Social BPM
oder
Die Aktivierung der „Weisheit der Masse“

Autoren –
Nicolas Pflanzl, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Informatik des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
und
Prof. Dr. Gottfried Vossen, Leiter des Lehrstuhls für Informatik des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
für
Horus software GmbH

Das Geschäftsprozessmanagement (Business Process Management, BPM) befasst sich mit der Aufgabe, durch Anwendung spezieller Konzepte, Methoden und Technologien eine hohe Performanz der betrieblichen Abläufe eines Unternehmens sicherzustellen. Angelehnt an einen klassischen, vierphasigen PDCA-Zyklus (Plan, Do, Check und Act) werden zu diesem Zweck verschiedene Aktivitäten in Form eines sogenannten BPM-Lebenszyklus ausgeführt, welcher auf die kontinuierliche Verbesserung von Geschäftsprozessen hinzielt. Dabei werden – mit Ausnahme der Prozessausführung selbst – traditionell die meisten Tätigkeiten unter Berücksichtigung der Unternehmensstrategie von einer geringen Anzahl von Experten durchgeführt. So sind beispielsweise Methodenexperten für die Analyse und Modellierung von Ist- und Soll-Prozessen verantwortlich, während IT-Experten die technische Implementierung von Geschäftsprozessen zum Zwecke der Teil-Automation realisieren. Im Gegensatz dazu werden Prozessteilnehmer, d.h. diejenigen Individuen, die Geschäftsprozesse tatsächlich ausführen, meist nicht dazu eingesetzt, ihr eigenes Wissen und ihre Erfahrungen aktiv in die Prozessverbesserung einzubringen. Stattdessen geschieht dies passiv, wie z. B. im Rahmen von durch Experten getätigten Interviews.

Konventionelles BPM
Konventionelles BPM

Diese fehlende kontinuierliche Einbeziehung von Endbenutzerwissen manifestiert sich in der Praxis in Form verschiedener Probleme. Zum einen entsteht so eine sogenannte Modell-Realitäts-Kluft. Dieser Begriff bezeichnet eine Divergenz zwischen Geschäftsprozessen wie sie konzeptioniert wurden und wie sie in der Realität durch Prozessteilnehmer tatsächlich ausgeführt werden. Eine derartige Kluft entsteht, wenn Soll-Prozesse nicht dem betrieblichen Alltag der Angestellten entsprechen und somit von diesen abgelehnt werden. Zum anderen kann es zu einem Verlust von Innovation kommen, wenn Prozessteilnehmer davon absehen, ihre Verbesserungsideen mit dem restlichen Unternehmen zu teilen. Mögliche Ursachen hierfür sind komplizierte Prozeduren, die für das Einbringen von Vorschlägen durchlaufen werden müssen und deren Erfolgschancen als zu gering erachtet werden, oder schlicht und einfach die Tatsache, dass das Wissen von Prozessteilnehmern nicht abgefragt wird.

Die Auswirkungen der genannten Probleme sind insbesondere bei nur teilweise strukturierten, unvorhersehbaren, nicht-repetitiven oder sich schnell weiterentwickelten Geschäftsprozessen zu spüren. In diesen Fällen reicht es nicht aus, die Anforderungen von Prozessbeteiligten nur sporadisch und mit großen Zeitabständen zu erheben. Stattdessen muss eine kontinuierliche Weiterentwicklung unter aktiver Einbeziehung aller Teilnehmer erfolgen, um ein schnelles Reagieren auf neue Marktanforderungen zu ermöglichen.

Architektur der Partizipation

Soziales Geschäftsprozessmanagement (Social BPM) versucht, diesen Herausforderungen durch Schaffung einer „Architektur der Partizipation“ für das BPM entgegenzuwirken. Hierzu wird dieses als Aufgabe neu konzipiert, die von einer weitreichenden Business Community anstatt einiger weniger Experten wahrgenommen werden kann. Insbesondere soll das Wissen aller Prozessbeteiligter besser genutzt werden. Dies erfolgt durch die Umsetzung von Prinzipien, welche sozialer Software wie beispielsweise Wikis zugrunde liegen. Zum einen basiert Social BPM auf Egalitarismus und Selbstorganisation.

Social BPM
Social BPM

Dies bedeutet, dass alle Teilnehmer die gleichen Rechte besitzen, Inhalte durch jeden einsehbar und veränderbar sind, sowie kein Individuum implizit oder explizit von der Partizipation ausgeschlossen ist. Somit gibt es keine prinzipielle Unterscheidung zwischen Experten und weniger erfahrenen Nutzern. Darüber hinaus erfolgen Planung und Kontrolle des Geschäftsprozessmanagement Bottom-up durch Kooperation der einzelnen Teilnehmer anstatt Top-down durch das Management. Eventuell auftretende Konflikte werden durch soziales Feedback gelöst, beispielsweise in Form von Diskussionen oder Bewertungen. Weiterhin macht sich Social BPM das Phänomen der kollektiven Intelligenz zunutze. Hierbei lautet die Grundannahme, dass die „Weisheit der Masse“ dazu in der Lage ist, bessere Lösungen für bestimmte BPM-Aufgaben zu finden, als wenige Experten alleine. Um dieses Wissen zu erschließen, müssen Personen und Informationen vernetzt werden und umfassende Möglichkeiten zur Kommunikation bereitstehen. Letztlich folgt Social BPM dem Grundsatz der Social Production. Teilnehmer erzeugend laufend und in Zusammenarbeit neue Artefakte, die kontinuierlich evaluiert und gegebenenfalls mit den bestehenden Inhalten fusioniert werden. Somit erfolgt eine Auswahl der besten Ideen, welche dann auch unmittelbar sichtbar und effektiv werden sollen.

Vergleich konventionelles BPM und Social BPM
Vergleich konventionelles BPM und Social BPM

Um diese Prinzipien zu unterstützen, greift Social BPM auf „soziale“ Software zurück, die auf derartigen Grundgedanken basiert ist. Somit werden Wikis, Microblogging, soziale Netzwerke, Social Tagging und andere Werkzeuge entweder separat genutzt oder als Features in bestehende BPM Systeme (BPMS) integriert und im Rahmen des Geschäftsprozessmanagements für bestimmte Aufgaben eingesetzt. In der Forschung wird vor allem der Einsatz einzelner Arten von sozialer Software für bestimmte Zwecke untersucht. Auch kommerzielle Anbieter integrieren bereits seit einigen Jahren derartige Funktionalitäten in ihre Produkte, wie beispielsweise IBM in Blueworks Live, Oracle in seine BPM Suite oder die Hersteller von Prozessmodellierungswerkzeugen wie Horus. Abschließend ist zu betonen, dass Social BPM nicht nur durch die Nutzung von sozialer Software definiert ist und zur vollen Entfaltung seiner Potenziale auch die oben genannten Prinzipien zur Anwendung kommen müssen.

Kollaborative Arbeitsabläufe ‒ auch für Schattenprozesse

Durch eine Sozialisierung des Geschäftsprozessmanagements lässt sich für Unternehmen vielfältiger Nutzen erzielen. Zum einen lässt sich die Kluft zwischen Prozessmodellen und der Realität schließen. Prozessteilnehmer werden dazu befähigt, selbstständig und kollaborativ eine hohe Übereinstimmung von entworfenen Prozessmodellen mit „ihrer“ Realität sicherzustellen. Dies führt zu einer höheren Akzeptanz und sorgt dafür, dass Geschäftsprozesse nicht mehr an ihren Definitionen vorbei ausgeführt werden. Weiterhin ermöglicht es Social BPM, zuvor nicht erhobene Ideen von Prozessbeteiligten für die Prozessverbesserung und -innovation zu erfassen und umzusetzen. Es können somit durch die Nutzung der kollektiven Intelligenz die Verbesserungspotenziale von Geschäftsprozessen umfassender berücksichtigt werden als zuvor. Letztlich führt die Anwendung von Social Production zu einer höheren Agilität des Geschäftsprozessmanagements. Änderungen, die zur Anpassung an neue Marktbedingungen notwendig sind, können schnell und frühzeitig erfasst werden und finden sich sofort im Prozessalltag wieder.

Neben wohldefinierten Routineaufgaben finden sich in vielen Unternehmen auch informale, (teilweise) unstrukturierte Arbeitsabläufe, welche oft ein hohes Maß an Kollaboration erfordern und deren Bearbeitung mittels Telefon, E-Mail oder persönlicher Gespräche erfolgt. Derartige „Schattenprozesse“ sind insofern problematisch, als sie außerhalb von BPM Suiten – und somit versteckt – ausgeführt werden. Die Nutzung von sozialer Software innerhalb eines BPMS macht es möglich, derartige kollaborative Abläufe direkt zu unterstützen, wodurch sie wieder als Teil von Prozessinstanzen sichtbar werden. Dies macht Schattenprozesse erfassbar, messbar, und schlussendlich auch verbesserbar.

Für Prozessbeteiligte bedeutet Social BPM eine deutliche Veränderung ihres Verhältnisses zu Geschäftsprozessen. Diese werden nicht mehr lediglich durch das Management und Prozessexperten erstellt und dann gemäß dem Top-down-Prinzip zur Ausführung vorgegeben. Stattdessen können Teilnehmer nun Besitz von „ihren“ Prozessen ergreifen und mitbestimmen, wie diese formal definiert sind. Darüber hinaus erhalten sie die Möglichkeit, ihre Verbesserungsvorschläge proaktiv in das Geschäftsprozessmanagement einzubringen und zu beobachten, wie diese Teil der betrieblichen Realität werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Prozessteilnehmer durch Social BPM mehr Macht erhalten.

Bedingungen für ein funktionierendes „Social“
Bei der Umsetzung von Social BPM ist es nötig, verschiedene Herausforderungen zu überwinden:

Teilnahme motivieren
Da es das erklärte Ziel von Social BPM ist, das Prozesswissen aller Angestellten zu erschließen, ist es von großer Wichtigkeit, diese Individuen überhaupt für eine aktive Beteiligung zu gewinnen. Liegen bei der Einführung von Social BPM zunächst noch keine Beiträge in Form von Prozessmodellen, Diskussionen, Profilen in sozialen Netzwerken etc. vor, so kann es notwendig sein, Key-User auszuwählen und dazu zu verpflichten, erste Artefakte zu erzeugen. Andernfalls kann es sich als schwierig erweisen, eine kritische Masse an Nutzern zu erreichen, da die Attraktivität einer Teilnahme angesichts fehlender Inhalte zu gering ist. Allgemein soll die Mitwirkung an Social BPM freiwillig sein, weswegen potenzielle Teilnehmer über die Vorteile für sie aufgeklärt werden müssen.
Um die kontinuierliche Partizipation von Prozessteilnehmern zu sichern, ist es darüber hinaus nötig, Mittel zur langfristigen Motivation zu finden. Hierzu können Mitarbeiter für erbrachte Leistungen monetär oder anderweitig belohnt werden (extrinsische Motivation), oder der Versuch unternommen werden, sie für die Arbeit, die Qualität der Arbeitsergebnisse und das Verbessern eigener Fähigkeiten zu interessieren (intrinsische Motivation). Die oben genannten Vorteile für Prozessteilnehmer können bereits eine derartig motivierende Wirkung aufweisen. Zunehmend diskutiert wird ebenfalls die als Gamification bekannte Nutzung von Spieleelementen für spielefremde Aufgaben, die als Grundlage für beide Arten der Motivation dienen kann.

Externe Stakeholder einbinden
Heutzutage sehen sich Unternehmen oft mit unternehmensübergreifenden Prozessen konfrontiert, deren Ausführung die Zusammenarbeit zwischen Teilnehmern der unterschiedlichen Geschäftspartner erfordert. Beispielshaft hierfür sind die Geschäftsprozesse in einer Supply Chain, welche auch externe Stakeholder wie Lieferanten und Kunden betreffen. Um Verbesserungspotenziale auf globaler Ebene aufdecken zu können, müssen auch diese Prozessteilnehmer in Social BPM miteinbezogen werden. Somit ist die Involvierung unterschiedlicher Stakeholder ein entscheidender Erfolgsfaktor und ermöglicht einen ungehinderten, beidseitigen Austausch von Ideen, welcher zu engeren Partnerschaften führt.
Aufgrund einer potenziell sehr großen Anzahl möglicher Stakeholder mit unterschiedlichen Interessen ist zu entscheiden, welche Partner wann und wie in Social BPM involviert werden sollen. Dabei ist es mitunter notwendig, gewisse Barrieren für die kollaborative Prozessverbesserung zu überwinden. Beispielsweise können potenzielle Partner einen Verlust von Wissensvorteilen fürchten, den für eigene Mitarbeiter entstehenden Zeit- und Arbeitsaufwand als zu hoch einschätzen oder Zweifel hinsichtlich der daraus resultierenden eigenen Vorteile haben.

Nutzbare Werkzeuge bereitstellen
Das fehlende Training unerfahrener Prozessteilnehmer im Umgang mit Tools und Methoden des Geschäftsprozessmanagement kann auch dadurch kompensiert werden, dass ihnen Werkzeuge von hoher Nutzbarkeit bereitgestellt werden. Hierzu gehört zum einen Prozessmodellierungssoftware, die die Anwender durch einfache und leicht zu bedienende Interfaces sowie spezielle Funktionen unterstützt. Beispielsweise kann Novizen das Modellieren durch Wizards, die die Erledigung bestimmter Aufgaben in einzelne, simple Schritte zerlegen, die automatische Behebung von Syntaxfehlern, die Umsetzung von Richtlinien für die Erstellung qualitativ hochwertiger und lesbarer Modelle, sowie Empfehlungsdiensten für die Vervollständigung von Modellen vereinfacht werden.
Auch die Auswahl der Modellierungssprache, mit der Prozessteilnehmer ihr Prozesswissen explizit machen sollen spielt hierbei eine wichtige Rolle. So wurde beispielsweise BPMN mit dem Ziel einer einfachen Nutzbarkeit entworfen, bietet jedoch eine große Vielfalt unterschiedlicher Modellelemente, die wenig erfahrene Modellierer leicht überwältigen kann. Daher ist es empfehlenswert, Teilnehmer auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus arbeiten zu lassen und nur mit den Elementen zu konfrontieren, die sie gemäß ihrem Wissensstand verstehen und für ihre Aufgabe benötigen.

Teilnehmer trainieren
Durch Social BPM erweitert sich die Gruppe der aktiv am Geschäftsprozessmanagement teilnehmenden Personen um Prozessteilnehmer, welche für gewöhnlich weder an Erfahrung noch an Training im Umgang mit den hierfür benötigten Tools und Methoden verfügen. Dies ist insbesondere im Rahmen der Prozessmodellierung relevant, die eine wichtige Möglichkeit für alle Teilnehmer darstellt, ihr Prozesswissen zu explizieren. Damit diese Partizipation erfolgreich sein kann, ist es nötig, ungeschulten Mitarbeitern die benötigten Fähigkeiten schnell, kostengünstig und effektiv zu vermitteln. Zu diesem Zweck können sogenannte Social BPM Labs veranstaltet werden. In derartigen Workshops arbeiten die Teilnehmer gemeinsam in Echtzeit an unterschiedlichen Aspekten einer Modellierungsaufgabe, wobei es zum Austausch von Domänen- und Methodenwissen kommt.
Darüber hinaus üben sie sich im Umgang mit den Modellierungswerkzeugen und der sozialen Software, die im Rahmen von Social BPM zum Einsatz kommt. Um die gewünschten Lerneffekte sicherzustellen, wird das unabhängige Arbeiten durch Moderatoren und Qualitätsmanager unterstützt. Ein erfolgreich durchgeführtes Social BPM Lab hat nicht nur einen Trainingseffekt, sondern kann auch Social BPM an sich erfolgreich bewerben und für die aktive Teilnahme daran motivieren. Abschließend ist anzumerken, dass nicht alle möglichen Arten von Beteiligung an Social BPM ein Training erfordern. So kann es für manche Benutzer ausreichend sein, die erstellten Prozessmodelle anderer zu kommentieren und die Umsetzung der Anmerkungen erfahreneren Teilnehmern zu überlassen.

Modellqualität sicherstellen
Trotz entsprechenden Trainings und nutzbarer Werkzeuge kann es für Modellierungsnovizen eine Herausforderung sein, Prozessmodelle von hoher Qualität zu erzeugen. Syntaktische Qualität, die Übereinstimmung eines Modells mit den syntaktischen Regeln einer Prozessmodellierungssprache, kann durch Modellierungswerkzeuge sichergestellt werden. Semantische Qualität ist dann gegeben, wenn ein Prozessmodell vollständig und gültig ist, d.h. alle relevanten und korrekten Aussagen über die dargestellte Domäne enthält. Sie kann beispielsweise durch manuelle Überprüfungen durch die Modellierer selbst, automatische Konsistenzprüfungen oder die Verwendung von Referenzmodellen verbessert werden.
Ein Prozessmodell besitzt pragmatische Qualität, wenn es verstanden werden kann, und somit seine Interpretation durch einen Betrachter mit dessen tatsächlicher Bedeutung übereinstimmt. Dies ist wichtig, da es ein Lernen aus dem Modell und somit dessen angemessene Weiternutzung ermöglicht. Pragmatische Richtlinien, wie beispielsweise „Nutze so wenige Elemente wie möglich“, „Minimiere die Anzahl von Kanten pro Element“ oder „Zerlege Modelle mit mehr als 50 Elementen“, können unerfahrene Nutzer bei der Erstellung verständlicher Prozessmodelle unterstützen. Diese können wiederum durch das eingesetzte Modellierungswerkzeug umgesetzt werden. Soziale Qualität erfordert schlussendlich, dass die Social-BPM-Teilnehmer ein gemeinsames Verständnis über die Bedeutung eines Prozessmodells erlangen. Dies kann aufgrund der notwendigen Kombination potenziell widersprüchlicher Beiträge von Individuen mit unterschiedlichen Standpunkten schwierig sein. Um Inkonsistenzen aufzudecken und zu beheben, können beispielsweise Bewertungen, Tags und Kommentierungs- bzw. Diskussionsfunktionen zum Einsatz kommen.

Aktivitäten des Geschäftsprozessmanagements als Zyklus und Bedingungen für ein funktionierendes „Social“
Aktivitäten des Geschäftsprozessmanagements als Zyklus und Bedingungen für ein funktionierendes „Social“

Höhere Agilität ermöglichen
Die Anwendung des Prinzips Social Production im Rahmen von Social BPM führt zu erhöhten Anforderungen hinsichtlich der Flexibilität des Geschäftsprozessmanagements, um dessen hohe Agilität zu gewährleisten. Erstens muss eine rasche Evolution von Geschäftsprozessen möglich sein. Dazu ist die Lücke zwischen der Veränderung eines Prozessmodells und der Aktualisierung der die Ausführung unterstützenden technischen Implementierung zu überbrücken. Beachtet werden muss hierbei der Umgang mit bereits laufenden Prozessinstanzen: können und sollen die vorgenommenen Änderungen auch in ihnen zur Anwendung kommen?
Zweitens sollte die nur teilweise Modellierung von Prozessen und Ergänzung zur Laufzeit anhand der speziellen Anforderungen einer Prozessinstanz ebenfalls ermöglicht werden, um auch semi-strukturierte Geschäftsprozesse zu unterstützen. Während der Ausführung durch Prozessteilnehmer vorgenommene Ergänzungen können dann bei regelmäßigem Auftreten in die zugrundeliegenden Prozessmodelle Einzug finden. Drittens und letztens soll es auf dieselbe Art und Weise ebenfalls möglich sein, unerwartete Ausnahmen bei der Prozessausführung, deren Auftretung bei der Modellierung nicht antizipiert wurde, zu definieren und zu behandeln.

Fazit
Durch Social BPM lässt sich eine „Architektur der Partizipation“ für das Geschäftsprozessmanagement aufbauen, mit der sich nicht nur das Wissen einiger weniger Experten, sondern auch von Prozessbeteiligten und weiteren Stakeholdern für die Prozessverbesserung instrumentalisieren lässt. Hierzu sind zahlreiche Anforderungen zu berücksichtigen und Herausforderungen zu überwinden, die im vorherigen Abschnitt beschrieben wurden. Dabei wurden umfassende Annahmen an die hierzu bereitstehenden Werkzeuge gemacht, die sich nicht immer mit der Realität decken. Daher stellt die Weiterentwicklung von für Social BPM einsetzbaren Tools eine Aufgabe von hoher Priorität dar.

www.dbis-group.uni-muenster.de
Nicolas Pflanzl ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Informatik des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Darüber hinaus beschäftigt er sich seit mehreren Jahren intensiv mit dem Thema Gamification, seit 2013 im Rahmen einer Kooperation mit der Horus software GmbH speziell im Bereich Geschäftsprozessmodellierung.

Prof. Dr. Gottfried Vossen ist Leiter des Lehrstuhls für Informatik des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Er ist darüber hinaus Fellow der Gesellschaft für Informatik, Honorar-Professor an der University of Waikato Management School in Hamilton, Neuseeland und europäischer Herausgeber des Journals „Information Systems“.

www.horus.biz

Die Horus Enterprise-Produktlinie vereinfacht den Einstieg in das Business Process Engineering durch verständliche Modellierungssprachen, Referenzmodelle und die Horus-Methode als Leitfaden. Die Integration von Social BPM ermöglicht zusätzlich das kollaborative Modellieren intern und mit Partnern. Im Rahmen von Horus Gamification bietet das Prozessmodellierungswerkzeug Horus Business Modeler zudem eine umfassende Unterstützung von sozialem, gamifiziertem BPM.