Künstliche Intelligenz ist heute zum einen im Alltag aller angekommen, zum anderen nach wie vor Gegenstand von Zukunftsvisionen. So ist die Interaktion mit KI-basierten Sprachassistenten wie Alexa oder Siri mittlerweile gang und gäbe. Auch bei der Entwicklung autonom fahrender Autos gibt es einige Fortschritte zu vermelden. Zum Beispiel testet die Google Tochter Waymo seit einigen Monaten Robotertaxis, die Passagiere ohne einen menschlichen Assistenten hinter dem Lenkrad transportieren [1]. Und so wundert es auch nicht, dass man auf dem Digital-Gipfel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Dezember 2018 von KI als einem „Megathema der Digitalisierung“ sprach und diese gar als „neue Basistechnologie der Digitalisierung für die Gesamtwirtschaft“ betrachtete.
Autor – Sebastian Evers, CMO bei der d.velop AG
KI in ‚starken‘ und ‚schwachen‘ Systemen
So rege die Diskussion über KI geführt wird, so unter-schiedlich ist das, was darunter verstanden wird. Um die Technologie und die damit verbundenen Chancen wirklich zu verstehen, sind daher erst einmal die Begrifflichkeiten zu klären. Was versteht man also unter Künstlicher Intelligenz? Unzweifelhaft ist sie ein Teilgebiet der Informatik, das sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens beschäftigt. Letztendlich geht es um Lernfähigkeit und die Fähigkeit, Probleme selbstständig zu lösen. Also um die künstliche Generierung von Wissen aus Erfahrung.
An dieser Stelle eine grundsätzliche Feststellung: Man unterscheidet zwischen starker Künstlicher Intelligenz und schwacher Künstlicher Intelligenz. Starke Künstliche Intelligenz beschäftigt sich mit der Imitation menschlicher Denkprozesse, bisweilen wird sogar von ‚Bewusstsein‘ oder ‚Empathie‘ gesprochen. Unter schwacher Künstlicher Intelligenz versteht man den Einsatz von Algorithmen für abgegrenzte Teilprobleme. Heutige, kommerziell verfügbare Softwarelösungen sind allesamt (noch) der schwachen KI zuzuordnen.
‚Selbstlernen‘ als nächste Stufe
Unter Maschinellem Lernen (oder Machine Learning), ein weiterer wichtiger Begriff und Teildisziplin der KI, versteht man die Identifizierung von Zusammenhängen in bestehenden Datensätzen im Zuge von Lernprozessen. Aufbauend auf diesen Lernprozessen können dann Aussagen über zukünftige Ereignisse gemacht werden. Es geht hier also nicht mehr um die Problemlösung mittels Softwarecode, es geht um selbstlernende Verfahren. Ein einfaches Beispiel sind Algorithmen, die nach einem Training mit zahlreichen Bildern in der Lage sind, Objekte voneinander zu unterscheiden. Etwa Autos von Motorrädern. Und dies, ohne dass ein Softwareentwickler explizit spezifiziert hat, wie sich die Objekte voneinander unterscheiden.
Unterschieden wird beim Maschinellen Lernen zwischen Supervised-Learning, Unsupervised-Learning und Reinforcement-Learning. Beim Supervised Learning trainieren Algorithmen zunächst mit beschriebenen Daten. Nach dem Training sollen sie dann eigene Entscheidungen bei der Identifizierung von Objekten auf unbekannten Bildern treffen. Unsupervised Learning basiert auf der Identifizierung von Mustern in bestehenden Daten. Der Algorithmus bildet also Kategorien. Auf deren Basis erfolgt dann die Klassifizierung von Daten. Reinforcement Learning will Algorithmen mit zu maximierenden Anreizfunktionen, etwa durch Sanktionen und Belohnungen, die optimale Strategie für ein gegebenes Problem finden lassen.
Deep Learning, dies wiederum nun eine Teildisziplin des Maschinellen Lernens, baut auf künstliche neuronale Netzwerke, die sich an den Abläufen im menschlichen Gehirn orientieren. Diese neuronalen Netze profitieren stärker von umfangreichen Trainingsdaten, Stichwort Big Data, als einfache Algorithmen im Zuge des Maschinellen Lernens.
‚Intelligenz‘ wird erschwinglich
Ein praktisches Beispiel für die zunehmende Leistungsfähigkeit von intelligenten Systemen sind Schachcomputer. Die ersten Geräte wählten aus sämtlichen ihnen bekannten Kombinationen einfach die erfolgreichste aus. Heute existieren Systeme, die die Regeln eines Spiels erlernen, mit sich selbst trainieren und anschließend in jedem Spiel jeden Menschen schlagen. Und dies gilt natürlich nicht nur für Schach.
Gleichzeitig lässt sich heute die Rechenleistung von Maschinen fast beliebig skalieren. Und damit auch die Geschwindigkeit der getroffenen Entscheidungen und der erledigten Aufgaben. Die heute existierenden Cloud-Infrastrukturen erhöhen die Verfügbarkeit derartiger Lösungen und ihre Skalierung noch einmal. Engpässe und Knappheiten existieren nicht mehr. Und die mit der Cloud verbundenen extrem niedrigen Preise machen es heute möglich, Machine-Learning-Technologien praktisch jedermann und jedem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. So gesehen scheint es bei der Analyse großer Datenmengen praktisch keine Grenzen mehr zu geben.
An dieser Stelle kommen demnach viele neue Geschäftsmodelle ins Spiel, die auf Machine Learning basieren. Sie heben mithilfe von Cloud-Technologien Mehrwerte aus einer immer größer werdenden Menge von Daten. So erkennen sie Zusammenhänge, die der Mensch nicht oder nur mit erheblichem Aufwand zu erkennen vermag. Kurzum, es entsteht Wissen.
Automatisierte Verarbeitung von ‚Dokumenten‘ 
Auch in der Welt des Dokumentenmanagements sind KI-Technologien schon lange präsent – und ihre Bedeutung nimmt zu. So entwickelt beispielsweise d.velop seit mehr als 15 Jahren Softwarelösungen, die, auch auf der Basis neuronaler Netze, vor allem im Bereich der automatischen Dokumentenklassifikation Machine-Learning-Modelle nutzen. Ziel des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz und der geschilderten Methoden ist an dieser Stelle, unstrukturierte Daten automatisch zu strukturieren und zu klassifizieren.
So ist KI beispielsweise beim digitalen Posteingang in der Lage, Dokumente bezüglich ihres Inhalts einzuschätzen und Informationen wie Kundennummern oder Betreffzeilen zu interpretieren. Auf dieser Basis können dann Aufträge von Lieferantenrechnungen unterschieden und korrekt zugeordnet werden. Werden Artikelpositionen extrahiert, lassen sich diese für eine automatisierte Weiterverarbeitung in ERP-Systemen verwenden. Unstrukturierte Informationen in ECM-Systemen können mit Hilfe des Unsupervised Learnings auch genutzt werden, um etwa Kundencluster zu bilden. So wird es möglich, unterschiedliche Kundengruppen ganz gezielt entsprechend ihrer Bedürfnisse anzusprechen.
Daten sind strategisches ‚Wissen‘
Strategische Kooperationen der d.velop mit Unternehmen wie dem Datenlabor Westphalia DataLab GmbH wollen neue Anwendungen auf KI- und Machine-Learning-Ansätzen entwickeln, die datenbasiert durch Predictive-Analytics-Ansätze Erlöse steigern und Kosten der Nutzer minimieren. Konkret bedeutet dies, dass sich mittels KI aufgrund der Kenntnis von Anfragen, Angeboten und anderen Daten nun genau sagen lässt, bei welchen Interessenten- und Anforderungsprofilen vertriebliche Aktivitäten besonders aussichtsreich oder potenziell aussichtslos sind. Und warum dies der Fall ist.
Zusätzlich kann das ECM-System Vorschläge machen, um welche Aufgaben sich ein Mitarbeiter vorrangig kümmern sollte. Oder es zeigt bei einer Suche an, was andere Nutzer in diesem Zusammenhang gesucht haben und was sie daher vermutlich auch interessiert. So hilft KI dabei, die Mitarbeiter eines Unternehmens von zeitraubenden, lästigen und ineffizienten Aufgaben zu befreien und Zeit für die wirklich wichtigen Dinge zu gewinnen. Die Bedeutung des Machine Learnings für das Enterprise Content Management geht aber noch erheblich darüber hinaus.
Systeme lernen ‚kundenübergreifend‘
Zahlreiche Unternehmen haben immens große Datenmengen in ihren ECM-Systemen. In diesem zentralen System sind sämtliche Anfragen gespeichert, alle geschriebenen Angebote und noch viele andere Dokumentarten mehr. Da die Daten in einem ECM-System bereits bei der Anlage gepflegt werden, sind sie mit sinnvollen Metadaten versehen. Betrachtet man diesen Aspekt aus dem Blickwinkel der KI, handelt es sich um beschriebene Daten mit einer häufig sehr hohen Datenqualität, die für das Training entsprechender KI-Modelle genutzt werden können. KI macht es nun möglich, dass ein ECM-System auf Basis der zuvor manuell verschlagworteten Dokumente lernt und neu hinzukommende Informationen und Dokumente automatisch in den bestehenden metadatenbasierten Strukturen ablegt (z.B. elektronische Akten).
Denkt man diesen Ansatz nun noch globaler und cloudbasiert, könnten anonymisierte Informationen aus beliebig vielen unterschiedlichen Systemen herangezogen werden, um so die initiale Datenbasis für die KI auf Milliarden von Dokumenten zu erhöhen und so die Fehlerquote bei einer automatisierten Zuordnung gegen Null gehen lassen. War es früher nötig, die geschilderten Lösungen auf Basis der spezifischen Daten eines jeden Anwenders jeweils neu zu trainieren, werden sie so zukünftig kundenübergreifend lernen, selbstverständlich unter Einhaltung von regulatorischen Vorgaben wie z.B. der EU-DSGVO.
Fazit
Schon die wenigen geschilderten Beispiele rund um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Enterprise Content Management machen deutlich, welches Potenzial in der Technologie steckt und welche großen Produktivitätssteigerungen damit möglich sind. Jedes Unternehmen ist daher gut beraten, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, mit einem kompetenten Partner die Herausforderungen und Chancen zu diskutieren und über die Einführung entsprechender Lösungen nachzudenken.
d.velop stellt digitale Dienste bereit, die Menschen miteinander verbinden sowie Abläufe und Vorgänge umfassend vereinfachen und neugestalten. So hilft der ECM-Spezialist Unternehmen und Organisationen dabei, ihr ganzes Potenzial zu entfalten. Ein starkes, international agierendes Netzwerk aus rund 250 spezialisierten Partnern macht d.velop Enterprise Content Services weltweit verfügbar.
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