Herbert Loerch, General Manager EMEA, bei Hyland
Daten aus Anwendungen und Datenbanken … und demnächst, in der Industrie 4.0, massenweise Maschinendaten, Sensordaten oder Daten aus dem Connected Car: Es gibt Bereiche in der IT, denen bereitet die überproportional wachsende Digitalisierung mehr Arbeit als anderen. Und der Bereich Enterprise Content Management (ECM) gehört sicher dazu. Die Herausforderung ist jetzt nicht nur, der Datenflut Herr zu werden – sondern diese Informationen in die Unternehmensprozesse zu integrieren, so dass daraus Wertschöpfung entstehen kann.
Vier von zehn Unternehmen aller Branchen haben nicht ohne Grund eine eigene Strategie für die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse. Das zeigt der Digital Office Index – eine repräsentative Befragung von 1.108 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern, die der Bitkom vor ein paar Monaten vorgestellt hat [1]. Bei großen Unternehmen (mehr als 500 Mitarbeiter) wollen sogar 70 Prozent ihre Geschäftsprozesse strategisch digitalisieren. Bei den Mittelständlern (100 bis 499 Mitarbeiter) haben 52 Prozent eine solche Digitalstrategie, bei kleineren Unternehmen (weniger als 100 Mitarbeiter) sind es immerhin 36 Prozent.
Digitalstrategien für Büro- und Verwaltungsprozesse sind verbreitet
Geschäftsprozesse standardisieren
Für das ECM sind bei der konkreten Ausgestaltung dieser Digitalstrategie indes einige Dinge zu beachten. Zuallererst ist hier sicher die technologische Basis zu nennen, die aus logischen Gründen aus einer einzigen Plattform bestehen sollte. Denn Stand heute ist noch gar nicht absehbar, was sich neben den bereits heute vorkommenden Quellen in naher Zukunft noch alles integrieren lassen muss. Selbst wenn man polystrukturierte Daten außen vorlässt, so wird die Zahl der Content-generierenden Applikationen sicher wachsen.
Von daher wäre es weltfremd von Unternehmen zu verlangen, dass zur Integration einer neuen App ins ECM jedes Mal ein gigantischer Programmieraufwand betrieben werden muss. Jedes Mal neue Skripte entwickeln, jedes Mal die APIs checken und jedes Mal einen neuen Loop programmieren müssen – das kann nicht sein. Hier müssen stattdessen Templates, Workflows und Point-and-Click-Prozesse greifen. Standardisierte Einfachheit kann nur das Motto an dieser Stelle lauten.
Grenzüberschreitend denken
In eine ähnliche Richtung geht eine weitere Grundvoraussetzung: die der Internationalisierung. Denn Globalisierung und Digitalisierung sind eng miteinander verknüpft. Nicht nur im E-Commerce machen auch kleine und mittlere Unternehmen mittlerweile länderübergreifend Geschäft. Verschiedenste Streams laufen demzufolge in das ECM ein: Schweizer Franken, türkische Lira oder britisches Pfund etwa. Ebenso selbstverständlich verschiedene Sprachen. Eine Multi-Lingualität muss deshalb, wie auch die Frage der Währungen, ohne großen Programmieraufwand darstellbar sein.
Sozusagen ans Eingemachte des ECM geht es jedoch, wenn es gilt, die geschäftskritischen Prozesse des Unternehmens zu integrieren. Wenn sich in der Digitalisierung die klassischen Wertschöpfungsketten in Wertschöpfungsnetze verwandeln, dann geht das in den Enterprise-Lösungen nicht nur mit einem exponentiellen Datenwachstum einher. Auch verquicken sich immer mehr Anwendungen miteinander, interagieren und sind prozessual voneinander abhängig.
Ein Beispiel: Bei einem Einstellungsprozess füllt der Bewerber auf der Website seine Informationen aus. Im Hintergrund sollten dann beispielsweise Datenbanken den Content sofort erkennen und den weiteren Workflow anstoßen, in dem der Einstellungsprozess abgebildet ist. Das ist echtes Case Management, das Prozesse vereinfacht. Ein Vorteil für Unternehmen, die, beispielsweise saisonbedingt, zum Teil tausende von Mitarbeitern einstellen müssen. Oder eine Verbindung zu SAP-HR-Systemen. Beispielsweise gibt der Mitarbeiter auf einem internen Server seinen Namen und seine Betriebsnummer ein. Dann sollte im Hintergrund das ECM im HR-System automatisiert suchen, den Mitarbeiter identifizieren und automatisch Restdaten des Formulars ergänzen können. Derart entsteht eine echte Arbeitsunterstützung.
Workflows systematisieren
In solch einem Szenario ist es natürlich ebenfalls möglich, dass verschiedenste Prozesse parallel laufen, ohne Reibung, ohne Integrations-Probleme. So unterschreibt der neue Büroleiter etwa seinen Arbeitsvertrag, und im selben Moment entsteht automatisch in der IT ein neuer E-Mail-Account. Zudem wird ebenso automatisiert ein elektronischer Zutrittsausweis generiert. Das heißt, es können beliebig viele Prozesse mitlaufen.
Diese Fähigkeiten sind vor allem für Unternehmen wichtig, die prozessual bereits eine Menge digitalisiert haben, wie beispielsweise den Rechnungseingang und dessen weitere Verarbeitung. Nimmt man etwa als Rechenbeispiel an, dass 500 Rechnungen pro Tag eingehen, so ist die weitere Integrationsfähigkeit des ECM entscheidend: Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer des Workflows? Wie lange dauert es zwischen den einzelnen Freigabestufen? Gibt es Workflows, die überflüssig sind und die stattdessen besser händisch weiterverarbeitet werden sollten? All diese Fragestellungen sollten sich beim Blick ins ECM aufklären lassen. Denn eine Digitalisierung von Prozessen rein als Selbstzweck hat noch kein Unternehmen weitergebracht.
Compliance erfüllen
Jedoch sind es nicht nur diese internen Faktoren, die eine Herausforderung bei der digitalen Transformation darstellen können, sondern auch extern entstehen neue Unwägbarkeiten, die das ECM ebenfalls zuverlässig abbilden muss. Denn auch, wenn sich viele Meetings in die virtuelle Welt verlagert haben, so gehört internationales Reisen immer noch zum Alltag vieler Manager. Und ebenso selbstverständlich ist es dann, via Laptop und Internet vollwertig arbeiten zu können, das heißt, Zugriff auf alle wichtigen Geschäftsapplikationen zu haben. Der Entscheider jedoch, der für einen großen Technologiekonzern im Einsatz ist, darf aber etwa in Russland oder China nur noch auf einen Teil seiner Daten zugreifen. Ganz klar: Wenn solche Compliance-Regeln vorgeschrieben sind, muss es mühelos darstellbar sein, diesen zu entsprechen.
Dasselbe gilt auch für Vorgaben wie Arbeitsrichtlinien. Wenn in einem Chemiewerk ein Störfall aufgrund der Nachlässigkeit eines Mitarbeiters entsteht, dann kann der Arbeitgeber schnell in große Schwierigkeiten kommen. Es ist aber möglich, die Mitarbeiter auf entsprechende Vorschriften dediziert aufmerksam zu machen. Dabei sollte es reichen, eine entsprechende E-Mail zu versenden, diese digital unterschreiben und anschließend revisionssicher zu archivieren. Dabei kann ein adäquates ECM sogar nach vorgegebenen Mustern sicherstellen, dass die Mitteilung auch garantiert zur Kenntnis genommen wird. Denn bei Nicht-Unterschreiben oder zu langem Zeitverzug nach Versand an den Mitarbeiter, lassen sich entsprechende automatisierte Erinnerungsfunktionen einleiten. Das ist ein angemessener Prozessverlauf für das digitale Zeitalter. Ohne Medienbrüche, ohne Risiken des Datenverlustes.
Dabei muss man nicht einmal das Dilemma eines Störfalls oder einer Industriespionage an die Wand malen. Es reichen bereits „normale“ Regulative, um die Integration des ECM in die Enterprise-Anwendungen als unabdingbar zu bezeichnen. Das gilt vor allem in dem Moment, wenn komplexe Projekte komplett digital abgewickelt werden. Kündigt sich dann der Wirtschaftsprüfer an und möchte detaillierten Einblick in einen Auftrag nehmen, so muss auch hier Einfachheit und Klarheit herrschen. Teilrechnungen, Preisnachlässe, alles sollte in einem Projekt wiederzufinden sein. So wie auch dazugehörige E-Mails, Word-Dokumente, Angebote, Auftragsbestätigungen, Teilleistungen oder Schlussrechnungen. Dies sollte alles gebündelt in einem digitalen Prozess nachvollziehbar sein.
Für Cloud-Sicherheit einstehen
Die Art der Erbringung des ECM darf für die Prozesse keine Rolle spielen, völlig gleichgültig, ob es fest installiert im Unternehmen seinen Dienst verrichtet oder aus der Cloud kommt. Rechenzentren, die hinsichtlich Datensicherheit und Datenschutz sowohl den lokalen Anforderungen und Gesetzen als auch den Sicherheitsanforderungen der Anwender entsprechen, sind eine Selbstverständlichkeit.
Last but not least bedeutet Digitalstrategie hinsichtlich ECM auch immer Mobility. Wie etwa in der Gesundheitswirtschaft. Es ist die eine Sache, Ärzte mit Tablets auszustatten. Die andere Sache ist, diese auch adäquat einsatzbereit zu machen. Wenn etwa eine Notfallmeldung eintrifft, muss der Mediziner innerhalb von kürzester Zeit Zugriff auf die gesamte Patientenakte haben. Dazu gehören vielleicht Röntgenbilder, Blutanalysen und welche Medikamente der Erkrankte nehmen muss. Auch in diesem Fall muss alles zuverlässig, schnell und sicher in einer einzigen Plattform vorhanden sein.
Fazit
Eine konsequente Digitalstrategie benötigt ein ebenso konsequentes Enterprise Content Management. Das heißt: Eine Datenbasis, in der sich wirklich jede notwendige Applikation und jede benötigte Datenquelle integrieren lässt. Performant, sicher, mobil und gegebenenfalls auch aus der Cloud. Alles andere ist nur digitale Augenwischerei.
Quelle
[1] https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Der-Weg-zum-digitalen-Buero-ist-erst-zur-Haelfte-geschafft.html
Hyland ist Entwickler der innovativen und intuitiven Enterprise-Information-Plattform OnBase. OnBase automatisiert Prozesse, verwaltet sämtliche Geschäftsinhalte in einem einzigen, sicheren System und stellt gemeinsam mit Ihren anderen Anwendungen jederzeit und überall Informationen bereit.