Enterprise Search bleibt die Königsdisziplin

Dr. Uwe Crenze, geschäftsführender Gesellschafter der interface:business Unternehmensgruppe

 

In den letzten zwei Jahren wurden mehrfach neue Buzzwords zum Thema Suche in Umlauf gebracht. Treiber sind in erster Linie Beratungshäuser wie Gartner und Forrester, die regelmäßig die Bewegungen am Markt analysieren und in Form von Marktstudien aufbereiten. Für zahlreiche Klienten ist das ein guter Orientierungspunkt. Doch leider gibt es hier auch eine Schattenseite: Kaum hat sich ein Begriff etabliert, gilt er als veraltet und ein neuer wird kreiert. Auch als Hersteller kann man sich dem kreativen Formulieren von Neuigkeiten nicht völlig entziehen.

Doch unter dem Strich gibt die Wortwahl nicht den Ausschlag: Letztlich wird die Praxis über den Erfolg einer Produktstrategie entscheiden. Marketing löst keine technischen Herausforderungen und verbessert keine Geschäftsprozesse. Kunden fragen nach wie vor nach einer unternehmensweiten Suche – sie haben ein Suchproblem. Keiner fragt (bis jetzt) nach Insight Engines oder Cognitive Search. Zudem hat sich auch eine Enterprise Search enorm weiterentwickelt und deckt heute ein viel breiteres Spektrum an Anwendungslösungen ab als vor 10 Jahren.

Auf der anderen Seite sind Begriffe wichtig – mit ihnen verbindet man Assoziationen. Sie sollten deshalb nicht zu oft gewechselt werden. Und im Sinne der evolutionären Weiterentwicklung einer Produktklasse können zusätzliche Begriffe dann für das Erreichen einer neuen Qualitätsstufe durchaus angemessen sein. Kunden interessieren sich aber nicht für die Systematik eines Produktportfolios. Sie haben konkrete Aufgabenstellungen, für die sie eine Lösung suchen. Die durch ein Produkt adressierbaren Lösungsszenarien sollten daher immer gegenüber einer endlos langen Funktionsliste im Vordergrund stehen.

Automatismen – angepasst auf Anforderungen

Eines der Trendthemen des letzten Jahres ist das Maschinelle Lernen und speziell das auf Neuronalen Netzen basierte Deep Learning. Für Inhaltsanalysen und die Klassifikation von Dokumenten ist das Maschinelle Lernen schon seit langem eine wichtige technologische Komponente beim Aufbau eines Suchindexes. Der Anteil der Nutzung Neuronaler Netze ist mit den heutigen modernen Implementierungen auf Systemen mit einem guten Preis-/Leistungsverhältnis enorm angestiegen. Aufgrund der damit verbundenen besseren Wirtschaftlichkeit konnten diverse neue Anwendungsfälle erschlossen oder wesentlich verbessert werden. Typische Beispiele hierfür sind der Übersetzer von Google [1] und Verfahren zur Bilderkennung.

Technologie ist ein wichtiger Produktaspekt, aus dem sich grundlegende Verkaufsargumente ergeben. Neben der Technologie des zur Anwendung kommenden Produktes darf man jedoch den entscheidenden Einfluss der Qualität der zu analysierenden Daten und den konkreten Nutzen für die jeweiligen Geschäftsprozesse nicht aus den Augen verlieren. Das sind die maßgeblichen Hebel für den Erfolg im Umsetzungsprojekt. Fehler in der Projektplanung kann die beste Technologie nicht wettmachen.

Zur Anforderungsanalyse gehört selbstverständlich, die Aufgabenstellung zu verinnerlichen. Vor der Kreation eines Automatismus sollte klar sein, wie ein „Sachbearbeiter“ die Aufgabe lösen würde. Dabei werden schnell die Knackpunkte deutlich. Erst dann können Heuristiken und Regeln belastbar abgeleitet werden. Am Ende stellt sich die Frage, wie robust und in welcher Güte ein automatisches Verfahren Teilaufgaben in einem Geschäftsprozess unterstützen kann. Und es muss die Frage beantwortet werden, welchen Beitrag Enterprise Search für ein bereichsübergreifendes und interdisziplinäres Arbeiten in einer Organisation leisten kann.

Single Point of Information Access

Ein moderner Digital Workplace besteht aus einer signifikanten Anzahl verschiedenster Werkzeuge. Es werden zahlreiche Systeme für die Pflege und Speicherung von Daten und Informationen verwendet. Viele Mitarbeiter benötigen Informationen aus Systemen, mit denen sie nicht vertraut sind. Für die Anwender und die sie betreuende IT ein Horrorszenario. Hier setzt Suche als die zentrale Integrationskomponente für den Digital Workplace an. Ganz nach dem Vorbild von Google für das Internet bildet die Suche das Eingangstor für den Zugriff auf alle wichtigen digital vorliegenden Informationen der Organisation.

Über die Konnektoren der Enterprise Search werden alle geschäftsrelevanten Informationen gebündelt und zugänglich gemacht. Damit diese unübersehbare Menge an Informationen handhabbar wird, muss die Suche Funktionen im Sinne eines persönlichen Filters bereitstellen, welcher die handlungsrelevanten Informationen vollständig herauslöst. Auf der Grundlage der gebündelten und gefilterten Informationsströme können neben der Suche Informationsportale (Dashboards oder Cockpits) gespeist werden und deren Inhalte unter verschiedensten Interessengruppen geteilt werden. Auf diese Weise können neue Inhalte zu einem Thema sehr einfach verfolgt werden.

 

Varianten für die Integration der Enterprise Search in den Digital Workplace

Enterprise Search & Wissensarbeit

Aufgrund der immensen Datenflut wird die tägliche Wissensarbeit immer komplexer. Unternehmen und ihre Mitarbeiter müssen sich laufend neuen Herausforderungen stellen und sich stets neues Wissen aneignen. Das Thema Wissensmanagement ist ein elementarer Bestandteil der Unternehmensstrategie und der IT-Strukturen des Unternehmens geworden. Nicht ohne Grund wurde das Wissensmanagement in der neuen ISO 9001:2015 festgeschrieben.

Der deutsche Mittelstand steht dabei vor großen Herausforderungen. Auf der einen Seite ist er stark vom demografischen Wandel betroffen, auf der anderen Seite ist er konfrontiert mit der stetig voranschreitenden Digitalisierung von Geschäftsprozessen – von der Personalverwaltung, Warenwirtschaft und Produktion bis hin zur Kundenbetreuung. Oft sagen Kunden: „Wir müssen was tun.“ Diese Aussage beschreibt den aktuellen Zustand in vielen Unternehmen sehr treffend. Die Unternehmen müssen sich dabei zunächst ihrer digitalen Schätze bewusst werden und sich darüber Gedanken machen, wie diese effektiv erschlossen werden können. Nutznießer sind insbesondere neue Mitarbeiter, deren Einarbeitung durch Selbsthilfe auf der Grundlage einer guten semantischen Suche wesentlich einfacher verläuft. Enterprise Search ist im Kontext der Entwicklung eines umfassenden Wissensmanagements ein essenzieller Lösungsbaustein.

Sobald Daten aus den verschiedenen Anwendungssystemen innerhalb eines Unternehmens aggregiert, ausgewertet und analysiert werden, ist das Thema Enterprise Search auch ein IT-Sicherheitsthema. Mitarbeiter und insbesondere Betriebsräte haben Bedenken hinsichtlich eines allumfassenden (Wiederauf-) Findens von Informationen und dem Teilen von Daten über Struktureinheiten hinweg. Solche Bedenken sind in vielen Fällen unbegründet. Auf der anderen Seite sehen viele Kunden ganzheitliche Wissensmanagement-Lösungen als Chance für die Durchsetzung von Compliance und die Identifikation von IT-Sicherheitslücken.

Anwendungsszenario: Suche nach Experten

In Organisationen wird nicht nur nach Inhalten gesucht. Die Suche nach Ansprechpartnern zu bestimmten Themen oder nach Mitarbeitern mit spezifischem Expertenwissen ist geradezu ein Klassiker. Leistungsfähige Analyseverfahren können hierzu einen exzellenten Beitrag leisten, gäbe es da nicht den Schutz personengebundener Daten. Eine solche Aufgabenstellung wird maßgeblich vom Datenschutz und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte geprägt. Eine ausschließlich manuelle Erstellung von Skill-Profilen durch die Mitarbeiter scheitert aufgrund der nicht durchgängig vorhandenen Motivation spätestens dann, wenn solche Verzeichnisse laufend aktualisiert werden müssen. Auch lassen sich die richtigen Ansprechpartner meist nicht automatisch aus den Dokumenterstellern oder -bearbeitern ableiten, da viele Dokumente von Dritten erstellt werden.

Bedingt durch die sehr unterschiedlichen Anforderungen und Voraussetzungen in den einzelnen Organisationen muss ein Expertenfinder sehr flexibel ausgelegt werden. Eine solche Lösung liefert allein dadurch eine hohe Effizienzsteigerung bei der Expertensuche, da alle geschäftsrelevanten Mitarbeiterinformationen in einem System zu finden sind, auch wenn sie in verschiedenen Systemen gepflegt werden.

In der Regel werden Informationen zur zugehörigen Unternehmenseinheit aus dem Active Directory entnommen. Weitere Informationen kommen aus dem Telefonverzeichnis und gegebenenfalls aus von den Mitarbeitern selbst gepflegten Skill-Profilen, wodurch die Selbstdeklaration gesichert wird und durch die Selbstverantwortlichkeit die Qualität der Informationen erhöht wird. Wichtig ist, dass durch die Aggregation der Informationen eine redundante und damit fehleranfällige Pflege vermieden wird.

Die Basisfunktionalität eines Expertenfinders beschränkt sich auf importierte (in anderen Systemen bereits freigegebene) und explizit durch die Nutzer manuell gepflegte Skills. Ist das Fundament geschaffen, können weitere nützliche Funktionen in Angriff genommen werden, so zum Beispiel:

  • Anonyme Anfrage an Experten: Experten, die ihr Profil als anonymisiert zugreifbar deklariert haben, können anonym kontaktiert werden. Ihnen steht es dadurch frei, innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne dem Suchenden zu antworten. Der Anfragende erhält eine Information, an wie viele Experten sein Kontaktwunsch weitergeleitet wurde.
  • Kollaborative Funktionen: In der Einbeziehung kollaborativer Funktionen liegt ein großes Potential, wie die Ermittlung von Wissensträgern über Empfehlungen anderer Mitarbeiter („Wer kennt jemanden, der …?“) und die Identifikation von Wissensträgern durch die Inhalte, die sie mit anderen teilen. Dies fördert auch die Vernetzung von Experten untereinander.
  • Semantische Funktionen: Natürlich profitiert ein Expertenfinder wie jedes Suchszenario von semantischen Suchfunktionen. Bei der Indexierung werden allen Dokumenten die Begriffe, die das Unternehmensvokabular ausmachen (Fachtermini, Abkürzungen, Bezeichnungen von Prozessen, Produkten, Organisationseinheiten, Projekten und Verfahren) zugeordnet und über anschließende Analysen die aktivsten Autoren zu einem Thema identifiziert.
    Auch die Visualisierung semantisch naher Begriffe für eine Erweiterung und Einschränkung der Themen-Suche (Wortwolke, Navigator) ist bei der Suche sehr nützlich. So können die zu einem Autor automatisch ermittelten Themen dem Autor zur Bestätigung vorgelegt werden und in sein öffentliches Profil aufgenommen werden. Nutzer können auf diese Weise ihre Profile verfeinern und unerwünschte Schlüsselbegriffe ausschließen.

Ein Expertenfinder ist ein sehr instruktives Beispiel für eine typische Suche-basierte Anwendung, die nur auf der Basis einer leistungsfähigen Enterprise Search umgesetzt werden kann. Eine von den Inhalten des Unternehmens losgelöste Datenbank- oder Verzeichnisdienst-Applikation kann nicht annähernd eine solche Mächtigkeit erzielen.

Fazit

Enterprise Search ist kein Auslaufmodell. Im Gegenteil! Die durch den technologischen Fortschritt erweiterten Anwendungsgebiete sind noch lange nicht ausgeschöpft. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Suchlösungen für die schnelle Erschließung der digitalen Schätze im Unternehmen deutlich an. Wenn auch noch viele Wünsche offen sind: Das Ziel der Bereitstellung eines personalisierten Smart Information Assistant, der über alle Inhaltsquellen hinweg agiert, rückt immer mehr in Reichweite.

www.intergator.de

Zu der in Dresden ansässigen interface:business Unternehmensgruppe gehört die interface projects GmbH, die mit intergator ein führender deutscher Anbieter von Enterprise Search-Lösungen ist. intergator ist eine intelligente, systemübergreifende Suchmaschine, Wissensmanagement- und Analytics-Plattform

Quelle    [1]              https://translate.google.com/?hl=de