Think KI – Der Digital Workplace als KI-gestützter Information Hub.

Echt stark!

Der Digital Workplace

als KI gestützter

Information Hub

 

Autor – Dr. Uwe Crenze, geschäftsführender Gesellschafter und Mitgründer der interface projects GmbH

 

Die bereits über viele Jahrzehnte voranschreitende digitale Transformation von Geschäftsprozessen, Organisationen und letztlich der ganzen Gesellschaft hat insbesondere die adäquate Versorgung mit Informationen zum Gegenstand. Mit dem World-Wide-Web wurde das Online-Sein im Internet zum Synonym dafür, informiert zu sein. Die Informationsversorgung in Organisationen wurde durch die gleiche Technologie mit Hilfe von Intranets vorangetrieben. Die Integration von kollaborativen Funktionen brachte uns das Enterprise 2.0 und als vorläufigen evolutionären Höhepunkt den Digital Workplace (DWP).

Parallel zu dieser Entwicklung konnten wir die verschiedensten Ansätze für ein Technologie-gestütztes Wissensmanagement erleben. Der Anspruch an Informationssysteme war seit der Existenz von Computern immer mit der Vision einer Künstlichen Intelligenz verbunden. Erinnert sei an das japanische Projekt zu einer fünften Rechnergeneration, die Expertensysteme der 1980er Jahre und den zurzeit allgegenwärtigen Hype um Deep Learning. Wie so oft, sind die damit verbundenen Versprechen nicht unrealistisch, aber die zeitliche Perspektive musste meist deutlich korrigiert werden. Unstrittig ist jedoch, dass Wissensarbeiter auf ein breites Spektrum an validen Informationen angewiesen sind und die IT ihr wichtigster Verbündeter dabei ist.

Die digitale Transformation führt zu einem immer schnelleren Anwachsen digitaler Inhalte. Dadurch wird es immer schwieriger, darin Nutz-Inhalte zu identifizieren. Das Sinnbild der Suche nach der Nadel im Heuhaufen ist ein passenderer Vergleich als je zuvor. Bei der Beherrschung des sich rasant ausbreitenden Informationschaos leisten KI-Methoden mittlerweile einen unverzichtbaren Beitrag.

KI-gestützte Such- und Analyse-Methoden

Worin besteht der Beitrag der KI bei der digitalen Transformation des Arbeitsplatzes? Es geht um pragmatische Lösungen auf dem Stand der Technik. Es geht darum, den Anwender bestmöglich zu unterstützen. Kostbare Zeit zu sparen, Fehlentscheidungen aufgrund einer unzureichenden Informationslage zu verhindern. Das Arbeitsergebnis soll schlicht besser sein als ohne KI-Unterstützung. Das ist das Versprechen kognitiver Verfahren im Jahre 2019. Die Vision einer vollautomatischen Lösung, der man zudem chancenlos ausgeliefert ist, gehört nach wie vor in den Bereich von Science Fiction.

Akademische Ansätze und Marketingversprechen helfen in der Praxis nicht weiter. Metaphern wie „Knowledge Graph“ klingen zwar wissenschaftlich, sind aber in Wahrheit eher unscharfe Umschreibungen unausgereifter Teillösungen. Am Ende muss die technische Komplexität gegen die Beherrschbarkeit und Rentabilität einer Lösung abgewogen werden.

Der Unterschied zwischen KI-Methoden und ausprogrammierten Lösungen liegt im automatischen Lernen von Zusammenhängen aus im Detail unbekannten Daten, anstatt Regeln für bekannte Datenmuster vollständig aufstellen zu müssen. Das ist ein enormer Fortschritt, gerade bei der Verarbeitung sehr großer Datenmengen mit unbekannten Zusammenhängen.

Der Haken liegt in der Unschärfe der Lösung und in der Bewertung dieser Unschärfe. Maschinelles Lernen liefert keine hundertprozentig exakte und keine deterministische Lösung. Der Mensch aber meist auch nicht. Das aktuell enorme Interesse an KI-Lösungen entstand in den letzten Jahren durch Anwendungsfälle, bei denen Maschinelles Lernen bessere Ergebnisse lieferte als der Mensch. Insbesondere bei Verfahren zur Erkennung komplexer Muster in Datenbeständen ist Maschinelles Lernen nicht mehr wegzudenken.

DWP & Informationsinfrastruktur

Aus Sicht des Informationsmanagements ist der Digitale Arbeitsplatz vergleichbar mit einer personalisierten Tool-Box mit Anschluss an einen globalen Informationsverteiler, der sich aus allen relevanten Informationsquellen einer Organisation speist. Er ist die folgerichtige Antwort auf die Beherrschung einer heterogenen IT-Landschaft und die in ihr entstehenden hybriden Lösungen. Die Sehnsucht nach dem einen homogenen Informationssystem ist zwar verständlich, aber schon lange eine Illusion.

Auch der Heilsbringer Cloud hat die Situation nicht einfacher, sondern komplizierter gemacht. Es sind neue Silos mit digitalen Inhalten entstanden, zwischen denen es keine standardisierten Verbindungen gibt. Unter anderem genau deshalb verkommt der gut gemeinte Ansatz des Digitalen Arbeitsplatzes zum Stückwerk. Die gern zitierte 360-Grad-Sicht ist meist noch Wunschdenken. Gebraucht wird eine Informationsinfrastruktur, die Brücken baut, Verknüpfungen zwischen Informationen in unterschiedlichen Systemen herstellt, auf dieser Basis Zusammenhänge analysieren kann und die mit diesen Zusammenhängen angereicherten Informationen an einer Stelle abrufbar zur Verfügung steht.

Kein magischer Moment ohne Data Science

Wie jede Informationsmanagementlösung muss auch ein KI-gestützter Information-Hub die zielführende Unterstützung der Anwender im Blick haben. Eine KI-Lösung ist in besonderer Weise datengetrieben. Für erfolgreiche KI-Lösungen ist deshalb die Charakteristik der bereitzustellenden Daten essentiell. Das Ergebnis eines KI-Lernprozesses basierend auf kognitiven Verfahren speist einen Automaten, der unsere Daten und Texte sinnbildlich in einen großen Schrank mit vielen Schubladen einsortiert. Maschinelles Lernen schafft also Ordnung in unseren Datenbeständen, um Suchen zu vermeiden oder zumindest zu erleichtern.

An dieser Stelle wird es spannend: Welche Ordnung soll dabei angewendet werden? Diese Frage muss beantwortet werden und gegebenenfalls von einem Fachmann in eine Lösung umgesetzt werden – speziell auf die konkrete Aufgabenstellung zugeschnitten oder durch eine Standardlösung. Auf bestimmte Fragestellungen vortrainierte Lösungen können durchaus brauchbare Ergebnisse Out-of-the-Box liefern, z.B. wenn Landschaftsfotos mit bestimmten Motiven gefunden werden sollen.

Gilt es jedoch, eine Geschäftsprozess-spezifische Fragestellung zu unterstützen, wird in der Regel ein Data Scientist benötigt, der die Frage nach der Zielstruktur der Ordnung beantworten muss und die Lösung auf die Eigenschaften der spezifischen Daten hin optimieren muss. Hilfreich sind hierfür Standards, Nomenklaturen und Klassifikationen oder Branchen-spezifische Thesauri. Es gilt die relevanten Fachbegriffe zu identifizieren und typische digitale Artefakte zu deren Spezifikation bereitzustellen. Für den Fall der Auswertung unbekannter digitaler Inhalte kann auch die implizite Charakteristik der Daten untersucht werden und deren inhärente Ordnung ermittelt werden.

Inhaltsoptimierung und Suchmaschinentuning

Interessanter Weise ist bei der Datenanalyse in einer Organisation genau das Gegenteil davon umzusetzen, was man für die Suchmaschinenoptimierung (SEO) für eine Website vornehmen würde. Der Begriff SEO ist nebenbei irreführend oder besser gesagt falsch. Bei SEO wird nicht die Suchmaschine optimiert, sondern die Struktur und der Inhalt der Website. Es handelt sich also um eine Inhaltsoptimierung. Bei der Analyse von Daten wollen und können wir die Originaldaten nicht verändern. Wir müssen also die Analyse und die Suchmaschine anpassen. Das ist richtiges SEO. Um nicht zu verwirren bezeichnen wir lieber diese Aufgabe als Suchmaschinentuning (SET).

Eine große Herausforderung bildet die Qualität und Heterogenität der Daten. Hierbei kann der Datenexperte durch eine zielführende Filterung und Separierung der Daten großen Einfluss auf den Erfolg der Analysen nehmen. Natürlich hat auch die Quantität der Daten Einfluss auf die mit einem solchen Projekt verbundenen Kosten. Die technische Machbarkeit wird immer weniger zum Hemmschuh. Die Wirtschaftlichkeit der angestrebten Lösung ist jedoch im Blick zu behalten.

Schließlich sind die Vertraulichkeit und Sicherheit der zu analysierenden Daten zu betrachten. Nicht zuletzt aus diesem Grund kann eine Separierung der digitalen Inhalte notwendig werden, damit z. B. die für das Maschinelle Lernen notwendigen Trainingsdaten die gleiche Vertraulichkeitsstufe besitzen, wie die später durch die Lösung zu untersuchenden Inhalte.

Smart Information Access

Der Digitale Arbeitsplatz stellt verschiedenste Funktionen für die Versorgung der Mitarbeiter mit Informationen bereit. Bei der Gewährleistung eines schnellen Informationszugriffs nimmt eine smarte Suche eine zentrale Stellung ein. Sie muss die unterschiedlichsten Suchsituationen gleichermaßen gut unterstützen.

Viele Nutzer suchen ad-hoc nach einem bestimmten Dokument und verwenden dabei Begriffe, von denen sie annehmen, dass sie in dem Dokument enthalten sind oder im Dateinamen vorkommen. Oft täuschen sie sich dabei. Eine wesentlich kleinere Gruppe von Anwendern recherchiert systematisch im Informationsbestand, um beispielsweise Material für einen Bericht zu sammeln. Diese Nutzer suchen eher mit Hilfe von Fachbegriffen und hoffen so alle wichtigen Informationen zu erhalten. Beide Nutzergruppen benötigen eine eher unscharfe Suche, die unter Berücksichtigung des Suchkontextes auch Informationen findet, in denen die Begriffe der Suchanfrage nicht vorkommen. Gerade an dieser Stelle leisten kognitive Verfahren einen unschätzbaren Beitrag für eine signifikante Verbesserung der Suche.

Im Rahmen eines Digitalen Arbeitsplatzes geht es insbesondere darum, Geschäftsprozesse zu unterstützen, indem für bestimmte Arbeitsschritte alle notwendigen Informationen aktuell vorliegen. Hierbei ist es sehr hilfreich und zeitsparend, wenn routinemäßige Informationsrecherchen gar nicht erst ausgeführt werden müssen, sondern proaktiv eine Benachrichtigung über neue relevante Informationen erfolgt.

Informationstransfer & Collaboration

Ein Digitaler Arbeitsplatz soll die Produktivität eines Wissensarbeiters erhöhen. Über das Erleben der Steigerung der persönlichen Produktivität entsteht das Bedürfnis zur Zusammenarbeit und damit der Produktivitätssteigerung im Team. Durch den bessern Informationszugriff jedes Einzelnen wird über die Zusammenarbeit im Team der Informationstransfer in der gesamten Organisation maßgeblich verbessert.

Der Kreis schließt sich über die gesteigerte Motivation der Mitarbeiter und dem Einbringen eigener Beiträge und das Einbringen von „Fundstücken“, die einen persönlichen Erkenntnisgewinn gebracht haben und damit auch für andere Mitarbeiter nützlichen sein könnten. Allein die Nutzung des Öko-Systems Digitaler Arbeitsplatz liefert durch die Auswertung der Nutzeraktionen und weiterer Kontextinformationen wertvolle Erkenntnisse für die Unterstützung der anderen Nutzer beim Zugriff auf Informationen. Kognitive Verfahren heben hier die bisherigen statistischen Analysen auf eine neue Ebene in Form des Cognitive Computing.

Einsatzfelder eines DWP-Information-Centers

Ein Digitaler Arbeitsplatz ist ein aus mehreren Komponenten bestehendes IT-System. Bei der hier fokussierten Anwendung als zentrales Informationssystem repräsentiert sich der DWP als:

  • Personalisiertes Informationsportal für den einfachen Zugriff auf Schlüsselinformationen und grenzt sich darüber vom klassischen Unternehmensintranet ab
  • Single-Point-of-Access auf der Basis einer systemübergreifenden adaptiven Suche, die sich Kontext-sensitiv dem Suchverhalten der Nutzer anpasst und sich gleichzeitig anhand der zu durchsuchenden Daten selbst optimiert
  • Plattform für Fach-Recherche-Lösungen mit spezifisch zugeschnittenen kognitiven Verfahren

Es gibt zahlreiche konkrete Anwendungen, die von einer KI-gestützten Informationsplattform profitieren und als Komponente eines DWP bereitgestellt werden können. Beispielhaft stehen dafür:

Personal-Recruiting/Expertensuche
Die Identifikation von Experten für bestimmte Themen ist ein sowohl in den Unternehmen als auch bei Dienstleistern im Personalwesen eine permanente Aufgabe. Maschinelles Lernen kann diese Zusammenhänge automatisch über alle Informationsquellen hinweg herstellen.

Service-Desk
Frage/Antwort-Szenarien durchdringen die Lösungsfindung bei der Erbringung von Serviceleistungen jeglicher Art. Zu Stichworten schnell die relevantesten Informationen finden, ist die Kernaufgabe einer systemübergreifenden Suche.

Recherchelösungen für Ermittlungsbehörden
Neben der systematischen und lückenlosen Recherche in beschlagnahmten Datenbeständen ist in Ermittlungsverfahren z. B. auch die automatische Erstellung von Übersichten zu kontaktierten Personen von Interesse, die durch kognitive Verfahren automatisch erkannt werden können.

Patentrecherche
Bei der Prüfung von Patentanträgen werden sehr umfangreiche Recherchen im Bestand bereits erteilter Patente ausgeführt. Hier gilt es Ähnlichkeiten zwischen Textpassagen zu erkennen, obwohl völlig unterschiedliche Formulierungen verwendet wurden.

Produktsuche
Die Suche nach Informationen zu Produkten oder anderen Artefakten scheitert oft an der sehr unterschiedlichen Verwendung von Begriffen und an der mangelnden Sachkenntnis der Suchenden aus anderen Fachgebieten. Maschinelles Lernen kann aus dem Informationsbestand einer Organisation ohne die aufwendige Erstellung von Wörterbüchern eine auf die Begriffswelt der Organisation optimierte Suchlösung bereitstellen.

Compliance-Unterstützung
Nicht nur für die Absicherung der DSGVO-Konformität ist es notwendig zu überprüfen, ob bestimmte Informationszusammenhänge im Datenbestand enthalten oder ableitbar sind.

Fazit

Der Ausbau eines DWP zu einem KI-basierten Informationssystem eröffnet eine völlig neue Qualität bei der automatisierten Unterstützung von Geschäftsprozessen. Die erfolgreiche Umsetzung eines solchen KI-Projektes muss auf der Grundlage einer klaren, nutzenorientierten Aufgabenstellung erfolgen. Darauf aufbauend können die möglichen Lösungsansätze, basierend auf der Verknüpfung heuristischer mit kognitiven Verfahren bestimmt werden. Im ersten Schritt sollte man sich dabei auf das Wesentliche konzentrieren und bei Erfolg die Lösung schrittweise ausbauen.

www.intergator.de

Die in Dresden ansässige interface projects GmbH, ist mit dem eigenen Produkt intergator einer der führenden deutschen Anbieter von Enterprise Search- und Wissensmanagementlösungen ist. Mit Hilfe einer Vielzahl von Konnektoren zu Informationssystemen und integrierten kognitiven Verfahren werden von interface:projects für Kunden aus einem großen Spektrum an Branchen maßgeschneiderte Informationssysteme realisiert.