Christian Habenstein, Vertriebsleiter DACH bei M-Files
Fragt man IT-Fachleute und Benutzer, ob Enterprise Content Management (ECM) eine coole Technologie ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Befragten nur die Augen verdrehen: ECM steht stellvertretend für Technologien, die zwar kontinuierlich genutzt und weiterentwickelt werden, aber nie richtig „cool“ waren. Zwar wurde ECM seit den Anfängen Mitte der 80er Jahre als Dokumentenmanagement ständig weiterentwickelt und es kamen rund um die zentrale Ablage in Ordnern neue Funktionen wie abteilungsübergreifende Konzepte, neue Content-Formen, Records Management sowie Prozess- und Workflow-Unterstützung dazu. Doch die Anwender akzeptieren die Lösung, aber sie lieben sie nicht.
Wie eine aktuelle Nutzerumfrage [1] seitens der ECM-Expertengruppe des Digitalverbands bitkom im letzten Jahr bestätigte, fristen die allermeisten ECM-Systeme zudem als Insellösungen zur Ablage kaufmännischer Belege ein eher tristes Dasein in Finanzabteilungen. Damit ist ECM in der Regel noch ein gutes Stück davon entfernt, der Katalysator für einen Innovationssprung im Umgang mit Informationen zu sein – auch wenn das Potenzial vorhanden ist. Doch um dieses Ziel zu erreichen, muss ECM grundlegend neu gedacht werden. Dazu wird bewusst auf das herkömmliche Fundament von ECM und Dokumentenmanagement verzichtet: den Ordner und, damit verbunden, die hierarchische Ordnerstruktur zur Verwaltung von Dokumenten.
Nicht mehr zeitgemäß: statische Ordnersysteme
Ordner und hierarchische Ablagestrukturen bilden immer noch – nachvollziehbar aus der Historie– den Kern der meisten ECM-Konzepte. Die herkömmliche Ordnerstruktur ist jedoch das größte Hindernis für Innovationen. Denn diese funktionieren nur dann gut, wenn man ausschließlich eine Sicht auf die Dokumente braucht, wenn es nur ein Ordnungskriterium gibt. Deshalb sind herkömmliche ECM-Produkte auch vor allem in der Verwaltung kaufmännischer Belege erfolgreich. Die Anzahl der Dokumentenklassen ist hier sehr beschränkt (im Wesentlichen Rechnungen, Lieferscheine, Gutschriften) und es existieren wenige, klare Ordnungskriterien (Belegdatum, Nummer), die den Ablageort – das „Wo“ – schnell bestimmen.
Verlässt man den engen Rahmen der kaufmännischen Belege, explodiert die Anzahl der Dokumentenklassen, der notwendigen Sichten und der Ordnungskriterien. Vertrieb, Rechtsabteilung und Produktentwicklung benötigen völlig unterschiedliche Sichten auf die gleiche Information, auf das gleiche Dokument. Damit sind hierarchische Ablage- und Zugriffsstrukturen zum Scheitern verurteilt. Es zählt nicht mehr das „Wo“ sondern das „Was“.
Metadaten ermöglichen dynamische Struktur
Aus der Frage „Was ist das für ein Dokument?“ ergeben sich für die verschiedenen Nutzergruppen unterschiedliche Ordnungskriterien. Das „Was“ bestimmt das jeweilige Zugriffsmuster für die einzelnen Nutzer, das „Wo“ – sprich die Organisation der Ablage – interessiert niemanden, solange die Zugriffsmuster das gewünschte Dokument anzeigen. Maßgabe für ein Ordnungssystem ist demnach der Nutzer – er weiß, „was“ ein Dokument ist, das er bearbeitet oder sucht. Ein Angebot ist ein Angebot und bleibt ein Angebot – für alle Beteiligten im Prozess. Wie und wo es abzulegen ist, darüber scheiden sich schnell die Geister.
Neue Lösungsansätze arbeiten daher mit zusätzlichen Parametern für die Strukturierung: Neben der Dokumentenklasse (Beispiel: Angebot) wird das „Was“ durch eine variable Menge an Metadaten (Beispiel: Kundennummer, Angebotsfrist, Risikoklasse, Kündigungsfrist, Artikelnummern) beschrieben. Metadaten sind das Schmiermittel im Getriebe des Informationsmanagements. Metadaten geben Dokumentensammlungen eine dynamische Struktur und stellen Dokumente in einen Kontext. Darum stellt die neue Lösung Metadaten auch ins Zentrum der Betrachtung und verwaltet alle Informationen inhaltsbezogen.
Zugriffssteuerung wird intuitiv
Da beliebige Zusammenstellungen an Metadaten für die Steuerung genutzt werden können, müssen sich Unternehmen nicht mehr für eine einzige – und damit sofort unzureichende – Struktur der Ablage entscheiden. Jede Nutzergruppe findet Dokumente in genau der Struktur, in der sie sie erwartet. Dabei liegt das Dokument nicht mehrfach an verschiedenen Orten, sondern nur einmal vor, kann aber über unterschiedliche Wege gefunden werden. So ist es für den Nutzer nicht mehr wichtig, wo ein Dokument abgespeichert ist. Durch die Metadaten gesteuert, taucht es dort auf, wo der Nutzer es intuitiv erwartet. Das System passt sich dem Nutzer an – nicht umgekehrt.
Durch den Verzicht auf Ordnerstrukturen wird ECM auch wesentlich robuster gegenüber Veränderungen und vor allem dem großen Wachstum an Informationen. Wächst ein Unternehmen schnell oder kommen durch Zukäufe neue Unternehmensteile oder Geschäftszweige hinzu, kann das eine dynamische, auf beliebigen Metadaten basierende Struktur sehr viel besser verkraften als statische Ordnerstrukturen.
iTunes oder Aktenschränke?
Auch ein anderes Unternehmen hat die Vorteile von Metadaten für Hunderte Millionen Nutzer erlebbar gemacht – und das wahrscheinlich ohne, dass die meisten Benutzer das bemerkt haben: Die iTunes-Bibliothek von Apple macht vor, wie Informationen durch Metadaten erschlossen werden können. Musik auf dem iPhone oder iPad wird nicht in Ordnern organisiert. iTunes erkennt es als Musik und zeigt sie in genau der Ordnung, in der Nutzer sie konsumieren wollen: als Playlist, sortiert nach Musiker, Album, Genre usw. Auch hier sind Metadaten der Schlüssel: Die Playlists werden auf Basis des individuellen Nutzerverhaltens generiert – und neue, unbekannte Stücke werden den Nutzern auf Basis ihres Profils angeboten.
Die Einbeziehung von Nutzerverhalten und maschinellem Lernen zur Steuerung der Bedienung eröffnet auch für das Informationsmanagement völlig neue Wege. Überträgt man gedanklich das Nutzererlebnis von iTunes auf die Verwaltung von Informationen im Unternehmen, spürt man, dass ECM in der Zukunft eher iTunes gleichen muss als Ordnerstrukturen und Aktenschränken. Daher geht auch M-Files neue Wege im ECM und verändert die Art und Weise, wie Unternehmen Informationen verwalten. Metadaten werden als Trigger für alle Belange im Information Management von der Navigation und Suche genutzt – über Zugriffsberechtigung bis hin zu Prozessen und Workflows.
Die Lösung geht sogar noch einen Schritt weiter: All dies gilt nicht nur für Dokumente – auch andere Geschäftsobjekte, wie Kunden, Kontakte, Projekte, Anträge und so gut wie alle anderen „Dinge“, die ein Unternehmen organisieren, verarbeiten oder nachverfolgen muss, können verwaltet werden. Für solche Geschäftsobjekte werden – analog zu Dokumenten – die gleichen Funktionen wie Versionierung, Zugriffskontrolle, Check-In/Check-Out, Workflows oder Audits Trails genutzt.
Fazit
Mit Hilfe neuer ECM-Lösungen rücken unstrukturierte und strukturierte Daten enger zusammen und ermöglichen gemeinsam mehr Transparenz. ECM-Systeme der nächsten Generation erschließen über intensive Nutzung von Metadaten neue Möglichkeiten und bringen das gesamte Informationsmanagement im Unternehmen auf einen neuen Effizienz-Level. Cool!
Quelle
[1] bitkom Studie: ECM im Mittelstand (03/2015) https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/ECM-im-Mittelstand-2015.html
Christian Habenstein ist Vertriebsleiter DACH bei M-Files. M-Files ist ein führender Anbieter von ECM-Systemen der nächsten Generation. M-Files nutzt Metadaten, um unterschiedliche Sichten und Nutzerszenarien für komplexe Informationssammlungen bereitzustellen. Für seinen innovativen Ansatz wurde M-Files bereits mehrfach von unabhängigen Analysten ausgezeichnet.