Technische Dokumentation: Integration von Video und 3D-Animation

    Rainer Börsig, CTO, bei der Fischer Computertechnik fct AG

    Dr. Michael Kröhn leitet den Bereich Technische Dokumentatiound Übersetzung bei APE Engineering

     

     

    Die Digitalisierung verändert unser Verhalten. Im privaten Umfeld – wie wir einkaufen, wie wir Musik hören, wie wir Informationen aufnehmen – ebenso wie im beruflichen Leben. Mit Information gehen wir ganz anders um als noch vor zehn Jahren. Wir erwarten sie ganz einfach über Google zu finden: Suchschlitz, zwei, drei Begriffe eingeben und bereits auf der ersten Seite die richtigen Informationen finden – so wünschen wir uns zumindest den Zugang, wenn z. B. das Gerät, das wir gerade nutzen, wieder einmal nicht ordnungsgemäß funktioniert.

    Wenn die gefundenen Informationen hilfreich sind, leicht verständlich und gut aufbereitet, dann haben wir ein Erfolgserlebnis. So einfach kann die Welt sein. Durch Online-Verbindung und mobile Geräte werden hier neue Möglichkeiten geschaffen, die unseren Alltag vereinfachen und bereichern. Zusätzlich hilft der Einsatz von Videos und Animationen, komplexe Sachverhalte oder Abläufe leichter zu verstehen, als dies mit einer rein textlichen Beschreibung möglich ist. Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich darüber hinaus mit Themen wie Augmented Reality oder Virtual Reality, die langsam den Kinderschuhen entwachsen und in konkreten Anwendungsfällen bereits Nutzen aufzeigen. Der Umgang mit diesen Techniken stellt für die meisten Unternehmen allerdings eine neue Herausforderung dar, die noch zu meistern ist.

    Entwicklung effizienter Video-Standards

    Bereits heute werden in vielen Unternehmen Produktvideos und Animationen erstellt. Allerdings ist der Aufwand zur Erstellung und zur Bereitstellung der Videos sehr hoch. Es sind Einzelwerke, die oft in externer Dienstleistung zu entsprechenden Kosten erstellt werden. Kaum sind die Videos beispielsweise im Rahmen einer wichtigen Messe veröffentlicht, sind sie potentiell schon wieder veraltet. Die Verwaltung der Videos erfolgt heute größtenteils manuell in komplexen Verzeichnisstrukturen und ihre Bereitstellung individuell und wenig standardisiert. Insgesamt betrachtet ist der Umgang mit Videos in vielen Unternehmen eher im Status einer prototypischen Vorgehensweise und damit noch ein Stück weit von einer rationellen, industrialisierten Abwicklung entfernt.

    Mit klar definierten Schritten wie einer Zielgruppen-Analyse, der Entwicklung von User Stories sowie der Definition von Informationsklassen und der Festlegung entsprechender Prozesse lässt sich hier eine effiziente Abwicklung anhand klar definierter Standards festlegen. Diese Methoden gehören zum Kenntnisstand von gut ausgebildeten Mitarbeitern aus der Technischen Dokumentation, die im Kontext der nachhaltigen Bewirtschaftung eine wichtige Rolle spielen. Auch der Beitrag der Inte­gration von Informationen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen mit der dazu gehörenden Kommunikation ist ebenfalls Bestandteil der üblichen Informationsrecherche und wird bereits heute in der Technischen Dokumentation praktiziert.

    Pluspunkte von Video-Informationen ausspielen

    Videos haben ihre zentrale Bedeutung dort, wo komplizierte Abläufe anhand eines kurzen Films besser und leichter verständlich gemacht werden können, als dies nur mit einer Textbeschreibung möglich ist. Dies betrifft Bereiche wie beispielsweise Service und Wartung sowie die Schulung. Werkzeuge zur Erstellung der Videos gibt es in verschiedener Form wie Kameras und Anwendungen zur Videobearbeitung, Authoring-Tools für Screen-Animation und E-Learning-Inhalte oder Animation auf der Basis von 3D-Modellen. Einige Unternehmen bilden bereits Teams zur Erzeugung von Videos in professionellem Stil, andere setzen auf professionelle Dienstleister.

    Sind die Videos einmal erstellt, müssen sie verwaltet und ihre Bereitstellung und Verteilung sowie die Aktualisierungsprozesse organsiert werden. Weiterhin stehen Videos nicht alleine, sondern sind z.B. im Zusammenhang mit der Serviceanleitung oder mit der Fehlerdiagnose zu betrachten. Bei sprachspezifischen Inhalten ist darüber hinaus der Übersetzungs- bzw. Lokalisierungsprozess zu klären.

    Visuelle Informationen mit Text verknüpfen

    Viele dieser Aufgaben sind in der Technischen Dokumentation mit definierten Prozessen für bestehende Inhalte bereits etabliert. Die Verwaltung von Objekten wie Grafiken, 3D-Modellen oder Zeichnungen kann durch den Einsatz geeigneter Tools auf Videos und Animationen ausgedehnt werden. Die Einbindung in Dokumentationen erfolgt in Content-Modulen durch eine geeignete Verlinkung. Bei einer digitalen Nutzung der Publikation, z.B. auf Tablets, entsteht auf beiden Seiten ein Mehrwert für den Nutzer: Durch die Anreicherung der Dokumentation um weitere mediale Informationen sowie durch die Ergänzung der Videos um die textuellen Beschreibungen aus der Dokumentation. Durch passende Prozesse wird sichergestellt, dass der Ablauf des Videos mit der textuellen Beschreibung synchron geht – davon profitiert insbesondere der Anwender, der beides für seine Tätigkeit benötigt. Da die textliche Beschreibung aus rechtlichen Gründen oft sowieso in die Zielsprache zu übersetzen ist, lassen sich damit die Kosten für die Übersetzung der Video-Vertonung stark reduzieren.

    Ein echter Mehrwert lässt sich erzeugen, indem Positionen im Video mit entsprechenden Schritten aus Handlungsanweisungen feingranular verknüpft werden. Damit lässt sich parallel zum Video der jeweilige Schritt der Handlungsanweisung hervorheben, wobei zu jedem einzelnen Schritt zusätzliche Details, wie beispielsweise Sicherheitshinweise oder Informationen zu benötigten Werkzeugen oder Ersatzteilen, angezeigt werden können – die perfekte Informationsverknüpfung.

    Interaktion mit 3D-Modellen

    Ein weiteres wichtiges Medium in der technischen Dokumentation sind 3D-Modelle von Geräten, Maschinen und Anlagen. Durch die Interaktion mit 3D-Modellen begreift der Anwender Sachverhalte schneller und beschleunigt Prozesse, beispielsweise die Bestellung von Ersatzteilen. Wie lässt sich dieses Medium standardisiert und möglichst automatisiert in das Informationsmanagement integrieren? Dies hängt im Wesentlichen von den Quellen und von den Schnittstellen ab, die der Prozess bietet, bzw. die für diesen geschaffen werden müssen.

    Informationsvermittlung über 3D-Modelle

    Als typische Quellen von 3D-Daten kommen CAD-Programme und Messsysteme in Frage. In CAD-Programmen werden Modelle generisch konstruiert. Es handelt sich um einen vektororientierten Ansatz. Messdaten liegen in der Regel als Punktewolke vor, die zu einem Volumenkörper weiterverarbeitet werden können, meistens wieder unter Zuhilfenahme eines CAD-Programms. In diesem können auch Features und Labels definiert werden. Informationen wie Bemaßung oder Material, aber auch die Bezeichnung von Teilen und Baugruppen, sind wichtige Beispiele. Diese Features standardisiert in Metainformationen zu überführen ist eine wesentliche Aufgabe des Prozesses.

    Im Idealfall kann das Informationssystem bereits automatisiert mit diesen Informationen grundbefüllt werden. Moderne CAD-Programme bieten über integrierte Scripting Engines die Möglichkeit, solche Funktionalitäten zu implementieren. Der Export von Modell und XML-Datei mit Metainformation kann bspw. in ein Austauschverzeichnis geschehen, auf das das Redaktionssystem mit einem eigenen Importmechanismus zugreift.

    Daten und Metainformationen integrieren

    In Kombination mit Animationen können 3D-Modelle zu einem besseren Verständnis von Abläufen einer Anlage beitragen. Immer mehr Unternehmen setzen bei der Planung und Inbetriebnahme auf die Simulation, wie im Bild dargestellt. Mit Hilfe von Modellen (statisch) und Videoclips (dynamisch) lassen sich Planungsstände dokumentieren und später Betriebsanleitungen und Arbeitsanweisungen erweitern. Zur sinnvollen Nutzung sind die Endgeräte von großer Bedeutung. Augmented Reality Darstellungen auf Datenbrillen oder interaktive 3D-Modelle auf Tablets erweitern die Möglichkeiten jenseits der klassischen Darstellung auf dem PC. Für diese neuen Endgeräte und Medien muss das Informationssystem die passende Schnittstelle bereitstellen. Der Export in ein HTML5-Format stellt hierbei eine geeignete Vorgehensweise dar. In HTML5 ist es nativ möglich, 3D-Modelle einzubetten, sodass diese interaktiv verwendet werden können. Neben dem HTML5-Export ist auch ein Export als 3D-PDF denkbar. Dieses vom Browser unabhängige Format erfreut sich mittlerweile ebenfalls weiter Verbreitung.

    Um die Voraussetzungen für die Handhabung von 3D-Modellen zu schaffen, ist also zunächst ein Konzept für den Umgang mit Daten und Metainformationen zu erarbeiten sowie anschließend die passenden Schnittstellen zu implementieren. Dies ist zu einem nicht unerheblichen Teil an den konkreten Anwendungsfall angepasst, sodass dies bei Bedarf zu einem neuen Teil der Systemintegration von Redaktionssystemen wird.

    Fazit

    Individuelle Prototypen und Show Cases gibt es genug. Jetzt geht es darum, die nachhaltige Bewirtschaftung sicherzustellen und die Prozesse in das Alltagsgeschäft zu integrieren. Hier können die etablierten Prozesse und das Know-how der Technischen Dokumentation gepaart mit passender Systemunterstützung genutzt werden, um Mechanismen zu etablieren, die sicherstellen, dass Video und 3D nachhaltig zum Erfolg beitragen und nicht zur Kostenfalle werden.

    www.fct.de

    Die Fischer Computertechnik fct AG ist Anbieter von Lösungen für die innovative Produktkommunikation. Das Softwarehaus aus Radolfzell am Bodensee ist Hersteller des Redaktionssystems TIM. Der Spezialist für den Maschinen- und Anlagenbau bietet darüber hinaus innovative Lösungen für die SAP/ERP-Integration sowie für die mobile Dokumentation, für die Informationsverteilung über das Content Delivery Portal und für Industrie 4.0.

    www.ape-engineering.de

    APE zählt mit knapp 100 Mitarbeitern zu den führenden Automatisierungsdienstleistern am bayerischen Untermain. Dabei bilden technische Dokumentation – von der Unterstützung bei Engpässen bis zur Einführung von Redaktionssystemen – Übersetzung und Risikobeurteilung integrale Bestandteile des Portfolios.