Wir haben verstanden: The (ECM-)Times They Are A-Changin’

Mario Dönnebrink, Vorstand/COO bei der d.velop AG

 

Vor dem Hintergrund der Digitalen Transformation wurden ECM-Lösungen bislang als ideales Mittel zur Umsetzung der notwendigen Digitalisierungsbestrebungen gesehen. Die Wahrheit ist aber vielschichtiger: Unternehmen müssen sich mehr denn je zu schnell wandlungsfähigen Organisationen entwickeln, weshalb zukünftig die klassischen Softwarekonzepte, Bereitstellungs- und Betriebsmodelle zunehmend an Bedeutung verlieren werden. Dieser Agilitätstrend erfordert zwangsläufig auch ein Umdenken auf Anbieterebene. Doch wohin muss sich ECM entwickeln, um selbst zukunftsfähig zu bleiben?

Beide Trends – Digitalisierung und Agilität – haben ihren eigenen Ursprung und stehen auf den ersten Blick in keinem unmittelbaren Zusammenhang, weil hier eine Digitalisierung von Prozessen und dort veränderte Organisationsformen im Mittelpunkt stehen. Doch bei genauerer Betrachtung wird schnell deutlich, dass beide Themen sehr wohl einen komplementären Charakter besitzen: Die – teilweise disruptiven – Digitalisierungstechnologien bieten den Unternehmen neue Möglichkeiten für agilere Organisationsverhältnisse, umgekehrt zwingen neue, digitale Geschäftsmodelle aber Firmen auch dazu, durch eine hohe Agilität der eigenen Organisation auf die sich deutlich verändernden Wettbewerbsverhältnisse reagieren zu können.

Grundlegender Wandel bei Business-Applikationen

Damit sich eine Organisation im Markt reaktions- und wettbewerbsfähiger zeigen kann, benötigt sie zukunftsfähige technische Voraussetzungen. Schon die Implementierungszeiten der bisherigen monolithischen Softwareplattformen von einem halben Jahr oder noch länger machen es schwer möglich, flexibel mit neuen Anforderungen umzugehen. Außerdem binden diese Plattformen in hohem Maß Ressourcen, die zur Gestaltung der intensiven Veränderungen im Rahmen der digitalen Transformation fehlen – und an dieser technischen Einschränkung ändert auch der Einsatz agiler Projektmethoden nichts, die zumindest die veränderten Anforderungen zwischen Projektstart und Produktivsetzung viele Monate später dynamisch mitberücksichtigen.

Die klassischen Plattformen sind – rein technologisch – nicht dafür geschaffen worden, eine Organisation agil zu unterstützen. Im Gegenteil: Sie können als alleinige technische Basis durch ihre Komplexität den Agilitätsbestrebungen der Anwender eher im Weg stehen. Damit liegt der Ball bei den Softwarehäusern, die ihre Strategien für Business-Applikationen grundlegend neu ausrichten müssen. Dies bedeutet konkret, dass es zu einem deutlichen Wandel im Angebot von Standardsoftware kommen muss – und wird.

ECM-Evolution – mit neuen Bausteinen

Auch und vor allem das Dokumentenmanagement muss sich neu definieren, und dies betrifft sowohl die Bereitstellungsformen als Cloud-Dienste als ergänzendes Bezugsmodell zu den herkömmlichen Inhouse-Installationen als auch neue Betriebsformen wie Managed Services sowie kleinteiligere Lösungsmodule für Fachanforderungen und andere spezielle Erfordernisse. Dabei lässt sich das zukünftig notwendige Lösungs- und noch besser Service-Portfolio eines Software-Anbieters mit durchgängigen Agilitätsoptionen in drei Kategorien einteilen.

Platform Services
Zu den Bausteinen zählen in erster Linie Platform Services als etablierte, vollumfängliche ECM-Installationen mit den klassischen Repositorys, wie sie heute bekannt sind. Diese müssen einzeln einsetzbar nicht nur als On-Premise-Lösungen zur Verfügung stehen, sondern ebenso als Cloud-Service, um auch ohne aufwändigen Implementierungsprozess zum Einsatz zu kommen. Auch hybride Konzepte müssen hierbei realisierbar sein, indem beispielweise in einem ersten Schritt lediglich der eigentliche Storage in eine sichere Cloud ausgelagert wird.

Ergänzend dazu erwarten Anwender zunehmend auch eine Unterstützung im Betriebsalltag mittels Managed Services für die ECM-Lösungen. Denn auch dadurch werden Unternehmen reaktionsfähiger, da sie bei Erstinstallationen oder Erweiterungen nicht zunächst zeitaufwändig die notwendige Betriebsinfrastruktur und Service-Ressourcen aufbauen müssen.

Process Solution Services
Die zweite Kategorie stellen Process Solution Services dar. Dabei handelt es sich um Lösungen zur branchen- und fachspezifischen Prozessunterstützung. Dazu zählen die elektronische Eingangsrechnungsverarbeitung ebenso wie das Vertragsmanagement oder die digitale Personalakte – jeweils als gekapselte, hochstandardisierte Lösungen. Zu den besonderen Merkmalen von Process Solution Services gehört, dass sie neben der Software gleichzeitig auch über Workflows, Dokumentation und Archivierung verfügen und somit einen vollständigen fachspezifischen Anwendungsfall digital abbilden. Ähnlich den Apps für Mobile Devices sollten sie zukünftig mit wenigen Klicks im Standard unmittelbar und vollständig einsetzbar sein.
Solche Process Solution Services, vor allem vor dem Hintergrund der einfachen Bereitstellung von Standard-Software als Service aus der Cloud (SaaS), werden in den nächsten Jahren die Entwicklung des Dokumentenmanagements deutlich prägen. Der Grund ist klar: Process Solution Services sind extrem bedarfsfokussiert, bieten über mögliche Abonnements ein sehr transparentes Kostenmodell und somit mehr Freiheit für die Anwender durch den Wegfall langer Vertragsbindungen. Dieses Bereitstellungs- und Abrechnungskonzept entspricht zunehmend den heutigen Nutzungsgewohnheiten (auch im privaten Umfeld der Anwender) bei digitalen Diensten gleich welcher Art.

Micro Content Services
Die Vorteile der flexiblen Nutzung gelten auch für die Micro Content Services als drittem Baustein im Lösungsportfolio der Zukunft. Sie erfüllen kleinere dokumentenbezogene Aufgaben, funktionieren aber entkoppelt und völlig Repository-unabhängig. Dazu zählen etwa Softwaremodule zum Scannen von Papierdokumenten, OCR-Dienste zur Texterkennung oder Rendition Services aus der Cloud.

 

ECM-Evolution hin zu Enterprise Content Services (Quelle: d.velop AG)

Über diesen drei Lösungskategorien wird zukünftig der Begriff Enterprise Content Services als konsequente Weiterentwicklung von ECM stehen. Er ist die logische Bezeichnung dafür, dass der Trend bei den Anwendern immer stärker in Richtung smarte Apps, bequemer Online-Bezug und Integration von Funktionalitäten in führende Anwendungen geht. Gleichzeitig steigen die Ansprüche an Mobilität, Verfügbarkeitsgrad und die digitale Zusammenarbeit über Standortgrenzen hinaus.

Sind im Vorteil: Spezifische, direkt einsetzbare Lösungen

Im deutschsprachigen Raum dominieren zwar nach wie vor Plattform-Services, perspektivisch wird sich der Schwerpunkt jedoch mehr und mehr in Richtung Process Solution Services verändern – müssen. So kann es zukünftig sein, dass Unternehmen statt einer ECM-Plattform eine Vielzahl spezifischer und dadurch kleinteiliger Enterprise Content Services nutzen, die dann zunehmend Repository-unabhängig einsetzbar sein werden.

Umfrageergebnis: Wodurch sollten sich die Process Solutions unbedingt kennzeichnen? (Quelle: d.velop AG)
Interessant ist vor diesem Hintergrund nach einer kürzlich durchgeführten Erhebung durch d.velop auch, welche Bedeutung Business-Manager den spezifischen und direkt einsetzbaren Lösungen beimessen. So erwartet nicht einmal jeder Zehnte, dass derartige Services sukzessive die herkömmlich konzipierten Softwaresysteme ersetzen werden. Stattdessen werden diese Lösungen als Ergänzung bestehender Anwendungssysteme gesehen, weil sie für spezielle Anforderungen eingesetzt werden sollen. Dazu passt auch die Einschätzung von 61 Prozent der Befragten, die Process Solutions als unabhängig von bereits implementierter Software einordnen.

Fazit

Für Anwender sollten Akronyme in erster Linie einen unmittelbaren Eindruck der darin enthaltenen Leistungen vermitteln. Aus diesem Grund scheint die Ausweitung des klassischen ECM-Begriffes auf Enterprise Content Services und damit die deutliche Betonung des „Service“-Aspektes angebracht. Auch, weil damit nicht nur die Bereitstellung von Plattformen, Lösungen und Diensten zum Umgang mit Unternehmensinformationen gemeint ist, sondern auch neue, bisher im ECM-Kontext wenig beachtete Bezugs- und Bereitstellungsmodelle über die Cloud als individuelle oder hochgradig standardisierte Services. Insofern ist es konsequent, in Hinblick auf die zunehmenden Agilitätsansprüche der Organisationen heute von Enterprise Content Services zu sprechen.

Perspektivisch jedoch muss es das Ziel sein, den Unternehmenskontext (in dem sich die klassische ECM-Welt bewegt) zunehmend zu durchbrechen und die eigenen Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner in die digitale Dokumentenkommunikation nahtlos bidirektional mit einzubinden. Erste Anbieter warten hier bereits mit sinnvollen Lösungen auf, die Enterprise Content Services (ECS) aus dem Unternehmenskontext hin zu einer B2B2C-Kommunikation mittels einfach nutzbarer Dienste führen. Dieser Art von Content Services gehört die Zukunft – weil sie den Anforderungen der Menschen an ihren digitalen Workplace entspricht.

www.d-velop.de

Die 1992 gegründete d.velop AG entwickelt und vermarktet Software zur durchgängigen Digitalisierung von Geschäftsprozessen und branchenspezifischen Fachverfahren. Mit der Ausweitung des etablierten ECM-Portfolios rund um Dokumentenmanagement, Archivierung und Workflows auf mobile Apps sowie standardisierte und Custom-SaaS-Lösungen bietet der Software-Hersteller auch Managed Services an.