« Gartner definiert Hyperautomation als ‚Bereitstellung von End-to-End- Automatisierung, die über RPA hinausgeht‘. »
Text: Hans de Visser, VP Product Management bei Mendix
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbringen einen großen Teil ihrer täglichen Arbeit mit Tätigkeiten, die ein hohes Automatisierungspotenzial mit sich bringen. Hierzu zählen zum Beispiel die manuelle Dokumenten-Ablage, die händische Eingabe von Daten und das Erstellen von Berichten. Immer mehr Unternehmen setzen deshalb auf robotergestützte Prozessautomatisierung (RPA), um derartige Tätigkeiten durch digitale Workflows zu ersetzen.
Doch die Implementierung von RPA ist mit einem hohen Aufwand und technischen Einschränkungen verbunden. Wie können die von Gartner prognostizierten Automatisierungstrends Hyperautomation [1] und Low-Code [2] helfen, das Potenzial von RPA-gestützter End-to-End-Automatisierung voll auszuschöpfen?
Großer Schritt in Richtung Automatisierung
In den letzten Jahren hat RPA einen beeindruckenden Siegeszug hingelegt: Unternehmen aus allen Branchen investieren in die Technologie, um eine Vielzahl von betrieblichen Aufgaben zu optimieren, Altsysteme zu verbinden und menschliche Fehler zu reduzieren. Laut einer KPMG-Umfrage geben 48 Prozent der Unternehmen an, dass sie Investitionen in RPA planen, und es wird prognostiziert, dass dieser Markt bis 2025 fast 4 Mrd. USD wert sein wird [3].
RPA ist ein Ansatz zur Prozessoptimierung, bei dem manuelle, sich häufig wiederholende und zeitintensive Aufgaben durch Künstliche Intelligenz erlernt und automatisiert ausgeführt werden. Es gibt verschiedene Arten von RPA-Technologien, aber auf der grundlegendsten Ebene kann RPA durch programmierte oder intelligente Bots erreicht werden. Durch den Einsatz von RPA erhalten Mitarbeiter mehr Zeit, um sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. RPA-Bots sind rund um die Uhr im Einsatz und reduzieren die Fehleranfälligkeit.
Die Schwachstellen von RPA
Der größte Vorteil von RPA ist auch ihr größter Nachteil: Der Ansatz ist auf die Automatisierung einzelner Aufgaben beschränkt und nicht in der Lage, unternehmensweite End-to-End-Prozesse zu optimieren. Da die Bots darauf ausgerichtet sind, einfache, spezifische Aktionen auszuführen, können selbst kleinere Änderungen an einer Benutzeroberfläche dazu führen, dass ein Prozess entweder fehlschlägt oder falsche Daten zurückgibt. RPA erfordert außerdem eine routinemäßige Wartung und IT-Sicherheit. Dies macht es zu einem weiteren Prozess, der durch die IT-Abteilung überwacht werden muss.
Ein zusätzliches Problem ist die Kommunikation: Auch wenn RPA Aufgaben über Anwendungsgrenzen hinweg optimiert werden, ist nicht unbedingt gewährleistet, dass die Anwendungen effektiv miteinander kommunizieren. Das wird vor allem dort deutlich, wo die Anwendung mit Altsystemen kommunizieren muss. In diesem Fall werden zusätzliche Entwickler benötigt, um RPA in Legacy- und Drittsystemen zu planen und zu implementieren, was zu Flickwerk und komplexen Integrationen führen kann. Manchmal ist eine angepasste UI-Codierung erforderlich, damit der Bot effektiv über verschiedene Plattformen hinweg arbeiten kann. Oft ist eine kontinuierliche Wartung von Altsystemen und der Infrastruktur nötig. Dabei ist mitunter unklar, wer der eigentliche Owner des RPA-Projektes ist – die IT-Abteilung oder der Geschäftsbereich, indem sie zum Einsatz kommt?
Zudem besteht die Gefahr, dass ein neues System aufgebaut oder das bestehende aktualisiert werden muss, um die Vorteile von RPA voll ausschöpfen zu können. Beide Optionen können mehrere Jahre und viel Geld in Anspruch nehmen. Oftmals stellt sich die Frage, ob die Vorteile der Automatisierungstools überhaupt die zusätzlichen Personal- und externen Beratungskosten der Implementierung rechtfertigen. Laut KPMG machen 55 Prozent der Unternehmen, die RPA einsetzen, keine nennenswerten Fortschritte [3].
Hyperautomation: RPA plus neue Technologien
Digitalisierung im Vorwärtsgang verspricht dagegen Hyperautomation. Ein aktueller Report von Gartner definiert Hyperautomation als „Bereitstellung von End-to-End-Automatisierung, die über RPA hinausgeht, indem sie komplementäre Technologien zur Erweiterung von Geschäftsprozessen kombiniert.“[4] Sie unterscheidet sich von reiner Prozessautomatisierung über die Einbeziehung von Services in Lösungen, die die Automatisierung nicht nur auf routinemäßige und sich wiederholende Aufgaben ausdehnt, sondern auch auf das Erkennen von Mustern, das Aufzeigen von hilfreichen Insights und sogar die Entscheidungsfindung.
Letztlich ermöglicht intelligente Automatisierung, dass die Prozesse selbst auf Basis von KI anpassbar sind, sei es für einen fortschrittlicheren Ansatz für bisher statische Workflows oder für dynamisches Case Management. Hyperautomation ermöglicht somit eine agile Anpassung an Marktbedürfnisse und befähigt Geschäfts- und IT-Verantwortliche gemeinsam Anwendungen zu entwickeln, die intelligente Nutzererfahrungen liefern.
Enterprise-Low-Code – die Basis robuster Toolkits
Eine optimale Lösung, die alle Schlüsseltechnologien und Datenquellen nahtlos integriert und zusätzlich eine einfache Integration in Unternehmensarchitekturen und organisationsweite Software-Entwicklungsstrategien ermöglicht, bieten Low-Code-Plattformen.
Low-Code-Plattformen ermöglichen es abteilungsübergreifenden Teams, einfach zusammenzuarbeiten, Anwendungen für End-to-End-Lösungen zu entwickeln und zu verbinden. Mit Plattformen wie Mendix können sich professionelle Software-Entwickler, aber auch Mitarbeiter aus den Fachabteilungen ohne Programmier-Background, sogenannte Citizen Developer, an Initiativen zur Prozessautomatisierung beteiligen.
Paradigmenwechsel für die Prozessoptimierung
Umfassende Low-Code-Plattformen nutzen dafür vereinfachte Entwicklungsumgebung mit intuitiven Drag-and-Drop-Ober-flächen, die von Entwicklern aus allen Geschäftsbereichen leicht bedient werden können. Da diese Plattformen auf offenen Standards aufbauen und Cloud-nativ sind, können sich interne Legacy- und Drittanbieter-Anwendungen in einer Bot-freundlichen Oberfläche leicht verbinden und schnell Bot-Workflows einrichten, die die realen Geschäftsprozesse modellieren. Ein weiterer Vorteil: Anwendungen können leicht angepasst werden, wenn sich das Geschäft weiterentwickelt, die RPA-Technologie verbessert und neue Automatisierungsmöglichkeiten identifiziert werden. Unternehmen werden auf diese Weise noch agiler.
Für RPA-Initiativen bedeutet dies, dass Unternehmen diese in einem Bruchteil der Zeit starten können, ohne dass zusätzliches Personal und Infrastruktur benötigt werden. Anwender der Mendix Low-Code-Plattform haben darüber hinaus die Möglichkeit, mit Hilfe von Mendix Data Hub schneller die richtigen Daten für ihre Anwendungen über einen kuratierten Datenkatalog zu finden und zu nutzen. Data Hub stellt interne und externe Datenressourcen so dar, als wären sie lokal, und erlaubt so die Einbindung in Anwendungen über eine Drag & Drop-Schnittstelle. Gleichzeitig behält die IT-Abteilung die Kontrolle über den Zugriff auf die entsprechenden Daten sowie deren Nutzung.
Hohes Potenzial von Low-Code in der Praxis
Ein Anwendungsbeispiel verdeutlicht die Effektivität dieser Technologie: Ein Personalverantwortlicher möchte nur die Bewerbungen von Kandidaten aus einer bestimmten Stadt prüfen. Hier wird RPA dazu verwendet, um Lebensläufe von Postleitzahlen außerhalb eines bestimmten Gebiets auszufiltern. Dies ist eine recht einfache Aufgabe, die, wenn sie automatisiert ist, Mitarbeitern von HR-Abteilungen das Leben enorm erleichtert. Dabei handelt es sich jedoch nur um einen kleinen Teilbereich des Recruiting-Prozesses, der sich über mehrere Datensysteme und Datenquellen erstreckt.
Durch den Einsatz von Low-Code kann die Automatisierung dieses Prozesses noch weiter vorangetrieben werden. So können Lösungen erstellt werden, welche das Versenden von E-Mails an relevante Kandidaten über Microsoft Exchange, die Empfehlung von Vergütungsgruppen über HR-Systeme, die Überprüfung des legalen Arbeitsstatus durch die Dokumentenverarbeitung von Arbeitsverträgen und das Onboarding eingestellter Kandidaten automatisiert.
Résumé
Der Hyperautomations-Trend ist der nächste Paradigmenwechsel in der Prozessautomatisierung, denn RPA-basierte Automatisierung allein reicht für eine Optimierung einer End-to-End-Automatisierung nicht aus. Hierzu ist eine Kombination verschiedenster Technologien notwendig. Die sollen ein Anwendungsnetzwerk schaffen, das den Automatisierungsprozess intelligent durchdringt und sich flexibel auf die Entwicklungen und Bedürfnisse unterschiedlichster Geschäftsbereiche anpasst.
Low-Code-Plattformen wie Mendix können RPA mit diesen Technologien verbinden und helfen, das volle Potenzial von End-to-End-Automatisierung auszuschöpfen. Und mehr noch: Durch die vereinfachte Entwicklungsumgebung werden Fachanwender selbst befähigt, eigene Lösungen zu entwickeln und mit ihrem spezifischen Know-how die Automatisierung ihres Arbeitsbereichs voranzutreiben.
Mendix ist eine Siemens-Tochter und gehört zu den weltweit führenden Low-Code-Plattformen. Mit Hilfe der Plattform lassen sich sehr umfangreiche und komplexe Geschäftsanwendungen, aber auch einfache Tools sehr schnell und effektiv erstellen. Mendix fördert die Zusammenarbeit zwischen Business- und IT-Teams und unterstützt Unternehmen dabei, selbstbewusst in ihre digitale Zukunft zu starten. Mendix Low-Code wird von mehr als 4.000 führenden Unternehmen weltweit eingesetzt.
Referenzen
[1] https://www.gartner.com/en/doc/433853-move-beyond-rpa-to-deliver-hyperautomation
[2] https://www.mendix.com/de/ein-leitfaden-zur-app-entwicklung-mit-low-code/
[3] https://advisory.kpmg.us/content/dam/advisory/en/pdfs/2019/global-insights-pulse-4q18-report.pdf