Mobilität und Digitalisierung sind – gerade jetzt – der Schlüssel zum Erfolg. Das trifft wohl vor allem für eine flexible Arbeitsweise zu. In den letzten Monaten blieb den Firmen in Deutschland und in der Welt kaum eine andere Wahl, als das Home Office zuzulassen, neue Prozesse zu etablieren und damit die Arbeit für einen Großteil der Menschen neu zu definieren.
Autor – David Lauchenauer, Geschäftsführer und Gesellschafter der Myfactory Gruppe
Damit das mobile Arbeiten auch in Zukunft weiter Bestand hat, brauchen Betriebe ein nachhaltiges Mobilitätskonzept. Denn das definiert nicht nur die Art wie wir arbeiten, sondern hat zudem noch positive Auswirkungen auf das Geschäft und kann sogar die Kundenbeziehung stärken.
Wie das genau aussieht, was es dafür braucht und welche Regeln zu beachten sind, erklärt David Lauchenauer, Geschäftsführer und Gesellschafter der Myfactory Gruppe im Interview mit dem DOK.magazin.
Herr Lauchenauer, die letzten Monate haben die Arbeitsweise in Unternehmen stark verändert – der Lockdown hat maßgeblich zu einem Digitalisierungsschub beigetragen. Welche Rolle spielt dabei das Thema Mobilität?
Wer sich 2020 nicht nach außen und innen digitalisiert, verliert den Anschluss an den Wettbewerb. Ob E-Shop, Home Office, digitale Vertriebskanäle oder mobile Softwarelösungen – alles zielt auf eine neue Form der Mobilität ab. Sie spielt also eine Schlüsselrolle. Mobilität ist der Treiber unserer Zeit, der auf drei Ebenen wirkt und Vorteile bringt: Unternehmen, Kunden und Mitarbeiter.
Starten wir mit den Unternehmen: Diese stehen mehr und mehr unter Innovationsdruck. Wie kann hier ein Mobilitätskonzept helfen?
Hier sehe ich vor allem zwei Chancen. Zum einen die Verkaufsförderung. Pop-up-Stores, mobiler Marktstand oder auf Messen – das Business-to-go wird immer wichtiger. Voraussetzungen für diese Form der digitalen Mobilität ist allerdings eine Integration der mobilen Lösung in bestehende Prozesse. Nur so lässt sich der Datenfluss durchgängig organisieren und mit den übrigen Vertriebskanälen harmonisieren. Durch die zentrale Verwaltung von Preisen, Bildern oder Kundeninformationen in einer Business Software sind Daten stets aktuell sowie überall und jederzeit verfügbar. Zum anderen lassen sich interne Abläufe optimieren – zum Beispiel im Service. Hier können von unterwegs Einsätze geplant, Material bestellt und Aufträge ausgeführt werden. Auch Logistikabläufe sind mit Daten aus der Cloud und mobilen Geräten optimierbar. Von der Warenbereitstellung über die Kommissionierung bis zur Rückmeldung lassen sich alle Daten nutzen.
Kurz gesagt: Mobilitätskonzepte helfen Unternehmen dabei, das eigene Innovationsmanagement voranzubringen und Bestehendes zu hinterfragen. Wichtig ist hier: Bei allem muss stets der Kundennutzen im Fokus stehen – bestehende Prozesse und Ideen einfach zu digitalisieren, reicht nicht aus.
Stichwort Kunde: Für viele Unternehmen ist Kundennähe der entscheidende Erfolgsfaktor im Wettbewerb. Wie gelingt es trotz Digitalisierung, dieses Ziel zu erreichen?
Nicht trotz, sondern wegen Digitalisierung können Unternehmen Kundennähe schaffen. Mobilität ist dafür ein gutes Beispiel. Nehmen wir den Außendienst, der jederzeit Zugriff auf alle Unternehmens- und Kundendaten benötigt. Durch die zentrale Datenablage, die Nutzung mobiler Geräte und die Reduzierung von überflüssigen Vor-Ort-Absprachen mit dem Innendienst, hat der Fachexperte beim Kunden genügend Zeit, um am Tablet zu beraten, individuelle Aufträge aufzunehmen, Bestellungen zu erfassen oder nach Alternativen zu suchen.
Hinzu kommt: Wer Cloud-Lösungen nutzt, stellt die benötigten Informationen jederzeit und überall zur Verfügung, wodurch eine transparente Datengrundlage entsteht. Diese ist für Angebotsverhandlungen oder Warenpräsentationen unverzichtbar. Darüber hinaus wird ein Informationsfluss in Echtzeit zwischen Firmenzentrale und mobilen Arbeitskräften geschaffen. Redundante oder veraltete Datenstände gehören damit der Vergangenheit an.
All das trägt zu einer intensiveren Beratung, einer vertrauensvollen Kundenbindung und einem modernem Einkaufserlebnis bei. Der persönliche Kontakt darf dabei nicht ersetzt werden. Digitale Werkzeuge und Möglichkeiten sind nur als Ergänzung zu verstehen, die die Kundennähe stärken.“
Mobilität kann also Unternehmen bei der eigenen Weiterentwicklung des Geschäftes und bei der Kundennähe helfen – wie sieht es bei den eigenen Mitarbeitern aus?
Auch hier gibt es immenses Potenzial. Zum einen in Hinblick auf das eigene Unternehmensbild. Wer nach jungen Talenten sucht, punktet heute nicht mehr nur mit Eckbüro und hohem Gehalt. Vielmehr lassen sich Kandidatinnen und Kandidaten von einer modernen Unternehmenskultur überzeugen. Dazu gehört auch ein Mobilitätskonzept, das sowohl die Arbeit von zu Hause ermöglicht als auch mobile Digitallösungen in den Arbeitsalltag integriert. Für eine erfolgreiche Verbindung von Mobile Working und Mobile Business braucht es eine transparente Unternehmenskultur. Dabei geht es weniger um den Umgang mit mobilen Geräten, sondern um Partizipation und Mitgestaltung. Ein ,mobiles Denken‘ ist von Seiten der Geschäftsführung und der Führungskräfte gefragt, was Mitarbeitende kontinuierlich motiviert, unterstützt und zum Austausch anregt.
Bestehendes zu hinterfragen und über Bord zu werfen, fällt vielen Unternehmen schwer. Welche Tipps gibt es, um ein ‚mobiles Denken‘ zu etablieren?
Für den Weg dorthin gibt es keine einheitliche Karte. Vielmehr sollten Entscheider ausprobieren und sich dabei von den folgenden Fragen leiten lassen: Wie wollen wir zusammenarbeiten? Was ist für unsere Zusammenarbeit wichtig? Worauf wollen wir auch im Digitalen achten? Wie vermeiden wir „Vereinsamung“ und stärken Kreativität? Wie organisieren wir mobile Zusammenarbeit? Wie stellen wir Transparenz sicher? Wie binden wir Mitarbeitende in die Entwicklung des mobilen Zusammenarbeitens ein? Wie kommen wir regelmäßig an Feedback und wie lässt sich das immer wieder berücksichtigen? Zudem haben sich bestimmte Regeln bewährt. Diese betreffen vor allem die folgenden Aspekte: verbindliche Arbeitsmodelle entwickeln, Transparenz herstellen, Routine beibehalten, Regeln für die Mitarbeiter definieren.
Für einige Unternehmen wäre das eine tiefgreifende Veränderung. Welchen Ratschlag geben Sie Unternehmen mit, die beim Thema Mobilität immer noch zögern?
Mut. Das ist zwar leichter gesagt als getan, aber die Basis für unternehmerischen Erfolg. Wer sich von Angst leiten lässt, wird immer dem Wettbewerb hinterherjagen und erst dann Trends wie Mobilität umsetzen, wenn andere schon das nächste Thema angehen. Neben Mut braucht es die Erkenntnis, dass Mobilität keine Eintagsfliege ist. Sie ist der Treiber für die Entwicklung des eigenen Geschäftes, für die Optimierung der Kundenbeziehungen und für die Neugestaltung der Arbeitsweise. Einfach versuchen und ausprobieren, lautet die Devise. Dabei müssen alle mit eingebunden werden – die Mitarbeiter, die Kunden und die Geschäftsführung.
Herr Lauchenauer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
‚Mobiles Denken‘ etablieren – mit Grundregeln
- Grundlagen schaffen: Unternehmen sollten Arbeitsmodelle entwickeln, die Hilfsmittel für mobiles Arbeiten bereitstellen und die feste Präsenzzeiten festlegen – zum Beispiel für Meetings oder gemeinsame Mittagessen.
- Transparenz herstellen: Digitale Mobilität braucht Vertrauen. Um das zu erreichen, sollten sich alle Arbeitskolleginnen und -kollegen untereinander absprechen, wann und wie sie zu erreichen sind. Dabei spielt auch die aktive Einbindung des Vorgesetzten eine Rolle. Denn die haben oft mit Kontrollverlust zu kämpfen.
- Routine beibehalten: Im Home Office braucht es Disziplin. Dazu gehört sowohl die richtige Kleidung als auch ein eigener Bereich, der eine konzentrierte und ungestörte Arbeit ermöglicht. Gibt es Zeiten, in denen Unterbrechungen vorhersehbar sind, sollte das Team darüber informiert werden.
- Grenzen setzen: Ständige Erreichbarkeit kann viel Kraft kosten. Darum ist es wichtig, Regeln zu definieren. Wann ist Feierabend und ab wann gehe ich nicht mehr ans Telefon. Das Wochenende sollte komplett der Erholung dienen.
Wettbewerbsvorteile durch Mobilität
- Mehr Geschäft: Mobile ERP-Lösungen ermöglichen beispielsweise den Aufbau temporärer Verkaufsstellen inklusive Point-of-Sale-Kasse. So lassen sich Events oder öffentliche Plätze in Form von kurzfristig leerstehenden Lokalitäten mit einem Sonderverkauf Damit sich das Ganze auch lohnt, ist eine Integration der mobilen Lösung in die bestehenden Unternehmensprozesse wichtig.
- Mehr Kundennähe: Die Beziehungspflege mit Lieferanten, Kunden und Co. braucht den persönlichen Austausch. Dieser lässt sich durch mobile Lösungen ergänzen und weiter optimieren. Weg mit dem Katalog, her mit dem Tablet lautet das Motto. Zudem lassen sich durch vernetzte Systeme sofort Produkte zusammenstellen, der Lagerbestand prüfen und Rückfragen per Chat mit dem Innendienst beantworten – ohne Wartezeiten.
- Mehr Mitarbeiterzufriedenheit: Mit dem Home Office lassen sich veränderte Lebensumstände viel besser mit der Arbeit verbinden. Ob Familienzuwachs, ein unerwarteter Pflegefall oder der Wunsch nach mehr Flexibilität in der Arbeitsaufteilung – durch Mobilitätsansätze können individuelle Lösungen gefunden werden. Damit wird der Arbeitgeber attraktiver und die Mitarbeiterfluktuation sinkt. Aber auch für potenzielle Bewerber sind solche Arbeitsbedingungen attraktiv und beeinflussen die Entscheidung für einen Jobwechsel.
Die Myfactory Gruppe ist ein führende Hersteller von webbasierter Business Software für die Cloud. Mit Myfactory Cloud ERP bietet das Unternehmen integrierte und individuell kombinierbare Module. Dazu gehören: ERP, CRM, Finanzbuchhaltung, Produktion, MIS und eCommerce. An den Standorten München und St.Gallen betreuen rund 50 Experten zusammen mit über 100 Vertriebspartnern mittelständische Unternehmen im deutschsprachigen Raum.