Macht Karriere: Social Learning

Interview mit

Nils Mosbach, Mitglied der Geschäftsführung bei ELO Digital Office GmbH

 

 

 

 

Unternehmenserfolg hängt mehr und mehr davon ab, wie flexibel und rasch auf Markt-entwicklungen reagiert werden kann. Eine Voraussetzung dafür ist die entsprechende Qualifikation der Mitarbeiter und deren kontinuierliche Weiterentwicklung. ‚Social Learning‘ hat als Lernform derzeit Hochkonjunktur, auch wenn die Grundsteine dafür längst vor der Pandemie gelegt wurden. Diese dürfte den Trend allerdings weiter befeuern.

Unter ‚Social Learning‘ versteht man das virtuelle Lernen in Gruppen sowie die Interaktion mit Kollegen über Social-Learning-Plattformen wie Foren oder Live-Webinare. Ziel ist, Wissen zu vermitteln, aktive Beiträge zu leisten, Feedback zu teilen und Erfahrungen auszutauschen. Dabei steht ‚Social Learning‘ sowohl für eine Lerntheorie, wie z. B. Lernen am Modell, als auch für die damit zusammenhängende Didaktik oder die Kunst des Lernens und Lehrens.

Das DOK.magazin sprach mit Nils Mosbach, Mitglied der Geschäftsführung bei der ELO Digital Office GmbH, über seinen Ansatz bei der Entwicklung des firmeneigenen Learning-Management-Systems (LMS).

Herr Mosbach, Sie haben eine ganze Familie an Business Solutions kreiert und diese nun durch ‚ELO Learning‘ erweitert. Die Idee des sozialen Lernens ist ja nicht neu. Was hat Sie inspiriert, diese Art von moderner Gruppenarbeit bzw. kollaborativem Lernen zur Grundlage Ihrer Software für Weiterbildung zu machen?

Unserer Entwicklung lag zunächst der eigene Bedarf zugrunde. In unserem Akademiezentrum werden jährlich tausende Berater, Techniker sowie Vertriebsmitarbeiter geschult. Hierfür waren wir auf der Suche nach einer Plattform, die es ermöglichte, moderne Lernkonzepte umzusetzen. In Ermangelung einer zufriedenstellenden Lösung kamen wir auf die Idee, selbst eine Plattform zu entwickeln.

Sie basiert auf unserer Vision, Informationen allen Beteiligten so einfach wie möglich zugänglich zu machen. Dazu gehören selbstverständlich auch kollaborative Ansätze im Wissensmanagement sowie in der Weiterbildung. Wissen im Unternehmen umfasst im Kern organisiertes Wissen, kollaborativ erarbeitetes Wissen sowie geführte Wissensbeschaffung. Daher lag es nahe, diese drei Säulen in einer Plattform zusammenzuführen.

Wodurch zeichnet sich Ihr Learning-Management-System aus? Welche Funktionen für Social Learning umfasst es?

Eine moderne Learning-Management-Plattform macht, neben den entsprechenden Lerninhalten, der richtige Mix aus aktuellen und künftigen Lernkonzepten aus. Social Learning ist hier nur ein Aspekt, der hilft, die Kursteilnehmer zu vernetzen und den Austausch zu stärken. Essenziell ist sicherlich die Integration klassischer Präsenzschulungen, Workshops sowie virtueller Klassenzimmer, damit sich für jeden Lernpfad die geeigneten Konzepte kombinieren lassen. Lernen sollte auch nicht mit dem Absolvieren geplanter Kurse enden. Vielmehr dient eine Ergänzung durch eine kollaborative Wissensmanagement-Plattform der kontinuierlichen bedarfsgerechten Weiterbildung. Dies bilden wir durch die enge Verzahnung unserer beiden Business Solutions für Weiterbildung und Wissensmanagement ab.

Wie kann ich mir das genau vorstellen?

Unser LMS vereint Lernplattform mit Kursverwaltung und integriertem Lernportal. Damit lassen sich automatisiert Weiterbildungsangebote organisieren sowie Kurse durchführen und auswerten. Social-Learning-Elemente wie die Chatfunktion gleichen das Fehlen anderer Schulungsteilnehmer aus, beziehen die Lernenden aktiv ein und ermög-lichen motivierende Lernerlebnisse.

Blended-Learning-Konzepte sowie Lernpfade, bestehend aus aufeinanderfolgenden Kursen, oder Kursabhängigkeiten lassen sich einfach grafisch darstellen. Zudem lassen sich Lernpfade erstellen und so die Qualifizierungsprozesse veranschaulichen. Im Lernportal erhalten die Teilnehmer alle wichtigen Kursinformationen wie Angebote, aktuelle Anmeldungen, gebuchte Lernpfade oder bisher erlangte Zertifikate. Integriert haben wir auch Vorlagen für Teilnahmebestätigungen und Zertifikate. Ein Berechtigungskonzept steuert die Zugriffskontrolle.

Gibt es die Möglichkeit, Kurse von Drittanbietern einzubinden?

Ja, gibt es! Und genau das war auch einer der Knackpunkte, welcher uns dazu bewogen hat, eine eigene Plattform zu entwickeln. Denn das am Markt ver-fügbare Angebot war vor allem in Bezug auf den Content-Transfer verbesserungswürdig. Schließlich gibt es mit der Experience API (XAPI) einen Standard, mit Hilfe dessen sich E-Learning-Content in ein LMS einbinden lässt. Des Weiteren war uns wichtig, dass sich die Inhalte auch auf mobilen Geräten oder großen Bildschirmen gut darstellen ließen. Die Transformation Flash-basierter Kurse hin zu einem responsiven HTML5-Design ebnet hier den Weg.

Für welche Themen und/oder Zielgruppen eignet sich eine Plattform für kollaboratives Lernen speziell?

Die Plattform eignet sich hervorragend, um in einem kompakten E-Learning-Kurs grundlegendes Wissen über Produkte, Methodiken oder Strategien z. B. an den Vertriebsaußendienst zu vermitteln. Online-Workshops oder -Communitys ergänzen diese Kurse, indem sie speziell bei komplexeren Problemstellungen die Möglichkeit bieten, auf Fragen und Ideen der Teilnehmer einzugehen. Auch für Sicherheits- oder Fuhrparkunter-weisungen der Mitarbeiter ist ein LMS das passende Tool, gegebenenfalls auch ergänzend zu einer Vor-Ort-Schulung. Zudem lässt sich so ein Nachweis für absolvierte Unter-weisungen führen.

Was unterscheidet Social Learning von traditionellen Weiterbildungs-formaten? Welche Vorteile sehen Sie, was ist eher nachteilig?

Wie der Name schon sagt, beinhaltet Social Learning die aus Social Media bekannte soziale Interaktion. Diese fördert zum einen die Lernmotivation. Zum anderen erlauben es kollaborative Konzepte, Wissen auch außerhalb geplanter Lernpfade für einen nachhaltigen Lernfortschritt zu teilen. Denn lediglich zehn Prozent unseres Wissens wird durch klassische Trainings vermittelt. 20 Prozent des Wissens eignet man sich im beruflichen Umfeld an und 70 Prozent im Rahmen schwieriger Aufgaben.

Gerade Präsenzschulungen sind aber nach wie vor ein unverzichtbares Mittel, um auch komplexere Sachverhalte zu vermitteln, wie bei der Schulung von Vertriebsmitarbeitern, da hier auch die Körpersprache eine wichtige Rolle spielt. Online-Kurse können u. U. monoton wirken, haben aber den Vorteil, dass sich das Tempo individuell festlegen lässt und man diese beliebig oft wiederholen kann. Durch die passende Kombination der Formate lässt sich Weiterbildung nicht nur auf die individuellen Bedürfnisse zuschneiden, sondern auch interessant und abwechslungsreich gestalten.

Welche Bedeutung haben denn die sogenannten „Communities of Practice“ oder die Vernetzung in einer Lerngemeinschaft?

Die Vernetzung in einer Lerngemeinschaft ist quasi der Grundgedanke des Social Learning. Online-Workshops oder Communitys laden zum Austausch und gemeinsamen Lernen ein. Dies bilden wir über die Verzahnung mit unserer Wissensmanagement-Lösung ELO Knowledge ab. Hier können die Teilnehmer interagieren und gemeinsam Themen erarbeiten – und ihre unterschiedlichen Kompetenzen zusammenführen. Unser LMS fördert gute Beiträge mit einem sogenannten „Badge“, den die Community-Teilnehmer vergeben. Nebenbei lässt sich so eine wertvolle Wissensdatenbank für das Unternehmen aufbauen.

Welche Lernkultur  sollte in einem Unternehmen vorherrschen, damit es von Social Learning profitiert?

Menschen sind ja per se intrinsisch veranlagt. Der Grundpfeiler unserer DNA motiviert uns, gerne Informationen zu teilen. Die Unternehmenskultur muss dies jedoch auch zulassen. Klassisches Abteilungs- und Silodenken ist für einen unternehmens-weiten Informationsaustausch natürlich kontraproduktiv. Es sollten also Anreize geschaffen werden, sich selbst oder mit Hilfe anderer Wissensträger wie den Kollegen weiterzubilden. So zeigen Studien, dass Mitarbeiter allein durch eine kollaborative Vernetzung motivierter und produktiver sind sowie ein bis zu 64 Prozent höheres Durchhaltevermögen bei komplexen Themen zeigen. Ich denke, eine transparente Unternehmenskultur, welche die Wissensweitergabe aktiv fördert und honoriert, führt automatisch dazu, dass Mitarbeiter auch bei schwierigen Themen gerne die Köpfe zusammenstecken.

Welchen Mehrwert ziehen die „Lerner“ selbst aus dem selbstgesteuerten Wissenserwerb?

Schon vor über 30 Jahren hat man herausgefunden, dass reine Intelligenz oder die Fähigkeit, sich Informationen zu merken, kein Garant für gute Leistung ist. Vielmehr stehen die eigene Motivation, neue Dinge zu lernen, das Feedback von Kollegen sowie der Wille, sich selbst kontinuierlich zu verbessern, an erster Stelle. Social Learning ermöglicht es, hier zielgerichteter Lernstrategien einzusetzen und somit auch die Wissens-beschaffung in Richtung eines „Learning on the Job“ mit Unterstützung der Kollegen zu verlagern.

Sie sehen ‚Social Learning‘ also eher als Zukunft des Lernens und nicht – wie ja auch manche kolportieren – als Hype?

Wenn man ehrlich ist, ist Social Learning ja ein alter Hut. Schon zu Schulzeiten haben wir die Grundphilosophie in Form von Gruppenarbeit gelebt. Vernetzte Zusammenarbeit oder der Aufbau kollaborativer Wissens-Communitys haben aber erst zu einer neuen Form der Interaktion geführt, die uns in die Lage versetzt, zeit- und orts-unabhängig zusammenzuarbeiten. Diese Möglichkeiten werden in Zukunft sicherlich stärkeren Einfluss auf unsere Informationsbeschaffung und somit auch das Lernen an sich haben.

Verstärkt die zunehmende Digitalisierung nicht auch die soziale Isolation? Welche Erfahrungen machen Sie und wie ist die Resonanz der Teilnehmer?

Ganz im Gegenteil. Wenn ein Teil der Lernkonzepte in E-Learning-Kurse verlagert wird und nicht face-to-face stattfindet, lassen sich Infos kompakter zusammenfassen. Die gewonnene Zeit kann somit effektiver für kollaborativere Lernkonzepte wie Workshops, Gruppenarbeiten oder Online-Trainings genutzt werden. Zu Beginn der Pandemie haben wir in unserer Akademie innerhalb kürzester Zeit vollständig auf einen präsenzlosen Betrieb umgestellt. Das Feedback war über alle Gruppen hinweg positiv.

Der Kernaspekt ist vielmehr, ob sich das eingesetzte LMS auf das Wesentliche konzentriert. Viele Systeme sind eher überladen mit „fancy“-Funktionen und mäßiger User-Experience. Die Konzepte sind gut und verständlich, sie müssen aber auch so transportiert werden.

Wie kommt die neue Business Solution bei Ihren Kunden an?

In der aktuellen Zeit natürlich sehr gut, das zeigt auch die Nachfrage. Momentan leidet die Weiterbildung massiv, sei es bei neu rekrutierten Mitarbeitern, sei es in Bezug auf Zusatzqualifikationen. Unsere neuen Mitarbeiter durchlaufen beispielsweise ein Einführungsprogramm, das über mehrere Wochen hinweg Organisation, Kultur, fachliches Wissen oder auch technische Fähigkeiten vermittelt. Blended-Learning-Konzepte mit virtuellen Klassenzimmern gehören derzeit zu den wenigen Möglichkeiten, Weiterbildung in dieser Dimension anzubieten.

Planen Sie noch Erweiterungen der Solution? Wird künftig auch KI eine Rolle dabei spielen?

Ein neues Konzept, welches sich momentan in der Entwicklung befindet, ist die Integration kleiner „Wissens-Nuggets“ in den Arbeitsablauf. Ziel ist, Prozess-schritte durch Kurzanleitungen intelligent zu integrieren. Ob bei der Büroarbeit, wo Excel Pivot-Tabellen erklärt werden, oder bei Prozessen im produzierenden Gewerbe. Gerade für neue Kollegen ist es oftmals schwierig, die vielen Handgriffe in einer stärker auto-matisierten Welt zu erfassen. Hier können Nuggets, die sich direkt per Smartphone am Standort öffnen lassen, das gelernte Wissen auffrischen. Im Zuge dessen schließt sich dann auch wieder der Kreis zum „Learning on the Job“.

Herr Mosbach, wir danken Ihnen für das interessante und aufschlussreiche Gespräch.

 

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Die ELO Digital Office GmbH  ist ein  führender Softwarehersteller für ECM. Das Stuttgarter Unternehmen entwickelt digitale Geschäftsprozesslösungen für alle Branchen und Fachbereiche sowie für jede Unternehmensgröße. ELO Digital Office ist seit über 20 Jahren am Markt und mittlerweile in 15 Ländern an 23 Standorten vertreten. Vertrieben werden ELO Produkte und Lösungen weltweit in rund 20 Sprachen und über 40 Ländern.