert das Unternehmen diese Inhalte mit den Angebotssystemen, kann darüber ein geführter Kaufabschluss erfolgen. Die Eingabe der persönlichen Daten kann dabei über das Video ausgeführt und in die entsprechenden Systeme geleitet und abgelegt werden. Nach Abschluss kann dem Neukunden eine personalisierte Zusammenfassung seines Kaufvertrags oder Leistungsscheins per Video angeboten werden – als weiterer Kanal zur Information.
Wie lässt sich denn der Erfolg eines personalisierten Videos messen?
Neben indirekten Auswirkungen wie Downloadzahlen oder dem Rückgang von Anrufzahlen im Callcenter bietet eine entsprechende Technologie zusätzlich die Möglichkeit, die Aufrufzahlen und Ansehzeiten der Videos zu tracken und eine Auswertung vorzunehmen. Dies kann insbesondere für Kampagnen zu neuen Produkten eine äußerst hilfreiche und interessante Information sein.
Können Sie uns noch Einsatzbeispiele von PIV in der Praxis nennen?
Ein einfach zu realisierendes Beispiel kann die Bewerbung einer vorhandenen Service-App sein. In produktiven Fällen, die es am Markt bereits gibt, werden kurz die Funktionalitäten und Möglichkeiten der App in einem ein- bis zwei-minütigen Video vorgestellt. Durch die Zustellung des Links in einem Brief (Barcode) oder per Mail (PURL) kann der Kunde individuell angesprochen werden. Am Ende besteht die Möglichkeit, als call-to-action einen Link zum Download der beworbenen App im jeweiligen Appstore zu platzieren.
Ein etwas komplexeres Einsatzszenario – aufgrund des höheren Integrationsaufwandes in die Backend-Systeme – ist die Erläuterung der individuellen Leistungserklärung in der privaten Krankenversicherung: Hierbei kann der Kunde zusammen mit der Benachrichtigung zur Leistungserstattung den Link erhalten, mit dem er Zugang zu dem Video erhält. In diesem werden dann die einzelnen Positionen der Abrechnung erläutert. Erklärungen, warum etwas nicht oder nur teilweise gezahlt wird, können auf diese Weise einfach und verständlich erfolgen, ohne an dem Text der Versicherungsbedingungen festzuhängen. Im Falle einer Nichterstattung kann zusätzlich auf einen möglichen Wechsel in einen anderen Tarif hingewiesen sowie die Verlinkung zum entsprechenden Abschlussprozess integriert werden.
Welche Anregungen können Sie auf Basis Ihrer Expertise Unternehmen auf dem Weg mitgeben, die neu in das Thema „Personal-Interactive-Video“-Lösungen in der Kundenkommunikation einsteigen?
Wirklich effektive Empfehlungen können natürlich nur im Einklang mit den individuellen Zielen und Gegebenheiten eines Unternehmens formuliert werden. Es lohnt sich aber, einige zentrale Momente im Blick zu haben:
- Dazu gehört, dass das Personal Interactive Video nur einer von vielen Kanälen in der Kundenkommunikation sein kann.
- Stellt das Video einen wirklich neuen Kanal im Mix der Kundenkommunikation dar, sollte zunächst mit einem einfachen Use Case gestartet werden (z.B. Bewerbung einer Service App via Video)
- Je komplexer der Anwendungsfall für den Video-Einsatz, desto detaillierter und umfassender sollte die Integration erfolgen, um ein außerordentliches Kundenerlebnis zu erzeugen.
- Es sollte auf eine Softwareplattform gesetzt werden, die sich durch den Einsatz jedes weiteren Use-Cases amortisiert.
- Besonderes Augenmerk ist auf die Sicherstellung der Daten zu legen.
- Es muss jederzeit die Möglichkeit vorhanden sein, zu einem „echten“ Ansprechpartner zu wechseln.
Herr Fiedler, vielen Dank für diese Ausführungen.
Die CENIT AG ist ein Partner für die erfolgreiche digitale Transformation. Kunden verfügen mit CENIT an ihrer Seite über weitreichende Möglichkeiten zur Optimierung ihrer horizontalen und vertikalen Geschäftsprozesse. Innovative Technologien aus den Bereichen Product Lifecycle Management, Digitale Fabrik und Enterprise Information Management schaffen dafür die Basis.
Referenzen
[1] Customer 2020: Are You Future-Ready or Reliving the Past? (Accenture)